Hallo Cad-Gemeinde!
Mich beschäftigt zur Zeit wieder einmal das Thema:
Wie kann man Daten über viele Jahrzehnte sichern bzw. erhalten?
Dabei meine ich nicht den Themenbereich "Datenträger", das ist ein ganz eigenes Thema.
Daß Daten auf CDs, DVDs, USB-Sticks und sogar Festplatten nicht mehrere Jahrzehnte überdauern,
und somit ständig erneuert werden müssen, ist wohl allgemein bekannt.
Auch die Frage des Datenformates meine ich nur indirekt. Datenformate und Software, mit der ich aktuelle und
ältere Formate noch lesen kann, sind ständig einer Weiterentwicklung unterworfen. Wenn man Pech hat sind
20 Jahre alte Daten vielleicht noch auf dem Datenträger lesbar, aber nicht mehr verwendbar...
Da ich öfters mit sehr alten Unterlagen zu tun habe (teilweise über 100 Jahre alt) macht sich in mir immer mehr
die Frage breit: wie können heutzutage erstellte Unterlagen der Nachwelt am besten erhalten bleiben?
Bis vor etwa 30 Jahren wurde mangels digitaler Technik alles auf Papier festgehalten, mehr oder weniger haltbar
und genau. Ich habe gut erhaltene alte Pläne / Zeichnungen von 1895, die sehen aus, als wären sie vor ein paar
Jahren gezeichnet worden!! Meist auf Karton oder Transparent mit Bleistift oder Tusche gezeichnet.
Und ich habe schlecht erhaltene Papier-Ausdrucke (Lagepläne) von früheren CAD-Systemen aus dem Jahr 1995.
Digitale Daten dazu gibt es nicht mehr, will man also den Plan nutzen heißt es scannen bzw. digitalisieren usw.
Krass dieser Unterschied von Unterlagen, deren Entstehung 100 Jahre auseinanderliegen...!
Wie kann man dies nun ändern bzw. verbessern?
Die Praxis heute sieht doch meistens so aus:
Nach Abschluss von Baumaßnahmen werden Bestandspläne angefertigt. Diese gehen in Papierform sowie
in digitaler Form (meist unabhängiges DXF-Format) an den Bauherren.
Optimalerweise werden die digitalen Daten eingepflegt und softwaremäßig "mitgeschleppt", d.h. bei jeder
Software- oder Formatänderung aktualisiert. Doch oft sieht es doch so aus, dass Bestandspläne zusammen
mit den digitalen Daten auf CD / DVD nach ein paar Jahren in den Archiven verschwinden...
Will nach 20-30 Jahren jemand die Unterlagen verwenden, sind die digitalen Daten meist nicht mehr lesbar. Bleiben noch
die Papierpläne - also heißt es wieder scannen bzw. digitalisieren usw. Die ganze schöne Genauigkeit und weitere
Vorteile, die bei der Erstellung vorhanden waren, sind somit für immer verloren.. (z.B. bei Lageplänen mit Maßstäben
von 1:1000 oder größer).
Wie könnte man das nun ändern? Ich habe mir einige Gedanken dazu gemacht, und möchte diese anhand eines
konkreten Beispiels erläutern:
Eine wichtige Versorgungsleitung wurde auf mehreren Kilometern neu erdverlegt. Teilweise durch Wohnbebauung, teilweise in
unbebauten und unwegsamen Gelände. Vor der Verfüllung wurde die Leitung exakt mit Zentimetergenauigkeit im aktuellen
Landeskoordinatensystem in Lage und Höhe vermessen. Anschließend wurde ein Bestandsplan im Maßstab 1:1000 erstellt und
auf Papier sowie digital übergeben.
Jahrzehnte später sind die digitalen Daten nicht mehr lesbar, man will aber aufgrund geplanter Bebauung in dem Gebiet die
exakte Lage der Leitung nachvollziehen. Bliebe nur der Papierplan mit Genauigkeiten von 1-2 Meter aufgrund des Maßstabes.
Sollen Beschädigungen vermieden werden sind also Such-Schachtungen angesagt...
Um diese durchaus denkbare Situation zu verbessern hier nun meine Vortschläge (was hätte besser gemacht werden können):
1. Papierpläne (Lagepläne) immer mit einem Koordinatenraster versehen. Denn beim Herausmessen aus dem Plan gibt es sonst
in unbebauten Gebieten keinen weiteren Bezug, wie z.B. zu Gebäuden etc. Auch für ein eventuelles Georeferenzieren nach
Scannen usw. ist dies hilfreich und sinnvoll.
2. Zusätzliche Detailauszüge / Pläne mit kleinem Maßstab 1:100 oder besser und Koordinatenraster erstellen - dies erhöht die Genauigkeit.
3. Wichtige Pläne auf alterungsbeständigen Materialien (z.B. Transparentpapier) ausdrucken. (Nichts ist schlimmer als eine schlecht gelagerte
vergilbte 3. Kopie einer Zeichnung, die beim Auseinanderfalten einreisst...)
4. Und nun das Wichtigste: von allen wesentlichen und wichtigen Elementen auf der Zeichnung eine Koordinatenliste der einzelnen Punkte
erstellen und auf alterungsbeständigen Papier ausdrucken !! Und zwar in einer nicht zu kleinen Schriftgröße. Warum?
Möchte ich mir später das Abtippen der Koordinaten ersparen, kann ich das Papier einscannen, über eine Texterkennung laufen lassen und
habe somit die Zahlen digital für alle weiteren Anwendungren. Um hier Fehler zu vermeiden ist deshalb eine gute Lesbarkeit nötig - je größer
also die Schrift, desto besser!
Fazit: Die Daten sind somit reproduzierbar, und man würde mit dieser Methode die ursprüngliche Genauigkeit erhalten (man hat ja nun die
exakten Koordinaten) und zwar auch noch in 100 Jahren...
Nun kann man natürlich dagegenhalten: alles viel zu teuer und zu aufwendig usw.
Nun ja, man muss es ja nicht übertreiben. Gerade bei Leitungsplänen würden ja die Leitungen an sich und einige feste oberirdische Punkte
(z.B. Gebäudeecken) reichen. Die festen Punkte sind als Bezug und Vergleich sinnvoll, sollte z.B. später das verwendete Koordinatensystem
ein anderes sein... Klar lässt sich alles umrechnen und transformieren, aber ein fester Punkt als Vergleich ist Gold wert...
Und gerade mit den heutigen CAD-Systemen ist es eigentlich kein großer Aufwand mehr, Koordinatenlisten von Objekten zu erstellen und
auszugeben. Von daher würde sich der Aufwand in Grenzen halten.
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Konkret bin ich auf die ganze Sache gekommen, weil wir den Verlauf einer 40 Jahre alten sehr tief verlegten Stahlwasserleitung nachvollziehen mussten.
Es gab zwar Bestandspläne, aber ohne jeglichen Lagebezug, bzw. Bezug auf nicht mehr auffindbare Punkte. Und die im Plan eingetragenen Gebäude,
welche hätten evtl. als Bezug dienen können, gab es allesamt nicht mehr (altes Industriegebiet).
Zum Schluss haben wir die Leitung aufwendig orten lassen...
Was sind eure Gedanken zu diesen Thema, was würdet ihr vorschlagen? Wie sind eure Erfahrungen?
Viele Grüße!
Matthias
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