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Thema: Zeichnungskontrolle (3390 mal gelesen)
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Ex-Mitglied
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erstellt am: 22. Sep. 2016 09:58 <-- editieren / zitieren -->
Hallo liebe Kollegen ich habe Fragen zum Thema Zeichnungskontrolle/-Prüfung. - Wird in eurer Fa./Büro noch sowas gemacht oder geht es gleich an die Maschine? - wenn nein: wäre es von Vorteil, wenn es gemacht würde? - wenn ja: wie sind die Erfahrungen: weniger "Schrott", weniger Rückfrage aus Fertigung, Montage. - wenn ja: welche Zeit beansprucht es? (im Vergleich zur eigentlichen Erstellung z.B.) Diese Thema wurde sicherlich vor einiger Zeit schon angeschnitten. Aber die Ansichten und Vorgehensweisen ändern sich. Ich selbst habe in den letzten Jahren bemerkt, dass eine Kontrolle immer seltener stattfindet. Zu den Auswirkungen kann ich nichts sagen. Nur gingen zu meiner "Anfängerphase" weder meine (war sicherlich auch gut so) noch die meiner Kollegen mit BE Zeichnungen ungeprüft aus dem KoBü. Danke im voraus für eure Meinung dazu. |
Ex-Mitglied
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erstellt am: 22. Sep. 2016 10:32 <-- editieren / zitieren -->
Das Feld "geprüft" ist eher als eine Tradition und stammt vermutlich aus Bismarcks Zeiten. Sie soll den Ersteller zum ordentlichen Arbeiten ermahnen. Bei uns in der Firma steht bereits fertig vorausgefüllt der Name vom Abteilungsleiter drin, obwohl der mit Zeichnungswesen nichts am Hut hat. Zeichnungen und ihre Bemaßungen haben in der Fertigung nicht mehr das Gewicht wie sie es einmal hatten. Dagegen rechtlich sind Zeichnungen im Streitfall ein wichtiges Dokument.
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murphy2 Ehrenmitglied -
    
 Beiträge: 1726 Registriert: 30.07.2002 C 64 Amiga 1000 mit 8.5 MB RAM und Seagate ST225 RLL formatiert
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erstellt am: 22. Sep. 2016 10:41 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:         
Bei uns wird es noch gemacht, aber mehr nur das Schriftfeld und das Material, also mehr die organisatorisch wichtigen Dinge, da die nachfolgenden Bereiche wie Einkauf usw. "blind" arbeiten. Maße in der Zeichnung: Zeichnungsableitung wird maßlich nur in Ausnahmefälle geprüft (Also Form&Lage, Passungen, Aussenmaße, ggf. Gewichte). Hier werden nur wenige Fehler gefunden, weil der Prüfer oftmals kein Maschinenbauer ist, es rutscht also viel durch, die wirkliche Prüfung macht daher der Mitarbeiter an der Maschine, der aber konzeptionelle Fehler nicht erkennen kann. Im Regelfall wird die gesamte Baugruppe in 3d im CAD nochmal zusammengebaut, hier werden die meisten Fehler gefunden. Rückfragen aus der Fertigung kommen wenige, mehr von der QS. Wir liefern für die CAM-Programmierer ein 3d-Modell mit, obwohl hier Automatismen und Hausnormen etabliert sind, kommt es in seltenen Fällen (<0.1%) zu Inkonsistenzen, die sich zumeist aber noch retten lassen. Es brachte viel mehr, auf konsistente 3d-Modelle zu achten und auf CAM umzustellen (sonst vielfach: Zahlendreher, Fehlinterpretationen). Die geringste Fehlerrate ergab die durchgängige CAM-Arbeitsweise, die ich zuhause mache. Hier ist wegen der selbst zu tragenden Kosten auch eine gewisse Motivation zur Fehlerarmut gegeben, hier analysiere ich mir jeden Fehler, wo und wie er entstanden ist. Ein Fehler auf der Zeichnung wird spätestens in der QS gefunden, ein Fehler im Zusammenbau erst bei der Montage und ein Fehler im Konezpt ganz zuletzt. Je fataler ein Fehler, umso später wird er gefunden. Gründliche Prüfung aller Maße nebst Abhaken kostet 1:1 an Zeit wie die Erstellung (hab ich an mir gemessen, kann bei anderen anders sein). ------------------ - Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
Leo Laimer Ehrenmitglied V.I.P. h.c. CAD-Dienstleister

 Beiträge: 26068 Registriert: 24.11.2002 IV bis 2019
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erstellt am: 22. Sep. 2016 21:12 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:         
Wir haben geradezu einen Kult rund um die Zeichnungsprüfung entwickelt. Es geht keine Zeichnung aus dem Büro die nicht von jemand Anderem als dem Ersteller geprüft wurde. Ich habe meine Kollegen stets auf "misstrauisches", ja geradezu "böswilliges" Prüfen getrimmt. Mit der Zeit entwickelt man einen 6. Sinn für die typischen Fehler die allgemein gemacht werden, und auch für die spezifischen persönlichen Fehler jedes Einzelnen. Allerdings muss ich zugeben, dass wir wirkliche Fehlerfreiheit nie erreicht haben. Die häufigsten Fehler die wir so gefunden haben: - Fehlende Maße - Fehlende sonstige Angaben - Alles was manuell irgendwo reingeschrieben wird (im Fall von IV: iProperties, Abmessungen, insbes. Zuschnittlängen) - Fehlende Zeichnungsdarstellung (z.B. eines versteckten Features) Am gefährlichsten sind immer die manuell reingeschriebenen Sachen. Die meisten schauen glaubwürdig aus, drum kommt kein Verdacht auf. Aber z.B. bei der Typenbezeichnung eines Zukaufteiles kann ein einzelner falscher/fehlender Buchstabe fatale Folgen haben. Im Zusammenhang mit Fehlern sind "Änderungen in letzter Minute" am gefährlichsten - in der Folge vergisst man schnell wo überall (auf welchen Zeichnungen) die Auswirkungen der Änderung relevant sind. Natürlich gibt es einen guten Grund warum wir so pingelig mit unseren Zeichnungen sind: Als CAD-Dienstleister haben wir auf den weiteren Weg der Zeichnungen keinerlei Einfluss mehr (und kennen ihn auch meist nicht), sobald sie das Büro verlassen haben. Meist gibt es auf Kundenseite auch keine Instanz die irgendwas prüft oder querverfolgt. Etwaige Fehler tauchen meist erst bei Montage auf, wenn schon Kosten entstanden sind. ------------------ mfg - Leo Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
Hektor14 Mitglied Konstrukteur

 Beiträge: 77 Registriert: 17.04.2007
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erstellt am: 23. Sep. 2016 07:08 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:         
Hallo, das ist ein schönes Thema, mittlerweile ist es bei uns so das kaum ein Projektverantwortlicher die Zeichnungen prüft. Bei uns werden nur Schweißbaugruppen geprüft und mit Unterschrift raus gegeben was uns schon viel Geld gespart hat da hier gerade bei Schweißnahtangaben viel unwissenheit existiert. Ich selbst kontrolliere jede Zecihnung bei meinen Projekten gerade bei den Jungkonstrukteuren, denn woher sollen die wissen welche Tolerenazen wichtig sind und ganz wichtig wo man den Maßursprung setzt. Oft fallen Fehler oder Tolerenzabweichungen erst bei der Montage auf und das wird teuer vom Zeitplan (Überstunden der Monteure) her und von den Fertigungs-/Nacharbeitskosten. Leider kann ich das nicht in Zahlen fassen.
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muellc Ehrenmitglied V.I.P. h.c. ICT Specialist

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erstellt am: 24. Sep. 2016 17:24 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:         
Bei uns geht keine Zeichnung ungeprüft in die Fertigung. Wir fertigen so gut wie kein Einzelteil selber, da werden Fehler schnell teuer. Für die Zeichnungsprüfen haben wir einen Kollegen der dies Vollzeit mach und mehrere die unterstützen / vertreten können wenn Bedarf da ist. Bei 16 Konstrukteuren im Büro kommt da schon mal einiges zusammen. Häufigste Fehler: fehlende Maße, fehlende Oberflächenbehandlung auf der Zeichnung, fehlende Toleranzen, fehlende Positionsnummern. In unserem Fall auch: fehlende Stückliste im Verwaltungssystem am Artikel. Grundsätzlich hat sich die Fehlerquote seit der Einführung stark reduziert aber vor allem die wirklich teuren Fehler fallen meist schon vor der Bestellung auf und können korrigiert werden.
------------------ Gruß, Gandhi Kampfkunst Siegen Outdoor Training Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
ThoMay Ehrenmitglied V.I.P. h.c. Konstrukteur

 Beiträge: 5247 Registriert: 15.04.2007 SWX 2019 Windows 10 x64
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erstellt am: 26. Sep. 2016 06:33 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:         
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Leo Laimer Ehrenmitglied V.I.P. h.c. CAD-Dienstleister

 Beiträge: 26068 Registriert: 24.11.2002 IV bis 2019
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erstellt am: 26. Sep. 2016 08:27 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:         
Die Konstruktion an sich, und die Modelle im Detail, zu kontrollieren ist natürlich noch wichtiger und machen wir ebenso, allerdings laufend und quasi konstruktionsbegleitend. ------------------ mfg - Leo Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
muellc Ehrenmitglied V.I.P. h.c. ICT Specialist

 Beiträge: 3501 Registriert: 30.11.2006 Inventor 2017.4.12 64 bit Windows 10 Enterprise 64 bit 3DEXPERIENCE R2016x -------------------- HP Z-Book 15 G4 32 Gig Ram NVIDIA Quadro M2200 2x HP E243i
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erstellt am: 26. Sep. 2016 09:00 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:         
Durch das Freigabesystem im PSP kann eine Zeichnung bei uns erst den Status "geprüft" erreichen, wenn das dazugehörige Bauteil / Die Baugruppe bereits den Status "geprüft" hat. Daher nehmen sich unsere Prüfer auch Bauteile und Baugruppen vor. Wir haben dafür eine Liste mit Prüfkriterien für uns erstellt, in die auch alle Konstrukteure Einblick haben. ------------------ Gruß, Gandhi Kampfkunst Siegen Outdoor Training Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
Ing. Gollum Mitglied Sondermaschinenbau
   
 Beiträge: 1064 Registriert: 11.03.2005 Win7 64-Bit SWX 2013 Ansys 13 Labview 2012
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erstellt am: 26. Sep. 2016 15:26 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:         
Bei uns wird, je nach dem ob anwendbar, folgendes überprüft: - Stimmt die Konstruktion mit der Bestellung/Spezifikation/Normen/Richtlinien/Stand der Technik allg/Stand der Technik Firmenintern überein? - Bei Neukonstruktionen folgt auch noch eine FMEA, Berechnungen werden überprüft, etc.pp. - Prüfung am Modell... Wurde alles so umgesetzt wie Spezifkation, RiBue, FMEA und Berechnungen ergeben haben? Kann man das überhaupt Fertigen? Montieren? Trasnportieren? Betreiben? Warten? Entsorgen? Passen die Lochbilder? - Prüfung der Stücklisten... Sind die Kenner für Zukauf- und Fertigungsteile, Ersatzteile, Halbzeuge, etc. richt gesetzt? - Zeichnungsprüfung... Wird immer gemacht... Es werden Fehler vermieden, Wissenstransfer unter der Kollegen. 0-Fehler haben wir trotzdem nicht... Aber wir finden die Ursachen recht flott und können diese auch abstellen. Wieviel wir dadurch sparen... Keine Ahnung... Der Anteil an Nacharbeiten in der Werkstatt und Reklamationen wegen fehlerhafter Zeichnungen und Konstruktionen aus dem technische Büro ist jedenfalls im Promillebereich. Das ist schon relativ gut. Es kostet auf jeden Fall Zeit... Tlw. genau so lang wie die Konstruktion bzw. Zeichnungserstellung selbst. ------------------
Es gibt keinen Feierabend... und dann ist die Aufgabe doch einfach, dass man so herangeht, dass man das schafft und dann kann man das auch schaffen und ich hab überhaupt keinen Zweifel. Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
Ex-Mitglied
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erstellt am: 27. Sep. 2016 09:31 <-- editieren / zitieren -->
Schon mal danke für die informativen Beiträge. Was ich bisher so raus gelesen habe, ist der Begriff Zeichnungskontrolle eventl. nicht ganz zutreffend. Vielleicht ist Konstruktionsprüfung/-kontrolle angebrachter? Denn da wäre auch die Prüfung/Kontrolle des 3D-Modelles eingeschlossen. |
Hektor14 Mitglied Konstrukteur

 Beiträge: 77 Registriert: 17.04.2007
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erstellt am: 28. Sep. 2016 08:41 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:         
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Ex-Mitglied
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erstellt am: 28. Sep. 2016 08:55 <-- editieren / zitieren -->
Absolut richtig. Ich kenne das Verfahren ja noch aus Brettzeiten. Da gehörte der Abgleich der Einzelteile mit der Baugruppe und der Stückliste immer dazu. Auch eine Vollzähligkeitskontrolle war wichtig. Schnell konnte ein Einzelteil bei komplexeren Baugruppen vergessen werden. In diesem Zusammenhang: es gab in einem Ing.-Büro sogar eine Checkliste. [Diese Nachricht wurde von radloser am 28. Sep. 2016 editiert.] |