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Von der Beratung bis zur Software:

EOS hat um den industriellen 3D-Druck herum vieles zu bieten



Erfolgreich Bauteile per 3D-Druck herzustellen ist viel mehr als nur eine Maschine aufzustellen und mit dem CAD-System zu verbinden. Viele Schritte muss ein Konstrukteur vollziehen, um wirklich das Beste aus der neuen Technologie herauszuholen. Über Einzelheiten sprach der CAD.de/NL mit Florian Lassan, Application Development Consultant bei der EOS GmbH, Krailling.

CAD.de/NL: Bitte geben Sie uns zunächst einen Überblick über die wichtigsten Unternehmensdaten.
Bei uns sind die Geschäftsjahre nicht ganz synchron zu den Kalenderjahren. Zum Ende des Geschäftsjahres 2017, Ende September 2017, lag unser Umsatz bei 346 Mio. Euro. Die Anzahl der Mitarbeiter beträgt ca. 1250 weltweit. Hier in Deutschland sind es  850.
Anfang dieses Jahres haben wir unsere Produktion ausgelagert; der neue Standort befindet sich jetzt in Maisach, etwa eine halbe Autostunde von hier. In den neuen Räumlichkeiten dort können wir bis zu 1000 Systeme im Jahr bauen. Falls nötig können wir auch noch in den 2-Schicht-Betrieb gehen und haben somit durchaus noch einen Wachstumspfad vor uns.


Werkstoffe, die sich schweißen lassen, können in der Regel auch per Laser-Sintern verarbeitet werden.

Welche Produktreihen bietet EOS aktuell an? Metall, Kunststoff, Mikrodrucker...
Um das vorab zu sagen, das Thema Mikro haben wir ausgelagert, weil es doch ein sehr spezielles Thema ist.

Heißt ausgelagert verkauft?
Nein. Ausgelagert heißt, dass eine eigene Tochtergesellschaft, Microprint GmbH, gegründet wurde, die dieses Geschäft nun betreibt. Wir, die EOS GmbH, können uns somit auf unsere Kernthemen konzentrieren.
Nun zur eigentlichen Frage, wir haben Maschinen für den Kunststoff- und Metallbereich, wie auch für faserverstärkte Kunststoffe.
Im Kunststoff-Sektor reicht die Palette vom Einstiegsmodell (Formiga P110) bis zur EOS P770, eine Maschine mit zwei Lasern, die ein nutzbares Bauvolumen von 770x380x580 vorweisen kann.
Im Metallbereich haben wir ebenfalls ein Einstiegssystem (100x95 mm), dann die EOS M 290 für Bauteile mittlerer Größe, und es gibt die EOS M 400, mit 1000 Watt Laserleistung und die M 404, mit 4x 400 Watt Laserleistung für die Fertigung im industriellen Maßstab- mit einem Bauraum von 400 x 400 x 400 mm.

Von Anwendern hört man, dass Teile über 300 x 300 x 300 mm wegen des großen Wärmeverzugs nicht mehr zu beherrschen seien. Was sagen Sie dazu?
Also grundsätzlich können die Bauräume der EOS M 400 und der M 404, auch ausgenutzt werden. Das funktioniert.
Natürlich wird die Handhabung des gesamten Prozesses schwieriger, je größer die Teile sind. Von daher sind 400 mm schon anspruchsvoll, aber beherrschbar.


Florian Lassan vor einem Metall-Laser-Sintersystem von EOS.

Damit ist dann wohl aber die Grenze für den Augenblick gesetzt?
Ja, im Moment ist bei unseren Systemen die Grenze bei 400 x 400x400 mm. Natürlich denken wir - wie der gesamte Markt - über größere Systeme nach. Dabei geht es um den Maschinenbau, die Prozessführung oder das Temperaturmanagement, um nur einiges zu nennen. Der Trend geht zu größeren Systemen.

Das ist ja schon mal eine wichtige Botschaft: Lieber Konstrukteur denke nicht über Teile nach, die über 400 x 400 mm groß sind. Im Zweifelsfall musst Du Einzelteile zusammenfügen, ganz gleich ob per schweißen, schrauben, kleben oder sonst wie.
Generell kann man sagen, dass sich die ideal geeigneten Bauteile eher durch Komplexität als durch Größe auszeichnen. Ich denke da an Innenstrukturen, die man konventionell nicht fertigen kann, aus drei oder fünf Einzelteilen ein Integralteil zu machen usw. Es macht indes keinen Sinn darüber nachzudenken, ob man nicht einen Kotflügel additiv fertigen könnte.
Wir werden oft gefragt, wann es denn so weit ist, ein ganzes Auto auf einmal zu drucken? Das wäre aus heutiger Sicht völlig sinnlos.

Das darf man wohl getrost in den Bereich der Sonntagszeitungen verweisen!
Eine wichtige Botschaft ist, dass wir nicht versuchen, mit dem industriellen 3D-Druck in Zukunft alles zu drucken, das macht keinen Sinn. Es geht um eine sinnvolle Kombination der Fertigungsverfahren, um für verschiedene Aufgaben die besten Möglichkeiten zu nutzen.


Das aktuelle Software-Angebot von EOS.

Da sind wir beim Materialthema. Wie kommen Sie denn mit der Materialentwicklung voran und halten Sie gesicherte Materialdaten für die Konstrukteure bereit?
Wir haben ja sowohl auf der Metall- wie auch auf der Kunststoffseite schon eine ganze Reihe an Materialien verfügbar, die auch getestet und dokumentiert sind. Darüber hinaus gibt es aber auch immer wieder Anpassungen und Neuentwicklungen, um spezielle Wünsche der Industrie zu erfüllen.
Man muss aber dazu sagen, dass Werkstoffe, die gut geeignet sind für konventionelle Fertigungstechniken, etwa für den Guss, dass die nun nicht sehr gut für die additive Fertigung geeignet sein müssen. Das heißt, an der Stelle müssen wir die Anwender ein Stück weit abholen und sagen, „was wir anbieten, ist nicht 100%ig gleich, wie das Material, welches man aus dem Guss kennt, aber wir haben hier eine ähnliche Zusammensetzung, die für die additive Fertigung viel besser geeignet ist“. In der additiven Fertigung werden die Materialeigenschaften im Bauprozess erzeugt. Was unter Umständen kann, dass das "neue" Material sogar mehr als das konventionelle Pendant leistet.

Hierzu eine Detailfrage: Eine Reihe von Maschinenbauern haben in den letzten Jahren Titan entdeckt, um die Grenzen ihrer Maschinen weiter hinauszuschieben. Der Einsatz erfordert aber offensichtlich auch viele Detailkenntnisse und die Materialbeschaffung ist ebenfalls nicht trivial. Vielleicht ist das per 3D-Druck alles einfacher zu realisieren?
Prinzipiell kommt es auch die Anforderungen der Anwender an. Titan kennt man aus der Luftfahrt, als hochfestes und sehr wärmebeständiges und gleichzeitig leichtes Material. Und ja, Sie haben Recht, es findet immer mehr Eingang in andere Anwendungsfelder.
Wir hatten kürzlich ein sehr schönes Beispiel eines Anbauteils aus dem Bereich Automotiv. Berücksichtigt man die Fertigungszeit, war durch eine Prozessoptimierung der Fertigungsparameter für Titan tatsächlich der schnellste und Titan damit letztlich der günstigste Werkstoff.
Der Kunde war am Ende sehr froh, weil er ein Teil bekam, das noch wesentlich bessere Eigenschaften mitbrachte als das Vorläuferteil, ohne dass es ihn wirklich mehr gekostet hätte. Nimmt man diesen Fall als Referenz, kann man Ihre Frage mit "ja" beantworten.
Auch in der Materialentwicklung arbeiten wir wiederum mit Tochterunternehmen, welche auf diesen Punkt stark fokussiert sind. So können anwenderspezifisch neue Materialien entstehen, die spezielle Fälle besonders gut lösen.


Kunststoffteil mit komplexer Struktur, gedruckt auf einer EOS P 500-Maschine.

Und die haben keine Probleme mit der Beschaffung von Basismaterialien?
Als grobe Regel kann man sagen, alles was schweißbar ist, kann auch gedruckt werden. Darüber hinaus kommt es darauf an, wie gut sich der additive Prozess dann steuern lässt. Die endgültigen Materialeigenschaften hängen hier viel stärker von der Prozessführung ab als bei der konventionellen Produktion. Deshalb forcieren wir die Entwicklung eigener Materialien, zusammen mit den Herstellern der Grundstoffe, um das jeweils optimale zu erreichen.

Nun zu dem Thema, was müssen Konstrukteure wissen, um Teile optimal für den 3D-Druck zu gestalten? Stichworte wären u. a. Topologieoptimierung, Bauplatte, dafür sorgen, dass Restpulver entfernt werden kann...
Bevor ich auf die Detailfragen eingehe möchte ich etwas zu unserer Beratungseinheit "Additive Minds" sagen. Es handelt sich um eine Einheit innerhalb von EOS, die vor ca. 4 Jahren gegründet wurde mit dem Ziel, die Kunden bei der additiven Fertigung zu unterstützen. Aus der Erkenntnis von über 300 Beratungsprojekten heraus hat sich gezeigt, dass es nicht reicht, eine Maschine zu verkaufen und in die Fertigung zu stellen, sondern den Kunden zu begleiten, sowohl das konstruktive als auch das fertigungstechnische Umfeld optimal anzupassen.

Das heißt, Sie begleiten auch den Konstrukteur?
Wir begleiten den Konstrukteur, den Fertiger und den Qualitätskontrolleur´, aber auch den Manager.
Ganz grob sind die Bausteine unserer Arbeit, dass wir vermitteln, was additive Fertigung überhaupt ist, was es für Bausteine gibt bzw. welche für ein Unternehmen sinnvoll sind, was macht Sinn in technologischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht Sinn, additiv zu fertigen.
Der nächste Schritt ist die Konstruktion von Teilen, da unterstützen wir den Kunden bei der Auslegung. Und dann geht es über in die Parameterfindung für den Bauprozess. Danach beleuchten wir Produktion und Qualifizierung. Letztlich entscheidet der Kunde, ob er punktuell unterstützt werden will oder über die gesamte Prozesskette hinweg. Um nun auf Ihre Frage zurückzukommen, was muss der Konstrukteur beachten? Ich denke, am wichtigsten ist es, das richtige Mindset zu haben. Auf Deutsch gesagt, der Konstrukteur muss wissen, was geht und was nicht, ähnlich wie bei anderen Fertigungsverfahren auch. Das heißt u. a. dem Konstrukteur muss bewusst sein, in welcher Anlage, mit welcher Orientierung, möchte ich dieses oder jenes Teil aufbauen. Schon das Ergebnis dieser Überlegung wird die Konstruktion beeinflussen.
Vom Workflow her machen wir es so, dass man sich zunächst ein Grundkonzept überlegt. Wichtig ist, dass man zurückgeht zur eigentlichen Problemstellung: Was soll dieses Teil leisten und zunächst einmal "vergisst" wie haben wir es bisher gemacht! Denn bei der additiven Fertigung bestimmt die Konstruktion die Fertigung (design-driven manufacturing), was erhebliche Freiheitsgrade mit sich bringt. Bei konventionellen Fertigungsansätzen bestimmt dagegen die Fertigung, was gefertigt werden kann (manufacturing-driven design).
Wir haben oft Kunden, die uns ein Teil bringen, und sagen: "Bau mir das mal." Das kann man machen, aber das Ergebnis wird nie so effektiv sein, wie ein speziell für die neue Technologie optimiertes Teil. Konkret bedeutet das, vom zu erreichenden Ziel her zu denken– und das Bauteil dahingehend optimieren.

Das kann man sich leicht vorstellen.
Ja, der Mehrwert eines speziell optimierten Teils kommt eher über Funktionsintegration, über Leichtbaustrukturen, über neue Werkstoffe oder über bisher nicht realisierbare Bauteilkomplexitäten usw.


Großformatiges Doppellaser-System, EOS P 810.

Also zurück zum Konstrukteur.
Der muss neben den grundsätzlichen Überlegungen - wie gerade angesprochen - z. B. noch nötige Stützstrukturen beachten, um die Teile während der Herstellung sicher zu fixieren - auch wenn es dann heiß wird Nur im Metallbereich). Und zu den Stützstrukturen gehört die Überlegung, sie später wieder zu entfernen.
Dazu kommen die Fragen nach möglichen Genauigkeiten und Toleranzen, welche Oberflächengüten sind zu erlangen, welcher minimale Lochdurchmesser ist möglich etc.

Ein weiteres Thema ist der Wärmeverzug, besonders bei Metallteilen und dessen Kompensation.
Für diesen Problembereich gibt es zurzeit mehr und mehr Software-Pakete, die in der Lage sind, thermische Spannungen und Verzüge vorauszuberechnen. Das heißt, der Anwender bekommt einen ersten Eindruck wo die Problemstellen sind und kann diese über Software kompensieren.

Das ist der Punkt. Haben Sie da bei EOS eigene Software, welche diese Aufgabe erfüllt?
Wir nutzen u.a. die Software von Additive Works,  Amphyon. Es gibt zurzeit aber schon mehrere Player mit entsprechenden Lösungen. Wir schauen uns diese an und testen sie, um selbst ein Bild zu bekommen.

Irgendwann im Prozess müssen die 3D-Modelle in STL-Daten umgewandelt werden. Das war zum Teil recht aufwendig. Wie gehen Sie heute vor?
Prinzipiell ist man in der Lage, mit jedem CAD-Programm STL-Daten auszugeben. Der Workflow war konventionell so, dass man eben die STL-Daten ausgegeben und dann eine Datenaufbereitung in einem speziellen Programm vorgenommen hat, z. B. in Magics. Dann hat man nochmals eine dritte Software, die nun das Bauteil in Schichten aufteilt und wo die Bauteilparameter für den Bauprozess eingegeben werden können.
Schneller und einfacher geht es mit der  noch recht neuen Lösung, die Siemens direkt in das CAD-System NX implementiert hat. Dafür gibt es nun auch ein Plug-in für Eosprint 2,die neue Generation unserer Datenvorbereitungs- und Prozessmanagement-Software. welches den Workflow verkürzt und für eine integrierte Arbeitsweise sorgt. Das bedeutet, man kommt direkt aus dem CAD-System in die Datenaufbereitung für unser System, ohne die gewohnte Software-Umgebung verlassen zu müssen.
Generell ist es unser Ziel, von dem STL-Format wegzukommen und andere Formate zu nutzen, die weniger Rechenaufwand verursachen und auch das gesamte Handling einfacher gestalten.

Wer bringt den Konstrukteuren das alles bei?
Im Grunde genommen gibt es vieles was man machen kann. Der Markt bietet vieles an, Literatur, online-Kursen, Workshops etc.  Und natürlich machen wir das auch, versuchen es aber meistens auf eine konkrete Anwendung zu beziehen. Das dauert in der Regel ein wenig länger, dann aber hat man einen kompletten Entwicklungszyklus abgebildet.

Herr Lassan, vielen Dank für das Gespräch.

www.eos.info

- Karl Obermann -
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