Cad.de Newsletter

T-Solid 4IPC: Neues Blattlager für leistungsfähige Windenergie-Anlagen



Speziell für die Lagerung von Rotorblättern bei Windkraftanlagen hat der Spezialist für Großlager, IMO GmbH & Co. KG, Gremsdorf, einen neuen Lagertyp entwickelt, der die Lebensdauer deutlich erhöht. Damit ist das Lager T-Solid 4IPC besonders gut geeignet, wenn Blätter während des Betriebs häufig oder ständig verstellt und hohe Leistungen der Anlage umgesetzt werden sollen.

IMO in Gremsdorf (unweit Erlangen) wurde 1988 gegründet mit dem Ziel, Großwälzlager zu bauen. Groß heißt konkret, zwischen 100 mm und 6000 mm Durchmesser. Wer die Lager dieses Kalibers im Werk liegen sieht, kommt nicht umhin, beeindruckt zu sein.

Das Unternehmen mit 550 Mitarbeitern weltweit, baut Kugel- und Rollendrehverbindungen sowie Schwenkantriebe. Der Großteil der Produkte wird kundenindividuell angepasst. Abnehmerbereiche sind der Maschinen- und Anlagenbau, Hersteller von Baumaschinen oder sogar die Medizintechnik.

Ein ganz besonderes Abnehmerfeld ist die Windindustrie. In Windkraftwerken kommen die Lager aus Gremsdorf als Blatt-Turm- und Hauptlager zum Einsatz.

Höhere Leistungen gefragt

Windkraftanlagen haben mit relativ wenigen kW Leistung begonnen. Mittlerweile sind 3 - 4 MW total üblich und der Trend geht klar in Richtung 6 - 8 MW - bald auch zu 10 MW und mehr.

Den erhöhten Leistungen müssen auch die Lager entsprechen, damit sie die gewünschte Lebensdauer von 20 - 25 Jahren erreichen.


Das neue Lager von IMO, T-Solid 4IPC, im Schnitt.
Deutlich sind die drei Wälzkörper-Reihen zu erkennen.
Die Wälzkörper-Trennung erfolgt durch Kunststoffelemente.


Im Bereich der Blattlager, welche die Drehverbindung zwischen Blatt und Rotornabe herstellen, kommt noch ein Effekt dazu, den die Lager ebenfalls „verdauen“ müssen: „Während die Blätter früher mehr oder minder statisch waren in ihrer Anstellung gegen den Wind, will man sie heute fast permanent verstellen.

Während des Betriebs finden vielfache Verstellungen statt, um das Optimale an Wind- und Leistungsausbeute heraus zu holen“, so Hubertus Frank, Bereichsleiter Technik bei IMO. Frank gibt ein Beispiel dafür: „Unterschiedliche Windgeschwindigkeiten in den oberen und unteren Windgeschwindbereichen, aber auch wenn die Blätter in den Bereich des Turms kommen, gibt es einen gewissen Windstau, der die Struktur belastet und zu Schwingungen führen kann.“ Das wird durch eine Veränderung des Verstellwinkels (in wenigen Gradzahlen) ausgeglichen. Die Angelsachsen sprechen von „pitching“. Und so haben die entsprechenden Windkraftanlagen den Zusatz: IPC = Individual Pitch Control.

Mehr Bewegung braucht höhere Lebensdauer

Schon vor einigen Jahren hatte IMO einen neuen Lagertyp auf den Markt gebracht, T-Solid, der in der Lage war, die höheren Leistungen moderner „Windmühlen“ aufzunehmen. Die Wälzkörper waren und sind dabei Kugeln.

Nun geht es für die Lager um die Kompensation höherer Schwenkzyklen, eben das dauernde Pitchen. Um dabei dennoch die geforderte Lebensdauer zu erreichen, mussten die Lager verändert werden. Hubertus Frank: „Wenn Kugeln für die nötige Lebensdauer nicht mehr ausreichen, kann man auf Rollen wechseln. Deren linienförmige Belastung - im Gegensatz zu der Punktbelastung bei Kugeln - sorgt für eine geringere Beanspruchung pro Wälzkörper und somit für eine höhere Lebensdauer der Lager insgesamt.“

Entsprechend dieser Logik hat IMO das      T-Solid 4IPC mit drei Rollenbahnen gebaut (siehe Bild). Die beiden großen Rollenbahnen nehmen die Axialkräfte und Kippmomente auf und die sehr viel kleinere Reihe an Rollen ist für die Aufnahme der deutlich kleineren Radialkräfte da.

Weil die Rollen als Wälzkörper höhere Lasten übertragen können, müssen die Lager nicht mehr ganz so groß sein, wie bei den Lagern mit Kugeln. Das wiederum spart Kosten. Andererseits verlangen die hoch belastbaren Lager auch eine steifere Auslegung der Anschlusskonstruktion.

Um nur eine Vorstellung zu geben: Für Anlagen mit bis zu 4 MW Leistung beträgt der Blattlager-Durchmesser etwa 2500 mm. Für Einsätze bei Anlagen mit 8 MW könnte sich der Durchmesser verdoppeln!


Montage eines T-Solid 4 IPC im Werk Gremsdorf.

IMO verfügt nun über die konventionellen 4-Punkt-Lager, über die T-Solidlager mit Kugeln als Wälzelemente und über das neue   T-Solid 4IPC mit den Rollen und ist damit für zukünftige Marktanforderungen gut aufgestellt. Die Franken haben für das neue Lager bereits einen Innovationspreis erhalten, und zwar von der Zeitschrift „Wind power Monthly“.

Rechnen und Testen

Auch bisher schon hat IMO sein Lager einer intensiven Berechnung unterzogen (FEM mit Abaqus). Nun will man noch einen Schritt weiter gehen und die Blattlager für die großen Anlagen der Zukunft, in den Bereichen bis 10 MW und größer, intensiv testen.


Kraftverlauf im T-Solid 4IPC.

Im Forschungsprojekt HAPT (kurz für Highly Accelerated Pitch Bearing Test) schaffen Forscher des Fraunhofer Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES Nordwest, des Instituts für Maschinenkonstruktion und Tribologie (IMKT) der Leibniz Universität Hannover gemeinsam mit der Unternehmensgruppe IMO Grundlagen für die Weiterentwicklung von Blattlagern. Auch der von den Herstellern angestrebte Einsatz von Individual Pitch Control Systemen zur Lastenreduktion soll durch die Projektergebnisse abgesichert werden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert das Projekt mit 10,7 Mio. Euro.

Bei Windenergieanlagen (WEA) der 7-10 MW-Klasse trifft der Wind auf bis zu 80 m lange Rotorblätter. Blattlager, sind der Flaschenhals bei der Entwicklung von Anlagen dieser Größenordnung: Durch die Größe der Rotorblätter kommen Effekte zum Tragen, die bei kleineren Anlagen schon erkennbar sind, aber noch nicht voll zuschlagen. Unter den steigenden Beanspruchungen können sich auch Effekte zeigen, die zu Lagerausfällen führen können. Dadurch stößt die erfahrungsbasierte Auslegung der Blattlager, die gängige Praxis der Hersteller, an ihre Grenzen. Das Forschungsprojekt soll hierzu ebenfalls Aussagen liefern.

Wenn nun durch intensive Testung reale Daten geliefert werden, kann man mit deren Hilfe auch wieder die Berechnungsmodelle verbessern - die Berechnungen werden genauer. Beides geht somit Hand in Hand und wird der Lagerentwicklung neuen Auftrieb geben.


Hubertus Frank, Bereichsleiter Technik bei der IMO GmbH & Co. KG.

www.imo.de

- Karl Obermann –
Anzeige: