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20 Jahre CT:

Ein Glücksfall für die Branche



Schnittstellenprobleme sind schwere Probleme. Daten von System A nach B zu übertragen konnte früher eine mittlere Katastrophe sein. Darum haben manche Branchen entschieden, wer für uns arbeitet, muss das gleiche System nutzen wie wir selbst. Wenn das aber nicht geht, braucht man Software, wie sie u. a. CT Core Technologie für den Datentransfer herstellt. Über die Details aber auch über das Schwesterunternehmen, Additive Innovation, sprach der CAD.de/NL mit Armin Brüning, Geschäftsführer der Core Technologie GmbH.

CAD.de/NL: Herr Brüning, vor ca. 1,5 Jahren haben Sie Ihr Zweitunternehmen, Additive Innovation, gegründet. Wie ist die Firma angelaufen?
Brüning: Das Thema additive Fertigung ist ja in aller Munde und erfährt zurzeit einen regelrechten Hype.

Wir standen dem immer schon etwas abwartend gegenüber und das hat sich auch als richtig erwiesen. Es gibt bestimmte Bereiche, da ist die additive Fertigung bereits recht gut vorwärtsgekommen, z.B. beim Prototyping. In anderen Bereichen warten die möglichen Anwender noch ab. Das ist z. B. die Kleinserienfertigung. Da würde es durchaus Sinn machen, schnell einzusteigen. Das können wir auch mit Zahlen belegen. Es ist ja schnell einzusehen, dass die Möglichkeiten, einfacher zu konstruieren, aus mehreren Teilen ein Integralteil zu machen, dass der Wegfall von Spritzgussformen und einiges mehr, bares Geld spart. Insofern ist es durchaus sinnvoll, hier einzusteigen bei Stückzahlen bis ca. 5000.

Jedoch ist erkennbar, dass gerade in der Kleinserienfertigung die Fortschritte nicht so schnell gehen, wie man es ursprünglich gedacht hatte. Das wäre für die Anwender sozusagen ein Dogma-Wechsel. Und das scheut man einfach noch.

Die Werkstoffe und auch die erzielbaren Genauigkeiten im 3D-Druck würden es hergeben, dennoch gibt es eben Hemmnisse, die den Einstieg auf breiter Front verhindern.

Wir glauben aber weiterhin daran, daß es eines Tages klappen wird. Wir entwickeln auch dazu Software, die den Prozess noch besser machen wird.


Die neue Firmenzentrale von CT Core Technologie in Mömbris bei Aschaffenburg.

In der Zwischenzeit...
...kümmern wir uns um andere Marktsegmente. So z B. um den Maschinenbau, der auch immer mehr den 3D-Druck entdeckt. U.a. geht es um Metallteile, die durch Kunststoff ersetzt werden können und um Integralbauteile, die aus mehreren Teilen zusammengefügt werden. Teilweise werden Lehren und Vorrichtungen bzw. Teile von Lehren aus Kunststoff gefertigt und werden dabei wesentlich günstiger.

Ja es gab schon vor 10 Jahren einzelne Firmen, die ganz cool ausgerechnet haben, welches Verfahren jeweils das günstigste ist, 3D-Druck oder eigene Fertigung, und danach wurde gehandelt.
Ich denke, in Deutschland hat es die additive Fertigung auch deshalb etwas schwerer, weil hier viel Kompetenz im CNC-Bereich vorhanden ist und erstmal in dieser Fertigungsmethode gedacht wird. Das hier vorherrschende riesige Knowhow lässt sich nicht so einfach zur Seite schieben.

Es wird ja auch noch weiter gebraucht.
Keine Frage.

Passflächen machen, Kanten abrunden, Löcher bohren... etc.
Man muss ganz klar sagen, bei den Materialien für den 3D-Druck gibt es noch Limitationen, die aber Jahr für Jahr geringer werden.

Gelten denn die Vorbehalte auch im Dienstleistungsbereich?
Nicht in dem Maße. Teile als Dienstleistung für andere herzustellen, ist nach wie vor, sehr interessant. Ich nenne als Beispiel den Motorsportbereich, der uns große Freude macht, weil die Kunden richtig mitdenken. Sie haben erkannt, dass durch schnelle Interaktionen Teile schnell optimiert werden können. Und das macht den Unterschied in der Branche aus - das schnelle Voranschreiten in der Entwicklung.

Nun zu der Software. Da gibt es auch eine ganze Reihe neuer Dinge, u. a. die "4D-Additive Manufacturing Software Suite", mit einem neuen Texturenmodul. Um was geht es da im Einzelnen?
Ja, da haben wir viel Arbeit hineingesteckt und haben mit einem Entwicklungspartner aus Frankreich einen sehr guten Stand erreicht. Im Grund kommt dessen Knowhow aus dem VR- und Gaming-Bereich und so sind nun über 5.000 Texturen verfügbar, die auch für die Teilefertigung eingesetzt werden können. Nun müssen die Designer lernen, was hier alles möglich ist und welche neuen Freiheitsgrade sie jetzt haben, denn in unserer Software kann man außer den vorgefertigten Texturen auch eigene Muster erzeugen und verwenden.

Einige Stichworte dazu sind: Interieur-Blenden, bei denen Texturen interessant sein können, zum Beispiel um Fahrzeuge für den Kunden noch individueller gestalten zu können... Wir aber haben auch Anfragen zum Beispiel aus dem Bereich Konsumgüter, Parfüm-Flakons oder Funktionsflächen mit vordefinierten Rauigkeiten für Roboter-Greifer und Vorrichtungen für das Material-Handling. Ich bin sicher, das Thema wird noch weitere Kreise ziehen, wenn Designer und Konstrukteure die neuen Möglichkeiten des 3D-Drucks erst einmal verinnerlicht haben und es für ihre Produkte anwenden.

Mit unserer Software 4D-Additive lassen sich Funktionen wie das Aufbringen von Texturen einfach realisieren und verursachen keine Mehrkosten bei den Bauteilen.


Armin Brüning, Geschäftsführer der Core Technologie GmbH.

Wie schwer bzw. wie einfach ist die Bedienung?
Ich würde sagen, sehr einfach. Die Genauigkeit der Ergebnisse indessen sehr hoch. Das hat damit zu tun, dass wir erstmal immer auf einem B-Rep Kern arbeiten und somit exakte Geometrien erzeugen.

Wie exakt können denn die Texturen dargestellt werden.
So exakt wie das gesamte Verfahren eben arbeitet: Auf 100 mm Werkstücklänge erreichen wir z.B. eine Genauigkeit von 0,2 mm mit dem Multijet-Verfahren von HP.

Was gibt es weiter an Neuheiten?
Wir haben recht interessante Geschichten im Bereich Partfinding, sprich der automatischen Identifikation von Teilen aus einer Konstruktionsdatenbank, die für den 3D-Druck geeignet sind. Es handelt sich um eine vollautomatische Klassifizierung von Bauteilen auf der Basis der geometrischen Eigenschaften der CAD-Modelle.
Was wir auch gerade anschieben, ist eine gesicherte Daten-Pipeline zwischen Sender (z. B. Konstrukteur) und Empfänger (z. B. Druckdienstleister) von Druckdaten.
Eine Sicherheitsmaßnahme ist, dass die Daten jeweils nur einmal gedruckt werden können. Auch das Datenformat wird verschlüsselt sein, so dass eine sichere Übertragung erfolgen kann.
Wir haben in den letzten 20 Jahren immer fleißig Hausaufgaben gemacht. So haben wir heute eine einzigartige Produktpalette, mit durchgehend eigenentwickelten Tools, die auf der Höhe ihrer Zeit und oft auch voraus gedacht sind. Wichtig für uns ist es hierbei, unabhängig zu sein und so schnell und flexibel auf die Anforderungen des Marktes reagieren zu können. Darüber hinaus aber denken wir in Prozessen, in Software, die Prozesse steuert und automatisiert, die aber trotzdem nicht schwer zu implementieren und zu nutzen ist.

In unseren Augen ist die gesicherte Datenübertragung ein unheimlich wichtiges Thema: Dieser leichtfertige Umgang mit Cloud-Technologie etc. kann nicht die Zukunft sein.
Das, was ich hier skizziert habe, kann sogar so weit gehen, dass der Empfänger eines Datensatzes zunächst eine Lizenz beim Versender "zieht", die dann die Daten empfängt und entschlüsselt. Das heißt, der Sender muss dem Empfänger erst einmal gestatten, also lizenzieren, dass er einen bestimmten Datensatz empfangen kann.
Und natürlich gehört eine leistungsfähige Ver- und Entschlüsselung dazu.


Das neue Texturen-Modul der innovativen 4D_Additive Manufacturing Software Suite von
Core Technologie revolutioniert das Bauteil-Design.


Welchen Zeithorizont hat diese Entwicklung?
Im Rahmen konkreter Kundenprojekte werden wir einige Punkte sicher bereits Anfang 2020 realisiert haben. Ich denke da wird auch noch mehr Input von den großen OEMs kommen, denn der Schutz des geistigen Eigentums ist immer ein heißes Thema.

Nun noch ein zwei Fragen zu Ihrem Kerngeschäft: Die neueste Version Ihres 3D-Kernel-ID Software Development Kit (SDK), bietet jetzt auch STEP AP 242. Was bedeutet das in der Praxis?
Alle unsere Pakete unterstützen mittlerweile STEP AP 242 und somit die 3D-Master Technologie, die das 3D-Modell zur führenden Informationsquelle macht.
Es geht aber auch um die PLM-Strukturinformationen im STEP AP 242 XML, das ja in einigen Bereichen PLM XML ablösen soll.

Ferner ist es mit Hilfe dieser Schnittstelle möglich, bestimmte Attribute im Modell zu speichern, mit deren Hilfe Bauteile validiert werden können.
In der Flugzeugindustrie ist es ja heute so, dass Teile 50 Jahre nachfertigbar sein müssen. Dafür ist der 3D-Datensatz die führende Quelle. Wir haben mit Airbus eine Lösung entwickelt, bei der von Catia Check-Parameter in das STEP-Modell geschrieben und dann von unserem Validierungstool geprüft werden. Wenn alle von Catia errechneten Werte durch unseren Geometrie-Kern bestätigt werden, dann ist das Bauteil in Ordnung für die Langzeitarchivierung.

Die Prüfung geschieht also nicht mit Catia selbst, sondern sozusagen unabhängig mit dem 3D_Evolution Kern. Wir sind letztlich von Airbus ausgewählt worden, weil wir einen eigenständigen 3D-Geometriekern besitzen.

Der dritte und für die meisten Konstrukteure wohl der wichtigste Ansatz von STEP AP 242 ist die 3D-Modell-Annotation.

Die zukunftsweisende Version 4.3 von 3D_Evolution und 3D_Analyzer unterstützt die fortschrittliche 3D-Master-Technologie. So können CAD-Modelle aus V5, NX und Creo sowie aus STEP AP 242 und JT mit Bemaßungen, Form- und Lagetoleranzen sowie den vordefinierten Ansichten, sogenannten Views, dargestellt werden. Durch den Einsatz des 3D-Masters entfallen künftig 2D-Zeichnungen, da im 3D-Datensatz alle fertigungsrelevanten Informationen in den sogenannten Views, beziehungsweise Captures, zusammengefasst sind. Intelligente 3D-Master-Modelle sollen eine "papierlose" Fertigung ermöglichen und vermeiden die in der Praxis oftmals auftretenden Unterschiede zwischen den 3D- und 2D-Daten.


Der Analyzer hat zahlreiche Analysefunktionen und verarbeitet auch große Baugruppen zügig.

Herr Brüning, zum Schluss vielleicht noch einige Informationen zu Core Technologie im Herbst 2019. Wie steht das Unternehmen da?
CT steht sehr gut da und ich darf nicht ohne Stolz verkünden, im Oktober 2019 werden wir 20 Jahre alt.
Was damals mit wenigen Mitarbeitern anfing, ist mittlerweile ein starkes mittelständisches Unternehmen mit heute über 500 weltweiten Kunden, 80 Mitarbeitern und eigenen Niederlassungen in Frankreich, Deutschland, USA, Japan und Irland geworden. Von Anfang an sind Dominique Arnault und meine Person die beiden Gründer und Geschäftsführer. Wir haben stets auf Kontinuität, Innovation und, mit Verlaub, auf harte Arbeit gesetzt und konnten so erreichen, ein Unternehmen zu werden, das rund um den Globus für seine innovativen Produkte bekannt geworden ist.
Sichtbarer Ausdruck unseres langfristigen Interesses an der Entwicklung, aber auch am Markt ist nicht zuletzt unser Hauptquartier hier in Mömbris, das in ganz besonderer Art und Weise gestaltet wurde. So etwas baut man nur, wenn man langfristig denkt.

Herr Brüning, vielen Dank für das Gespräch.

www.coretechnologie.com

- Karl Obermann -
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