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Exakte Vorbereitung ist wichtig:

3D-Druck ist mehr als Modell und Maschine


Um beim 3D-Druck in Metall wirklich gute Ergebnisse zu erzielen, braucht man nicht nur beste Maschinen und ein exaktes CAD-Modell, sondern auch eine präzise Vorbereitung des Druckprozesses. Das zeigt einmal mehr ein Besuch beim fränkischen Unternehmen Toolcraft, welches ein beeindruckendes Zentrum für die additive Fertigung von Metallteilen aufgebaut hat. Über die Details sprach der CAD.de/NL mit dem Geschäftsführer Christoph Hauck.

CAD.de/NL: Herr Hauck, wann wurde Toolcraft gegründet und von wem?
Hauck: Unser Unternehmen wurde 1989 durch Bernd Krebs gegründet, der auch weiterhin unser Inhaber ist. Er machte sich im Hinterhof einer alten Fabrik selbständig. In einem Raum, der nicht größer war, als eine Garage, hat er mit einer gebrauchten 3Achs-CNC-Fräsmaschine begonnen, Präzisionsteile und Baugruppen herzustellen.


Lasersinteranlage für metallische Werkstoffe.
Toolcraft betreibt mittlerweile 8 solcher Anlagen von verschiedenen Herstellern


Welches waren dann die wichtigsten Meilensteine seither?
Aus der „Garage“ zog das Unternehmen 1992 nach Georgensgmünd in ein eigenes gleichwohl noch immer kleines Firmengebäude.
In 2000 ging Toolcraft dann an den heutigen Hauptstandort, der von anfänglichen 2.000 m2 schrittweise auf 14.000 m2 Hallenfläche vergrößert wurde.
Ein weiterer Meilenstein war ein Auftrag des Bauunternehmens, Josef Gartner GmbH, bei dem wir für das außergewöhnliches Dach der DZ-Bank in Berlin, Knotenelemente aus Edelstahl gefertigt haben: Jeder Knoten ein Unikat. Das war quasi unser erster Großauftrag.
Interessant vielleicht auch, Toolcraft war von 2001 bis 2009 Exclusivzulieferer für das Formel 1-Team von BMW.
Erste Berührungspunkte mit der additiven Fertigung hatten wir in 2005. Wir erhielten ein 3D gedrucktes Teil eines Testtriebwerks zur zerspanenden Nacharbeit.
Im gleichen Jahr übernahmen wir die „Spalter Feinwerktechnik“, die leider insolvent gegangen war. Die noch verbliebenen Werkzeugbauer waren herausragende Experten für Klein- und Kleinstwerkzeuge. Wir haben anschließend dieses Wissen für uns verwendet, um im Hörgeräte- und im Mikroelektroniksektor tätig zu sein. Aus diesen Anfängen heraus hat sich ein Werkzeugbau mit heute rund 80 Mitarbeitern entwickelt.
Außerdem wurde dann eine Kunststoffspritzerei aufgebaut, die mittlerweile auch hier in Georgensgmünd angesiedelt ist und sehr erfolgreich arbeitet. Dort arbeiten aktuell ca. 50 Mitarbeiter.

Wann haben Sie dann mit dem 3D-Druck begonnen?
Das war in 2011. Auch hier haben wir uns schrittweise erweitert, auf aktuell 8 Anlagen von den Herstellern Trumpf, EOS und Concept Laser. Zur Pulverbetttechnologie investieren wir jetzt noch die Pulverdüsentechnologie, auch LMD-Verfahren genannt.


Beispielwerkstücke, die bei Toolcraft durch Lasersintern entstanden.

Weitere Meilensteine?
Ja, im Jahr 2015 haben wir einen weiteren neuen Bereich etabliert, nämlich die Robotik. Durch unser Engineering KnowHow und unsere Fähigkeit komplexe Werkzeugbahnen für CNC-Maschinen zu programmieren, waren und sind wir in der Lage, Roboter so zu programmieren, dass sie nicht nur Pick und Place- Aufgaben erfüllen, sondern auch Werkstücke bearbeiten können. Das tun sie bei uns in der Fertigung, aber wir verkaufen solche Anlagen auch an Kunden.

Roboter rein, Leute raus?
Nein, diese Formel geht keinesfalls immer auf. Wir haben kürzlich in einer Fernsehsendung mit SAT 1 gezeigt, wie durch die Hereinnahme von 5 Robotern 10 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden.

Wie schaut der aktuelle Stand aus?
Aktuell bauen wir zwei neue Hallen, eine davon für die Robotik und die andere für die additive Fertigung.

Wie viele Mitarbeiter haben Sie heute?
Wir haben derzeit rund 267 Vollzeitkräfte, dazu kommen Auszubildende und Teilzeitkräfte, so dass wir insgesamt 345 Mitarbeiter haben.

Wie sind Sie von den Märkten her aufgestellt?
Das Unternehmen exportiert gut ein Drittel seiner Produkte ins Ausland, u. a. in die Schweiz, UK, die USA, Kanada, Polen Singapur und Südafrika. Um in Fernost gut repräsentiert zu sein, gründeten wir Ende 2015 einen Standort in Singapur, an dem wir Kunststoffteile herstellen.


Die Vorbereitung von Werkstücken für die additive Fertigung in Siemens NX.

Und Ihre Produkte sind Teile und Baugruppen?
Es sind Highend Präzisionsbauteile, komplexe Baugruppen und auch sehr anspruchsvolle Konstruktionen, inklusive der Erstellung der nötigen elektronischen Handbücher etc.
Große OEMs und Tier1s fragen bei uns Engineering Dienstleistungen an, da wird das entsprechende Standing schon vorausgesetzt.
Ein solcher Auftrag  hat uns damals auch bewogen, das CAD/CAM-System NX von Siemens ins Haus zu holen. Etliche unserer großen Kunden arbeiten auf NX und innerhalb einer Systemwelt ist der Datenaustausch einfacher und effizienter.

Welche anderen CAD-Systeme haben Sie dann noch?
Lassen Sie mich zunächst etwas zu CAM sagen. Man hat am Anfang natürlich eine werkstattorientierte Programmierung gemacht, sprich, direkt an der Maschine die NC-Programme eingegeben. Damit kommt man irgendwann an die Grenzen. Es musste also ein CAM-System angeschafft werden und das war nach einiger Suche damals Mastercam.
Obgleich dieses System vom Preis-/Leistungsverhältnis her recht interessant war, wurde es in Deutschland noch nicht aktiv verkauft und man musste es quasi im Ausland einkaufen. Nachdem wir eingestiegen waren, hat Mastercam bei uns nachgefragt, ob man das System nicht in den Vertrieb übernehmen möchte?
Für Toolcraft selbst wäre das nicht in Frage gekommen, weil man als Teilehersteller nicht bei anderen Teileherstellern in der Produktion sein konnte, um sein CAM-KnowHow zu vermitteln - eine ungute Situation.
Deswegen hat man ein Software-House gegründet: Die Unicam Software GmbH, mit Sitz ebenfalls in Georgensgmünd. Unicam hat dann sein Portfolio erweitert, nämlich hin zu CAD und hat jahrelang Solidworks vertrieben.
Solidworks war und ist somit immer noch auch bei Toolcraft im Einsatz.
Bei Unicam hat man die CAM-Aktivitäten ebenfalls erweitert, u. a. durch die Hereinnahme von Solidcam für allgemeine NC-Aufgaben und Octopuz zur Programmierung von Robotern. Beides wird auch bei Toolcraft genutzt. Zudem setzen wir eine Fabrikplanungs- und Visualisierungs-Software ein, nämlich Visual Components, vom finnischen Hersteller gleichen Namens. Ein Tool, das uns im praktischen Einsatz gut gefällt.


Vermessung eines 3D-Druck-Teils. Bildquelle: Aktiv Kamann

Wie sieht es dann in Richtung 3D-Druck aus?
Hier gibt es natürlich auch wieder spezielle Pakete. Wir haben Magics von Materialise, eine STL-basierende Software, welche unsere CAD-Modelle in STL-Modelle umsetzt.
Hierbei kam es zu gewissen Datenbrüchen. Wir waren daher erfreut, als Siemens angekündigt hat, eine entsprechende Datenaufbereitung für den 3D-Druck als integrierten Teil von NX herauszubringen.
Die Basisfunktionen dazu sind bereits jetzt in der NX 11 enthalten. Damit kann man gut arbeiten, wesentlich mehr noch erwarten wir in NX 12 und 13.

Welche Funktionen sehen Sie hier im Vordergrund?
Spezielle Funktionen zur Topologie-Optimierung, sowie der Aufbau von Gitterstrukturen sind bei der additiven Fertigung von besonderem Interesse und daher ebenfalls in NX integriert. Durch das Prüfen von Konstruktionsrichtlinien eines Bauteils gewährleistet NX bereits im Vorfeld die Machbarkeit. Dabei prüft das System die Wandstärken, eventuell notwendige Stützstrukturen in bestimmten Bereichen, sowie die Möglichkeit der abschließenden Beseitigung etwaiger Pulverrückstände in innenliegenden Hohlräumen. Somit kann der Produktionserfolg durch Analyse und Simulation des Bauprozesses gesichert werden.
Nach Abschluss der Konstruktion können mit Hilfe von NX die Bauplatte eingerichtet, die Stützstrukturen generiert und Anweisungen für Metallpulverbett-Drucker programmiert werden, wie sie zum Beispiel bei Toolcraft eingesetzt werden. Nach dem Druck im Laserschmelzverfahren unterstützt NX die Endbearbeitung mit Hilfe von traditionellen CAM-Funktionen für zerspantechnische Fertigungsanlagen.

Bringt das auch zeitlich etwas?
Ganz enorm. Wir hatten kürzlich ein Hydraulikbauteil für eine Rennsportfirma herzustellen. Dabei haben aufwendige Stützstrukturen eine Rolle gespielt. Um diese entsprechend in Magics aufzubereiten, haben wir 30 Stunden gebraucht. Dann kam eine kleine Design-Änderung, und wir hatten die 30 Stunden noch einmal.
Bei der Nutzung von Siemens NX lädt man das neue Teil einfach rein und fertig!


Toolcraft verarbeitet als erster externer Hersteller, außerhalb von Airbus,
den Pulverwerkstoff, Scalmalloy, der Airbus-Tochter APWorks.

Wie man einer Presseerklärung entnehmen konnte, nutzen Sie auch Simufact Additive von Simufact Engineering in Hamburg. Was machen Sie mit diesem Tool?
Je nach Material kann es durch das Lasersintern durchaus zu Spannungen im additiv erstellten Bauteil kommen. In Folge dessen neigen die Teile zu Verzügen, die z. T. mehrere Millimeter betragen können. Das ist dann natürlich ein Ausschuss-Bauteil.
Wir hatten z. B. Turbinenräder für Turbolader, die in den Flügeln bis zu 3 mm abgewichen sind.
Simufact berechnet die Verzüge voraus. Dazu werden die jeweiligen Maschinencharakteristika getestet und in die Software eingegeben. Dann berechnet die Software den Verzug. Aber nicht nur das, sondern sie macht ein Preforming daraus. Sie sagt also wie sehr ich ein Modell verformen muss, um am Ende ein passendes Bauteil zu erhalten. Und aus den erwähnten 3 mm Abweichung sind dadurch 0,3 mm geworden!

Also voller Erfolg für die Simulation?
Die Ergebnisse sprechen für sich.
Um aber das zu erhalten was wir wollen, nämlich Highend Präzisionsteile, müssen wir auch die andere Seite sehen, die wir ebenfalls im Haus haben, nämlich eine umfangreiche Mess- und Analysetechnik. Wir kümmern uns eben um die Qualifizierung der Pulver und wir prüfen die fertigen Teile genau: Welche Festigkeiten haben sie statisch und dynamisch, wie sehen die Gefüge aus, welche Porositäten entstehen. Wir können verschiedene chemische Legierungsbestandteile analysieren usw.

Sind nach allen diesen Tests die Teile aus Pulver mit denen aus Stangen- oder Blockmaterialien vergleichbar?
Ja, das sind sie mittlerweile wirklich.
Der 3D-Druck ist somit eine anerkannte Fertigungstechnologie, die sich in den nächsten Jahren einen festen Platz in der Industrie erobern wird.

Herr Hauck, vielen Dank für das Gespräch.


Christoph Hauck, Geschäftsführer der MBFZ Toolcraft GmbH in Georgensgmünd.

Toolcraft: Fränkisches Vorzeigeunternehmen auch bei 3D-Druck Spitze
Toolcraft entstand aus einfachen Anfängen heraus und hat sich zum weltweit agierenden Teile- und Baugruppenhersteller entwickelt, der keinen Wettbewerb zu scheuen braucht.
Vorzeigen kann man Toolcraft jederzeit: Obwohl hier jeden Tag Tonnen von Teilen gefertigt werden, ist alles blitzsauber, hell und recht leise - fast schon Laboratmosphäre.
So auch das neue „Laserschmelzzentrum“, wo alle Aktivitäten zum Metall-3D-Druck zusammengefasst sind. Hier nicht nur die 8 3D-Laser-Sinter-Maschinen, sondern auch alle „Tools“, die für die Vor- und Nachbearbeitung gebraucht werden, so dass Toolcraft perfekte Lösungen für Kundenanfragen liefern kann.
So konsequente Umsetzungen wie hier sieht man selten. Und hätte man eine Schulnote zu vergeben, dann könnte es nur die „1“ sein.
-KO-


www.toolcraft.de
- Karl Obermann -
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