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Hannover Messe 2019:

Großer Wirbel - nicht immer praxisnah



Vom 1. bis 5. April 2019 fand die diesjährige Hannover Messe statt. Über 6000 Aussteller trafen auf 230000 Besucher. Alles in allem ein ungeheures Informationspotential. Informationsmöglichkeiten satt bot auch die Halle 6 mit ihren Ausstellern aus dem CAx-Umfeld. Leider war nicht alles - mindestens aus der Sicht mittelständischer Anwender - wirklich praxisgerecht.


Auch in diesem Jahr fand die Messe reichlich Interessenten. Am Ende kamen 230000 Besucher nach Hannover.


Hannover Messe 2019 im April, das große Thema ist KI, künstliche Intelligenz. Selbst die Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach bei ihrer Eröffnungsrede davon und attestierte Deutschland gleich einmal hinten dran zu sein bei diesem Thema.

Fluch oder Segen?

Wer vor lauter KI-Verrücktheiten übersieht, was aktuell in der Praxis wirklich gebraucht wird, kann leicht in Schwierigkeiten geraten. Wir müssen erneut hier festhalten: Deutschland hat 60 - 70% mittelständische Unternehmen. Nur der Rest sind Großbetriebe. Diese beiden Kategorien haben durchaus unterschiedlich Ansprüche und Notwendigkeiten.

In Großunternehmen gibt es offensichtlich ganze Heerscharen von Leuten, die sich mit dem "Input" neuer Technologien beschäftigen. Unausgekochteste Zukunftsvisionen werden durchgekaut, den Vorständen real vorgestellt und wenn es dann nichts wird, macht's nichts, die Zulieferer machen es  schon.

In mittelständischen Unternehmen ist man darauf angewiesen, Technologien einzuführen, die jetzt gleich funktionieren, die zu vernünftigen Kosten das Unternehmen direkt weiterbringen.

Dieses Bewusstsein scheint auch bei großen CAx-Anbietern nicht immer mehr so vorhanden zu sein. Auch dort wird wohl mehr nach Flugzeugherstellern, Automobilwerken und Defence geschaut. Wer aber schaut nach den Mittelständlern? Das machen oft Handelsunternehmen, welche die Basistechnologie nehmen, zurechtstutzen, ergänzen, mit Service begleiten, bis die Sache sicher bei Anwendern mit 4 bis 400 Mitarbeitern (nur fiktiv) läuft. Gott sei Dank gibt es sie!


Die Halle 6 war auch 2019 der Mittelpunkt der CAx-Welt. Alle Aussteller durch die Bank, hatten was zu bieten.

Dort spielt eher niemand mit KI herum. Schließlich gibt es auch andere Möglichkeiten Wissen in Systemen verfügbar zu machen. Wir denken da z. B. an die Regelverarbeitung und den Aufbau von Konfiguratoren. Dabei ist nichts undurchsichtig, Regeln sind auch menschenlesbar und können von ganz "normalen" Ingenieuren aufgestellt, ergänzt, geändert oder gelöscht werden. Eine Reihe von Mittelständlern nutzt das heute schon. Aber es ist eine Minderheit. Warum versteht man nicht. Wer wirklich was für den Wirtschaftsstandort Mitteleuropa tun will, der sollte hier mal hinschauen.

Hannover hat natürlich auch ganz vieles ganz normales gut geerdetes zu bieten gehabt. Insofern werden am Ende die Besucher in der Summe zufrieden gewesen sein.

Weil aber in der Regel nichts so bleibt wie es ist, wird die Messe im nächsten Jahr neu aufgestellt. Inhaltlich gliedert sich die Messe zukünftig in 7 Ausstellungsbereiche:

Im Bereich Future Lab (ab 2020 in den Hallen 21 und 24) stehen Forschung und Entwicklung, Startups, Emerging Technologies, Innovationskultur und die Zukunft der Arbeit auf der Agenda. Köckler: "Im Nordwesten des Geländes schaffen wir einen Hotspot für Innovationen. Startups treffen auf Forschungsinstitute. Industrieunternehmen treffen auf junge Talente und Querdenker. Das Future Lab gewährt Einblick in die Industrie von übermorgen", sagt Köckler.

Der Ausstellungsbereich Automation, Motion & Drives (ab 2020 in den Hallen 2 bis 13) umfasst unter anderem die Themen Fabrik-, Prozess- und Energieautomation sowie die Antriebs- und Fluidtechnik, Robotik, industrielle Sensorik und Bildverarbeitung, Stromübertragung, Transformatoren, Energieführung sowie Logistikautomation und Lagertechnik. Köckler: "Die Automation ist der Ursprung des Wandels hin zu einer umfassend vernetzten Industrie. Im Messegelände belegt sie zukünftig den kompletten Osten und Süden des Geländes und bildet somit den Rahmen für die industrielle Transformation und ermöglicht eine optimale Besucherführung."


Neben KI und Cloud war der Digitale Zwilling eines der Themen auf der Messe.

Die Digital Ecosystems rücken in das Zentrum des Messegeländes (ab 2020 in den Hallen 14 bis 17). Dort dreht sich alles um die digitale Vernetzung und Anwendungen für Industrie mit den Themen Unternehmenssoftware, PLM, MES, Logistics-IT, Digitale Plattformen und Cloud-Lösungen, IT-Security, Augmented & Virtual Reality, Energiemanagement-Lösungen, Künstliche Intelligenz oder 5G-Infrastruktur. Köckler: "Die digitalen Ökosysteme stehen im Zentrum der industriellen Transformation. Sie strahlen auf alle anderen Bereiche der Messe aus und rücken daher ab 2020 in die Mitte des Messegeländes."

Auf die Versorgung von Industrieanlagen und angeschlossener Mobilitätsinfrastruktur, insbesondere mit elektrischer Energie, konzentriert sich der Bereich Energy Solutions. Im Einzelnen geht es um Stromerzeugung, Stromübertragung, Strom-, Wärme- und Kälteversorgung sowie um die Infrastruktur für Elektrofahrzeuge (ab 2020 in den Hallen 11, 12, 13, 27).

Der Ausstellungsbereich Logistics wird zweijährlich ausgerichtet und umfasst Förder- und Lagertechnik, Lager- und Betriebseinrichtungen, Flurförderzeuge und Zubehör, fahrerlose Transportsysteme, Verpackung und Logistikdienstleistungen (ab 2020 in den Hallen 2, 3 und 4). Jährlich hingegen werden sich zukünftig auch in den anderen Ausstellungsbereichen Logistikthemen wiederfinden – insbesondere die Themen Logistikautomation sowie Digital Logistics, die damit das jährliche Portfolio der HANNOVER MESSE um diese wichtige Thematik erweitern.

Zukunftsthemen wie Leichtbau und Additive Manufacturing, Oberflächentechnik, materialspezifische Komponenten, Fügetechnologien und Engineering-Dienstleistungen bildet die HANNOVER MESSE im Ausstellungsbereich Engineered Parts & Solutions ab (ab 2020 in den Hallen 19, 20, 22, 23).

Der zweijährlich stattfindende Ausstellungsbereich Compressed Air & Vacuum punktet mit innovativer Druckluft- und Vakuumtechnik für sämtliche industriellen Prozesse (ab 2020 in der Halle 26).

Eine besondere Neuerung ist, dass diese Ausstellungsbereiche zukünftig insbesondere bei der Ausstellerplatzierung und Community-Bildung eine Rolle spielen werden. Unter der Dachmarke HANNOVER MESSE werden die Besucher jedoch sehr viel differenzierter als bislang angesprochen. Dies ermöglicht eine deutlich bessere und zielgenauere Informationsmöglichkeit für die Besucher.

Neue Produkte von der Messe

Nachfolgend eine Reihe neuer Produkte, die der Redaktion aufgefallen sind:

Schneller und einfacher rechnen

Altair präsentierte auf der Messe die Berechnungssoftware "Simsolid", die erst vor einigen Monaten von einem Unternehmen gleichen Namens übernommen wurde.

Simsolid ist eine Analyse-Software, welche die Berechnung komplexer Bauteile und Baugruppen sehr viel einfacher und schneller macht. Sie befreit den Anwender von der Geometrievereinfachung und Vernetzung-Verfahren, die in der klassischen FEM-Berechnung recht aufwendig sind. Der eigentliche Clou ist aber die Berechnungszeit (das Solving) es dauert nur wenige Sekunden bis Minuten und kann auf normalen Tischrechnern durchgeführt werden. Sensationell!
Da es diese Software vorher schon in Deutschland gab, z. B. vertreten durch Inneo Ellwangen, und ihre Arbeitsweise und Ergebnisse bekannt sind, kann gesagt werden, es funktioniert wirklich sicher - eine erstrangige Innovation.

www.altair.com

Bentley Systems präsentiert gemeinsam mit Siemens die Cloudservices für digitale Zwillinge im Bereich Infrastrukturplanung

Bentley Systems lud seine Kunden ein, auf der Hannover Messe 2019 Live-Demonstrationen der neuen Cloudservices für digitale Zwillinge im Bereich Infrastrukturplanung zu erleben, um mehr über dieses Thema zu erfahren und Bentley Führungskräfte zu treffen.

Bentley Mitarbeiter haben die Funktionen von Plantsight am Hauptstand von Siemens in Halle 9 vorgeführt. Dieser kürzlich bekannt gegebene Cloudservice für digitale Zwillinge wurde gemeinsam mit Siemens entwickelt.
Plantsight ist ein bahnbrechender neuer Service, der aktualisierte betriebsgetreue digitale Zwillinge ermöglicht. Somit werden die reale Anlage und ihre Planungsdarstellungen synchronisiert, um die Betriebsabläufe von Prozessanlagen effizienter zu gestalten. Verschiedene Datenquellen werden auf einzigartige Weise integriert, um eine immersive Umgebung mit sichtbaren Analysen zu schaffen - für effizientere Betriebsabläufe von Prozessanlagen und verbesserte Entscheidungen.

www.bentley.com

Virtuelle Planung von Handarbeitsplätzen

Das Softwareunternehmen, Salt and Pepper Software GmbH & Co. KG, brachte zur Hannover Messe Boxplan auf den Markt - eine speziell auf die Planung von Hand-Arbeitsplätzen in der Produktion ausgerichtete Virtual Reality (VR) Software. Vor dem Launch durchlief Boxplan eine erfolgreiche Pilotphase bei namhaften Industrieunternehmen, darunter Daimler und CLAAS.
Dr. Björn Boßmann, Leiter Standortplanung der (SL/SLC) Daimler AG: "Um die Zukunft zu gestalten, muss man neue Wege gehen. Diese Wege waren bisher durch hohe Kosten, technische Kapazitäten oder Qualifikationsbarrieren weitgehend verschlossen. Boxplan hat uns diese Tür aufgestoßen und uns den Eintritt in die virtuelle Welt ermöglicht."

Mit Boxplan lassen sich Arbeitsplätze in der Produktion maßstabsgetreu und innerhalb weniger Minuten in der virtuellen Realität planen. Der Nutzer erhält dadurch schon während des Planungsprozesses einen realistischen Eindruck der zu erwartenden Arbeitsbedingungen und kann diese am eigenen Körper erleben. Innerhalb der Software können beliebige Objekte des Produktionssystems aus Boxmodellen erschaffen und mit bestehenden Produktdaten aus CAD Systemen kombiniert werden.

Dadurch kann die Planung zu einem früheren Zeitpunkt und mit unvollständigem Datenstand beginnen. Die Bedienung der Software setzt keine Expertenkenntnisse voraus, so dass sich Mitarbeiter unterschiedlicher Funktionen im Unternehmen am Planungsprozess beteiligen können.

www.boxplan.io

PNY immer erfolgreicher bei Berechnungen

PNY, weltweit bekannt als Anbieter für Grafikkarten von Nvidia, hat immer mehr Erfolg auch im Berechnungsumfeld.
Gerade vor wenigen Monaten ist Altair ebenfalls eingestiegen und hat festgestellt, dass sein Solver Optistrukt rund 10-mal schneller auf einer GPU-Karte läuft als auf einem normalen CPU-Rechner.


Nach Jahren der Messeabstinez war PNY wieder in Hannover vertreten.
Der Marketingleiter Manfred Pieper präsentierte die aktuellen Produkte.


Eine der neuesten Karten, die hierfür infrage kommen, ist die Nvidia Quadro RTX 4000.

Sie verfügt über 8 GB ultra fast GDDR6 GPU Speicher, 288 Rechenkerne und 36 RT Kerne. Die Karte ist nach Angaben des Herstellers bestens geeignet, Ergebnisse in Echtzeit zu erbringen.

www.pny.com

3D Experience Plattform auch für Solidworks

Die 3D Experience Plattform von Dassault Systemes ist keine reine Angelegenheit für das Engineering, sondern ist eine Business Plattform. Sie soll jeder Teilorganisation in einem Anwenderunternehmen Software-Lösungen an die Hand geben, die es erlauben Kundenerlebnisse bereits in der digitalen Phase zu ermöglichen.

Mit einer einheitlichen einfach zu bedienenden Oberfläche treibt sie Branchenlösungen voran, die auf 3D-Konstruktion, Analyse, Simulation und Intelligence Software basieren.

Der leichten Nutzung steht aber ein sehr umfangreiches Tool gegenüber, welches wohl am besten in ein Cloud betrieben werden kann.

Über Details wird der CAD.de/NL in seiner Ausgabe 7 ausführlich berichten.

Hinzugefügt werden kann noch, dass der Landmaschinenhersteller Claas die Plattform nun gerade weltweit an allen Standorten eingeführt hat, allerdings in einer Catia-Umgebung.

www.3DS.com

WSCAD mit vielen Neuerungen auf der Messe

Die WSCAD GmbH mit Sitz in Bergkirchen bei München erweitert die Zusammenarbeit mit dem Technologie- und Automatisierungskonzern Siemens. Der international tätige Konzern ist bereits mit mehreren Zehntausend Symbolen und Artikeldaten in der weltweit mächtigsten ECAD-Datenbibliothek, wscaduniverse.com, vertreten. Jetzt öffnet WSCAD Anwendern den Zugriff auf die TIA-Welt (Total Integrated Automation) von Siemens. Die neu von WSCAD entwickelte Schnittstelle verbindet die CAD-Plattform WSCAD SUITE X mit dem TIA Portal und dem Planungswerkzeug TIA Selection Tool. Der bidirektionale Datenaustausch beschleunigt gemeinsame Engineering-Projekte und erhöht die Planungsqualität für Maschinen, Anlagen und die Gebäudeautomation.


WSCAD zeigte sein komplettes Programm, inklusive der neuen Software Suite X.

Passend zum Leitthema der Hannover Messe "Integrated Industry - Industrial Intelligence" zeigte der ECAD-Spezialist die neue Schnittstelle auf der Hannover Messe. Dort erfuhren Besucher wie der große Techniktrend Digitalisierung dem Bereich Electrical Engineering neue Anwendungsfelder mit enormem Einsparpotenzial und kürzeren Entwicklungszeiten erschließt. Ebenfalls zu sehen waren alle Neuheiten rund um die WSCAD SUITE X. Die E-CAD Plattform ist maßgeschneidert für die durchgängig digitale elektrotechnische Entwicklung und Konstruktion in sechs Engineering Disziplinen.

www.wscad.com

Autodesk und JPL kooperieren bei dem Bau eines Raumfahrt-Landers

Um die Herausforderungen an einen Raumfahrt-Lander - also eine Art Fahrzeug auf Erkundung von Planeten - gerecht zu werden, haben Autodesk und das Jet Propulsion Laboratory der NASA ein gemeinsames Forschungsprojekt gestartet: Mithilfe von Generativem Design konnten sie die Masse der äußeren Struktur des Landers um 35 Prozent reduzieren. In der Vergangenheit hatte die NASA rollende Fahrzeuge eingesetzt, der Entwurf des laufenden Landers fußt auf vier Beinen ist eine der kompliziertesten Konstruktionen, die jemals mit Generativem Design erstellt wurde.


Ein Weltraumlander neuer Bauart, nämlich mit vier Beinen,
war bei Autodesk zu besichtigen.
Er entstand mit Hilfe des generativen Designs, welches Autodesk anbietet.


Wissenschaftler gehen nun davon aus, dass die wahrscheinlichsten Orte, an denen in unserem Sonnensystem Lebenszeichen gefunden werden können, auf den Monden von Saturn und Jupiter liegen. Diese Gasriesen liegen jedoch viel weiter entfernt als der 56 Millionen Kilometer entfernte, vergleichsweise nahe, Mars.

Einen Raumfahrt-Lander in diese entfernten Gebiete zu bringen, stellt daher eine weitaus größere Herausforderung dar: Um eine so weite Reise zu überstehen, muss ein Raumfahrt-Lander komplizierte Betriebsfunktionen bei Temperaturen weit unter null Grad Celsius erfüllen und den Strahlungen standhalten, die tausende Male größer sind als auf der Erde. Zusätzlich muss er genügend Treibstoff an Bord haben. Gleichzeitig ist in der Weltraumforschung das Gewicht beim Start einer der wichtigsten Faktoren. Jedes reduzierte Kilogramm Masse ermöglicht mehr Raum für Sensoren und Instrumente, die nach Leben jenseits der Erde suchen können.

Das erste Ergebnis dieser Bemühungen war auf der Hannover Messe 2019 zu sehen.

www.autodesk.com

- Karl Obermann -
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