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CFK im Maschinenbau:

Leichtere Komponenten-Mehr Dynamik



Höchstfeste Werkstoffe sind nicht nur im Flugzeug- und Automobilbau, sondern auch im Maschinenbau sehr beliebt, weil sie oft vergleichsweise leicht und zugleich sehr stabil sind. Werkzeugmaschinen stoßen jedoch beim Zerspanen dieser Materialien nicht selten an ihre physikalischen Grenzen. Abhilfe bieten Maschinenstrukturteile aus leichten Faserverbundwerkstoffen. Welche schwierigen Klippen dabei zu bewältigen sind, zeigt der Einblick in ein noch nicht abgeschlossenes Forschungsprojekt des Aachener Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT, das auch auf der EMO Hannover präsentiert wird.

Die Aachener gehen beim Optimieren von Konstruktionen üblicherweise „ganzheitlich vor.“ Das heißt: Die Konstruktion der gesamten Maschine steht im Blickfeld der Wissenschaftler, also auch die Entwicklung wichtiger Antriebselemente der Werkzeugmaschine. Aktuell untersuchen die Aachener Forscher gemeinsam mit einem Werkzeugmaschinenhersteller aus Magdeburg, wie sich eine neuartige Maschinenkomponente für senkrechte Bewegungen (Z-Achse) aus Kohlefaserverbundkunststoff (CFK) in einer Werkzeugmaschine verhält und wie sich der Z-Schlitten optimieren lässt.


Gehäuse der Z-Achse einer Werkzeugmaschine wurde in CFK anstelle von Stahl realisiert und verlor dabei 60% seines Gewichts.
Werkbild: MAP


"Mit der Entwicklung des CFK-Schlittens starteten wir 2013", erzählt Christoph Tischmann, Niederlassungsleiter der MAP Werkzeugmaschinen GmbH aus Magdeburg. "Wir verfügen bereits über viel Erfahrung mit Linear- und Rundachsen, etwa zum Bearbeiten von Aluminium. Doch für hochfeste Werkstoffe wie die Titanlegierung Inconel besitzen sie nicht die nötige Antriebsleistung." Daher entschied sich MAP zur Entwicklung einer Werkzeugmaschine mit sehr starken Antrieben: So kommen nun 55- und 72-Kilowatt-Spindeln zum Einsatz, die deutlich schwerer und größer ausfallen. "Um bei der Dynamik keine Abstriche zu machen, suchten wir nach einer Möglichkeit, das größere Gewicht zu kompensieren", erklärt Tisch-mann. "Daher entschieden wir uns für die CFK-Variante." Zum Vergleich: Vorher arbeitete die Werkzeugmaschine in der Z-Achse mit Spindeln mit einer Leistung von 28 bis 36 Kilowatt.

Antriebsleistung verdoppelt

Es handelt sich also in etwa um eine Verdoppelung der Antriebsleistung. Gleichzeitig sinkt durch den Einsatz von CFK die Masse gegenüber einer aus Stahl hergestellten Achse um rund 60 Prozent. "Wir wollen aber kein bestimmtes Zielgewicht erreichen, sondern streben ein optimales Verhältnis zwischen Gewicht und Steifigkeit an", erklärt der wissenschaftliche Mitarbeiter Filippos Tzanetos vom Fraunhofer IPT.

Denn es stellt sich die Frage, wie sich der Wechsel von einem Stahlführungsschlitten zu einer CFK-Konstruktion mit einem rund doppelt so schweren Antrieb auf die Gesamtkonstruktion auswirkt. Das Fraunhofer IPT hat dazu die thermischen und dynamischen Reaktionen der gesamten Maschine auf den Z-Führungsschlitten analysiert. "Die Maschine wurde auf Herz und Nieren geprüft", berichtet Tischmann. "Anhand dieser Messungen entstanden mehrere Lösungsansätze, um die Konstruktion zu verbessern."

Gesamte Konstruktion wird an neuen Werkstoff angepasst

Weil sich Werkstoffe nicht einfach eins zu eins ersetzen lassen, gilt es, die Konstruktion an das neue Material anzupassen. Hier hat sich in der Praxis die Finite-Elemente-Simulation bewährt. "Wir sehen uns im Detail auf dem Computer die lokalen Stellen der Konstruktion mit der größten Nachgiebigkeit an, um die Ursachen zu ermitteln", erklärt Tzanetos. "Anschließend versuchen wir, einige bisherige Komponenten durch Bauteile aus Aluminium oder CFK zu ersetzen oder das dynamische Verhalten an bestimmten kritischen Stellen durch Versteifungen oder Rippen zu verbessern."

"Fehler entstehen, wenn ein Bauteil zum Beispiel nur auf die Steifigkeit in eine Achsrichtung ausgelegt wird, jedoch die Steifigkeit in den weiteren Achsrichtungen unberücksichtigt bleibt. Wenn wir aber mit Simulationstools sowohl FVK-Komponente als auch die Werkzeugmaschinendynamik fein aufeinander abstimmen, kann nichts schiefgehen. Zur Lösung der Problemstellung werden daher die notwendigen Kompetenzen innerhalb dieses Projekts in unserem Hause vereint."

Lasern statt Kleben

Kritisch ist auch das Verbinden von CFK mit Metallen. Bisher kam hier ein Klebeverfahren zum Einsatz, das allerdings laut Tzanetos vier Nachteile aufweist:

1. Die CFK-Fläche muss mechanisch bearbeitet werden. Dies führt zu Unstetigkeit und Schwächung der CFK-Eigenschaften.
2. Es garantiert nur eine niedrige Festigkeit (pro Fuge: 10 bis 40 Megapascal).
3. Es hängt stark ab von den Umgebungsbedingungen (z.B. Temperatur, Verunreinigungen, Späne, Kühlschmierstoff).
4. Geklebte Verbindungen besitzen eine niedrige Verschleißfestigkeit.


Christoph Tischmann, Niederlassungsleiter der MAP Werkzeugmaschinen GmbH, Magdeburg.
Werkbild: MAP


Alle diese Nachteile behebt ein Laserverfahren. Doch nicht nur die Verbindungstechnik sieht der MAP-Niederlassungsleiter als problematisch an. "Um die exakten Positionier- und Wiederholgenauigkeiten der Maschine auch bei hoher Dynamik zu gewährleisten, schaben wir u.a. die Auflagen der Linearführungen manuell", sagt Tischmann. "Es ist für uns nun eine enorme Herausforderung, das auch bei CFK hinzubekommen."


Filipos Tzanetos, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Frauenhofer Institut IPT, Aachen.
Werkbild: Frauenhofer IPT


Trotz aller Schwierigkeiten habe sich der Wechsel zu CFK gelohnt, meint der Experte mit Blick auf die EMO Hannover. Der Werkzeugmaschinenhersteller denkt an einen gemeinsamen Infostand mit dem Fraunhofer IPT, um die Fortschritte und Vorgehensweisen mit diesem "neuen Werkstoff" vorzustellen. "Prinzipiell möchten wir am Ende dieses Projektes eine dynamische, präzise und vor allem kraftvolle Maschine auf den Markt bringen", erklärt Tischmann.

www.ipt.fraunhofer.de
www.map-wzm.de
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