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Was Konstrukteure über den 3D-Druck wissen sollten



Der 3D-Druck bietet viele Möglichkeiten, Teile anders und besser zu gestalten als konventionell. Was aber mittlerweile alles möglich ist, wissen viele Konstrukteure nicht. Daher dieses Interview mit Bastian Weimer, Channel Manager für 3D-Druck, bei HP Deutschland.

Heute gibt es bereits eine Vielzahl von 3D-Druckern unterschiedlicher Anbieter. Es werden aber in der realen Anwendung noch recht wenige eingesetzt, weil die Konstrukteure nicht so recht wissen, wie sie die Teile dafür gestalten sollen. Darum bleibt es oft beim Alten. Also, wenn man den 3D-Druck befördern will, muss man mit der Information der Konstrukteure beginnen. Was sind in ihren Augen die wichtigsten Dinge, auf was müssen Konstrukteure achten?
Weimer: Die wichtigste Information ist das der 3D Druck die Möglichkeit bietet mit maximaler Freiheit Bauteile zu entwickeln die in anderen Technologien nicht denkbar sind. So kann beispielsweise durch 3D Druck das Gewicht des Bauteils minimiert und gleichzeitig die Stabilität deutlich verbessert werden. Und dies bei vergleichbaren oder sogar verbesserten technischen Eigenschaften. In der Konsequenz kann der Materialbedarf bis auf ein Minimum Reduziert werden, was neben den Herstellungskosten auch zu positiven Effekten beim Einsatz des Teils führt. So wird beispielsweise im Flugzeugbau durch die konsequente Nutzung von Leichtbauteilen der Treibstoffverbrauch und somit auch der C02-Ausstoß verringert.


Konstrukteure brauchen genaue Materialangaben und Gestaltungsrichtlinien für
die optimale Gestaltung von gedruckten Teilen. Alle Werkbilder: HP


Was bedeutet das ganz konkret für die Konstruktion eines Bauteils – beispielsweise in Bezug auf die Wandstärken? Sind die Werte mit den klassischen Methoden – Spritzguss und CNC-Fräsen vergleichbar.
Bei den Wandstärken positioniert sich der 3D-Druck genau zwischen diesen beiden Technologien. Die Wandstärken beim 3D-Druck können dünner sein, als beim CNC-Fräsen, aber nicht ganz so dünn wie beim Spritzguss. Dies allerdings bei annähernd keinen Einschränkungen was die Geometrie betrifft.

Wo liegt die Grenze nach unten?
Das kann man so generell nicht sagen. Das ist sehr stark von der jeweiligen Anwendung abhängig. Wie bei jedem anderen Herstellungsverfahren, gibt es auch beim 3D-Druck Grenzwerte und Designrichtlinien, die man beispielsweise bezüglich Wandstärken, Spaltmasse und Texturen beachten sollte. Bei HP haben wir dazu konkrete Designrechtlinien entwickelt, die wir unseren Kunden zur Verfügung stellen.

Was gibt es weiter zu beachten?
Beim Design der Werkstücke im 3D-Druck gibt es kaum geometrische Grenzen. Konstruktiv müssen auch die beispielsweise beim Spritzguss üblichen Formschrägen oder Hinterschnitte nicht berücksichtigt werden. Das bedeutet, der Konstrukteur kann sehr frei selbst komplexe Geometrien und Produkte entwickeln. Ohne große Einschränkungen.

Ein weiterer Vorteil ist, dass man im 3D-Druck bewegliche Funktions- und Integralteile aufbauen kann, die fertig aus dem Drucker kommen. Ein weiterer Montageaufwand ist nicht erforderlich. Damit wird die Teileverwaltung noch einfacher und billiger.


Bastian Weimer, Chanel Manager für den Bereich 3D-Druck bei HP.

Kommen wir zu Materialien. Der Konstrukteur gestaltet ja heute mit sehr vielen Materialien, wie Stahl, Edelstahl, Buntmetallen, Aluminium und auch Kunststoffen. Diese klassischen Materialien sind auch gut dokumentiert und geben Konstrukteuren und Berechnern keine Rätsel mehr auf. Wie schaut das nun bei den 3D-gedruckten Teilen aus?
Das ist für die Entscheidung natürlich ein wesentliches Thema. Die aktuellen Multi Jet Fusion Drucker von HP verarbeiten aktuell Kunststoffe – konkret Thermoplaste. Um die Materialvielfalt von Anfang an zu thematisieren, hat HP eine Materialplattform entwickelt. Im Rahmen der „Open Materials Plattform“ hat jeder Hersteller die Möglichkeit, Materialien zu entwickeln und auf den HP Druckern zu zertifizieren. HP arbeitet mit einer Vielzahl von Entwicklungspartner weltweit, darunter BASF, Henkel, Dressler Group, Evonik, Lubrizol, Lehm&Voss, Arkema und Sinopec. Weitere werden folgen.

Damit haben auch Kunden, die Möglichkeit, sich bei einem bekannten Materialentwickler auf ihren Bedarf zugeschnittene Materialien für unsere 3D-Drucker entwickeln lassen kann.

Für jedes der bisher vorgestellten Materialien gibt es bereits zur Produkteinführung von uns und dem jeweiligen Partner ausführliche Datenblätter und Dokumentationen.

Zudem werden die erforderlichen Zulassungsbescheinigungen – beispielsweise USP Class I-VI, REACH, ROHS mitgeliefert.

Damit weiß der Konstrukteur wofür die Materialien einsetzbar sind und kann im Einsatz die entsprechenden Zulassungen vorweisen.

Auch sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang die Berechnung, die eben exakte Werte verlangt.

Sehr richtig. Da ist es HP gelungen, einen großen Schritt nach vorn zu machen. Die in HP Druckern gedruckten Bauteile sind isotrop. Das bedeutet, der jeweilige Festigkeitskoeffizient ins bei unseren Bauteilen in allen Richtungen gleich. Damit sind die Bauteile unabhängig vom Druck in alle Richtungen gleich belastbar. Bei der Konstruktion und beim anschließenden Druck muss also nicht berücksichtigt werden, wie das Teil später eingesetzt wird.


Mechatronische Baugruppe mit 3D-gedruckten Teilen.

Wie viele Materialien hat HP aktuell anzubieten?
Aktuell sind es vier mit denen wir bereits einen großen Teil der Anwendungen abdecken. Es ist ein PA 11, PA 12, PA 12 GB (glaskugelgefülltes) Material und das erste Material aus der Entwicklungspartnerschaft mit Evonik – ein PA 12.

Weitere Materialien werden in 2018 vorgestellt. Dazu werden weitere Polyamide ebenso gehören, wie weichere Materialien (Elastomere) oder Polypropylen-Materialien. Dabei setzen wir primär auf unsere Partner. In dieser Hinsicht gibt es in Deutschland ein sehr interessantes Unternehmen: die Dressler Group. Dressler ist auf die Vermahlung von Granulat spezialisiert. Das kann die Neuentwicklung sparen.

Empfehlen Sie irgendwelche Berechnungsprogramme für die Teileauslegung mit Ihren Materialien oder geht es mit allen?
Da unterscheiden sich die üblichen CAD-Programme wenig. Mit Herstellern wie Siemens, Materialise und Autodesk arbeiten wir konkret zusammen. In diesen CAD-Systemen haben wir unseren Datenprozessor direkt integriert. Damit können die Daten direkt von der CAD- in die Druckerwelt fließen.

Nun ist es ja so, dass man neben der Festigkeitsberechnung weitere Dinge in Vorbereitung des 3D-Drucks zu berücksichtigen hat. Dazu gehört der Wärmeverzug der Teile bei der Produktion, der Aufbau von Stützstrukturen und solche Dinge mehr. Bietet HP dafür entsprechende Programme an?
Zunächst zu den Stützstrukturen – die werden beim Druck mit den Multi Jet Fusion Druckern nicht benötigt. Grund dafür ist, dass das Pulver im Bauraum während des Drucks die Stabilität des Teils sicherstellt. Ein Wärmeverzug muss bei der Konstruktion ebenfalls nicht berücksichtigt werden.

Herr Weimer, kommen wir noch zu Zukunftsaspekten. Was lässt sich schon an Neuerungen absehen?
In Zukunft wird es u. a. möglich sein, Bauteilinformationen mit ins Teil einzubringen. Wir nennen das Smart-Parts.


Kosten- und Gewichtsvergleich eine 3D-gedruckten Teils mit einem Aluminium-Teil.

In welcher Form?
Beispielsweise in einer zweiten Farbe oder mittels transluszenten Farben, die dann nur unter UV-Strahlung zu sehen sind. Eine interessante Anwendung hierfür sind beispielsweise Verschleißmarken, die sich zeigen, wenn ein Teil an seine Verschleißgrenze kommt.
Langfristig sind elektrisch leitende Materialien, die mit gedruckt werden können ein spannendes Thema.

Gut, soweit zu Kunststoffteilen. Wie sieht es mit dem Druck von Metall aus?
HP hat angekündigt im Laufe diesen Jahres, seine Technologie für den 3D Druck mit Metallen vorzustellen. Für uns in jedem Fall ein weiterer wichtiger Schritt auf dem 3D Druckmarkt.

Und wo sitzen die, oder sind sie weltweit verteilt?
Barcelona ist ein wichtiger Entwicklungsstandort für den 3D Druck in Europa. Weitere Entwicklungsstandorte sind in den USA.


HP Jet Fusion 3D-Drucklösung.

Geht die gesamte Neuentwicklung in Richtung Produktion oder spielt das Rapid Prototyping auch noch eine Rolle?
HP setzt sich dafür ein, die digitale Transformation der Fertigung zu beschleunigen und Produktionsanwendungen zu steuern. Das heißt, um dorthin zu gelangen, ist es wichtig, verschiedene Plattformen anzubieten  zur Unterstützung des vollständigen End-to-End-Produktionsprozess und des Ökosystems.  Da Multi Jet Fusion  die Skalierbarkeit, Effizienz und Hebelwirkung bietet, können wir Innovationen sowohl für das Prototyping als auch für die Produktion von einer einzigen Plattform aus anbieten.  In den kommenden Monaten wollen wir die volle Farbe in unserem 3D-Druck  mit einem niedrigeren Preis-Produkt vorstellen, und bieten damit den Zugang zu Multi Jet Fusion für kleine und mittlere Produkt-Entwicklungsteams, Design-Firmen sowie Universitäten um die Technologie einzusetzen.  Durch die Entwicklung, den Prototyp und die Möglichkeit einer vollständigen Produktion wird der End-to-End-Designprozess grundlegend geändert und die Einführung des 3D-Drucks beschleunigt. Bei den kurzen Produktlebenszyklen, die heute im Consumerbereich vorherrschen, ein großer Vorteil.

Herr Weimer, vielen Dank für das Gespräch.

Hp.com/go/3dprint

- Karl Obermann -
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