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Engineering Base bei Brückner Maschinenbau: ECAD-System macht Prozesse durchgängig


Seit 2014 führt die Brückner Maschinenbau GmbH & Co. KG das ECAD-System Engineerig Base des hannoverschen Anbieter Aucotec bei sich ein. Dabei wird nicht nur die Schaltplanerstellung auf neue „Füße“ gestellt, sondern das gesamte Engineering, vom Systementwurf über die mechanische Konstruktion, die Elektrokonstruktion und die Software-Erstellung. Die schrittweise Einführung dauert einige Zeit, schafft aber solide Ergebnisse.

Mit Kunststofffolien hat jeder Mensch jeden Tag zu tun: Verpackungsfolien, Abdeckfolien, Trennfolien oder auch technische Folien. Es gibt verschiedene Verfahren sie herzustellen - eines davon ist das Folienstreckverfahren.

Bei den entsprechender Maschinen und Anlagen spielt das bayerische Unternehmen Brückner Maschinenbau in Siegsdorf bei Traunstein eine Hauptrolle: Brückner ist bei Folien-Streckanlagen weltweit klar die Nr. 1.

Das Unternehmen wurde 1960 gegründet und befindet sich noch immer im Besitz der Gründerfamilie. „Herr Brückner hat damals mit 40 Mitarbeitern begonnen, heute sind wir in der gesamten Brückner Gruppe rund 2400 Kollegen, bei Brückner Maschinenbau etwa 600“, so Robert Pedri, Electrical Engineering-Manager Project Engineering.
Daneben gibt es eine Reihe weiter Unternehmen, die in einer Holdingstruktur innerhalb der Gruppe arbeiten.


Ein kleiner Teil des Anwendungsspektrums von Folien, die auf Brückner-Anlagen hergestellt wurden.

Brückner hat sich von Anfang an dafür interessiert, Folien zu verstrecken. Das hatte es bis dahin noch nicht gegeben. „Bereits auf der ersten Anlage wurden Folien für das legendäre Flugzeug Concorde produziert“, erinnert sich Pedri. Letztlich ein Durchbruch.

Wie funktionieren solche Anlagen?

Ausgehend von einem Kunststoffgranulat entsteht über Extruder die „flüssige“ Kunststoffmasse. Sie wird über eine breite Düse auf die so genannte Gießwalze aufgebracht.
Hier kühlt der Werkstoff wieder ab und bildet einen dicken Film. Durch die Verwendung mehrerer Extruder ist es möglich, auch mehrschichtige Folien zu erzielen.
Der dicke Film nun wird sequentiell oder simultan gereckt (beim sequentiellen Verfahren zuerst in der Länge, dann in der Breite. Beim simultanen Verfahren eben zugleich in der Länge und Breite).

Das ist nicht eben trivial und bedarf einer sehr genauen Regelung aller Komponenten. Eine zweite Herausforderung ist die immer höhere Geschwindigkeit der Anlagen, ohne dabei die Qualität zu verlieren.

Die größten Anlagen haben heute einen Ausstoß von bis zu 9 Tonnen Folie/Stunde, bei einer Anlagenlänge von mehr als 150 Metern und einer Breite von mehr als 10 Metern.


Folienreckanlage von Brückner im Einsatz.
Solche Anlagen können über 150 Meter lang und über 10 Meter breit sein.


Welche Anforderungen stellen solche Maschinen an die Elektrotechnik?

„Sehr große“ weiß Robert Pedri. Neben der höheren Geschwindigkeit und Genauigkeit stellen Digitalisierung, Vernetzung, auch über Ländergrenzen hinweg, und die einfache Bedienbarkeit die Elektrotechniker vor immer neue Herausforderungen. Unter dem Stichwort „Easy Operation“ hat Brückner u. a. ein System entwickelt, „welches aus wenigen Produktparametern des Kunden die tausende von nötigen Prozessparameter errechnet. „Eine starke Vereinfachung für die Anwender“, wie Werner Binsmaier, Head of Division-Electrical Engineering und Automation bei Brückner, sagt.

Um diese komplexen Anforderungen zu erfüllen, braucht natürlich das Engineering  leistungsfähige Tools. Bei Brückner Maschinenbau ist in der mechanischen Konstruktion Solid Edge im Einsatz, mittlerweile auch Engineering Base(EB). In der Elektroplanung wurde bislang und immer noch Ruplan genutzt. Für PDM-Aufgaben wird das Tool SAP-PLM eingesetzt.


Anlagenbeschreibung in Alphanumerischer Form.

Mit dieser „Konfiguration“ kann man durchaus arbeiten, aber ohne Integration. Es gibt keine systemunterstützte Kommunikation zwischen den Bereichen, sondern nur eine persönliche (Telefon oder hingehen).

„Also war das Ziel bei der Einführung von EB nicht die Schaltplanerstellung zu ersetzen, sondern den Gesamtprozess zu verbessern“, wie Pedri darlegt.

Für die Systemfindung und Einführung wurde ein Team gebildet aus Mechanikern, IT-Abteilung, E-Technikern und Software-Entwicklung.

Dieses Team hat sich am Markt umgeschaut und sich letztendlich für Engineering Base von der Aucotec AG entschieden. Mit entscheidend war, dass dieses System über eine objektorientierte Datenbank verfügt und somit den Aufbau von intelligenten Modellen erlaubt. Und auf diese dort enthaltenen Informationen kann jederzeit von allen zugegriffen werden.

Und noch etwas hilft den Fachleuten bei Brückner, die Integration zu bewerkstelligen, nämlich die Tatsache, dass mit EB komplette R&I-Schemata erstellt werden können. Durch die hier integrierten Funktionen (Visio) können die Anlagen vollständig als  Fließbild abgebildet werden.

Diese Arbeit verrichten bei Brückner Maschinenbau die Mechanikkonstrukteure. Sie definieren eine neue Anlage komplett, mussten bisher aber mit „dummen“ Plänen arbeiten, sprich der Plan bestand lediglich aus Linien auf Papier.

Aus diesem bildhaften Verfahren wurde nun mit EB ein intelligentes Verfahren gemacht, welches über Abteilungsgrenzen hinaus genutzt und ausgewertet werden kann.


Anlagenspezifikation in Form eines Fließschemas.
Hierbei können sowohl mechanische als auch elektrische Funktionen gemeinsam abgebildet werden.


Wenn dieses R&I-Schema einmal als komplettes Gebilde und genehmigt dasteht, ist es quasi schon die Arbeitsanleitung für alle Abteilungen. „Es ist ganz klar, was zu tun ist. Und kommt es zu Änderungen, dann erfahren es alle, per System und nicht mehr länger per Zuruf“, erläutert Sven Börner-Sachs, Mitarbeiter des Bereichs Electrical Engineering-Automation. Bevor nun weiter berichtet wird, wie der heutige Ablauf ist, zunächst ein Blick auf Engineering Base selbst.

Herausforderungen meistern

Im Zentrum von Engineering Base steht eine zentrale objektorientierte Datenbank. Hier werden die Objekte abgelegt und durch ihre Eigenschaften bestimmt. Dies erfolgt über eine Liste, die kürzer oder länger sein kann und auch geändert werden kann. Eine Eigenschaft eines Objekts kann z. B. die Repräsentation in einem Plan, wie auch in einem 3D-Raum sein. So entstehen intelligente Objekte, die „wissen“ was sie sind und wie sie sich zu verhalten haben.

Dieses offene Datenmodell ist enorm anpassungsfähig und somit für die verschiedensten Branchen geeignet. Der Nutzer bestimmt den Workflow, nicht das System. „EB passt sich jeder Arbeitsweise an“, wie Martin Imbusch, Produktmanager bei Aucotec, sagt.

EB verwendet Microsoft Standard-Komponenten, was die Einarbeitungszeit beim Anwender verkürzt. Genau diesem Ziel dient auch die intuitive und ebenfalls anpassbare Benutzeroberfläche.

Für umfangreichere Erweiterungen hält EB ein API (Application Programer Interface)vor.

Das schon erwähnte zentrale Datenmodell ist entscheidend, um z. B. einem typischen Top-down-Prinzip zu folgen - von unterschiedlich detaillierten Block-Diagrammen und Interface Control Documents (ICDs) bis zu automatisiert erstellten Grafiken und Fertigungsinformationen im gewünschten Format.

Um die vielen Systemausprägungen zu vereinfachen und um die Elektrokonstruktion zu beschleunigen, hat die Aucotec AG für ihr E-CAD-System Engineering Base den Advanced Typical Manager eingeführt. Das System bedient sich hierbei des funktionalen Engineerings und arbeitet mit qualitätsgeprüften Vorlagen (Templates), hier Typical genannt.


Ausschnitt von einem Schaltplan bei Brückner.

EB verfügt über reichlich Schnittstellen, welche eine Einbindung in unterschiedliche Systeme, etwa ERP oder MCAD, ermöglichen.

Mit diesem System sind sämtliche Informationen, auch Regeln, Logiken oder Verdrahtungsdetails, jederzeit von überall her erreich- oder bearbeitbar. Ob in Explorer, Grafik oder Liste: Eine Information wird nur ein Mal in das Modell eingegeben und erscheint sofort in allen Ansichten. Änderungen - interdisziplinär oder im Austausch mit Lieferanten - sind über ein eigenes Tracking-System sicher nachvollziehbar.

EB vor Ort

Vor Ort bei Brückner wurde und wird EB schrittweise eingeführt. In dieser Zeit wurde „vieles in Zusammenarbeit mit Brückner entwickelt“, wie M. Imbusch darlegt. Er nennt z. B.

  • die Umsetzung der Norm DIN 81346 und zwar so, dass sie auch im Modell angewendet werden kann.
  • Aufbau eines modularen Baukastens mit Hilfe des Typical Managers
  • Erweiterung des R&I-Modules um die Möglichkeit, Release-Stände anzuzeigen. Damit lassen sich dann die Prozesse parallelisieren, da andere Bereiche schon sehr früh freigegebene Daten bekommen. „Das machen wir primär für die Prozessindustrie, lässt sich aber auch hier bei Brückner anwenden“, so Imbusch.

Bei alledem wurde stets darauf geachtet, dass Standardlösungen entstanden und keine speziellen Lösungen, die ja immer Extrapflegeaufwand bedeuten.
Die Einführung in Siegsdorf ist soweit, dass zunächst die Möglichkeit des Systemengineerings umgesetzt wurde, also die Erstellung der R&I-Diagramme. Damit gelangte das E-CAD-System zunächst in die mechanische Konstruktion.

Mittlerweile werden aber auch die ersten Projekte auf der elektrischen Seite mit EB realisiert, so dass nach und nach die Durchgängigkeit entsteht, von der am Anfang gesprochen wurde. Im Augenblick (September 2017) sind 30 EB-Lizenzen installiert. Tendenz zunehmend.

Binsmaier: „Heute arbeiten wir die Projekte sequentiell ab, vom Systemdesign über die Mechanik, Elektrotechnik und Software-Erstellung. In Zukunft wollen wir das parallelisieren, bis hin zur virtuellen Inbetriebnahme. EB ist das Tool, welches uns das überhaupt möglich macht...


Die Informationsgeber in Siegsdorf (v.l.n.r.): Martin Imbusch, Fa. Aucotec,
Sven Börner-Sachs und Robert Pedri, beide Brückner.


Über Aucotec
Die Aucotec AG entwickelt Engineering Software für den gesamten Lebenszyklus von Maschinen, Anlagen und mobilen Systemen – mit mehr als 30 Jahren Erfahrung. Die Lösungen reichen vom Fließbild über die Leit- und Elektrotechnik in Großanlagen bis zum modularen Bordnetz in der Automobilindustrie. Aucotec-Software ist weltweit im Einsatz. Zu Aucotec mit Zentrale in Hannover gehören noch sechs weitere Standorte in Deutschland sowie Tochtergesellschaften in China, Südkorea, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich, Polen, Schweden und den USA. Darüber hinaus sichert ein globales Partner-Netzwerk lokalen Support überall auf der Welt.

www.brueckner.com
www.aucotec.com

- Karl Obermann -
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