Liebe CAD-Gemeinde,
dann will ich mal von meinen Erfahrungen mit Plant3D berichten. Vorab, der Kauf erfolgte zu früh.
Vom Aufbau grundsätzlich gibt es schon den einen oder anderen guten Gedanken. Allerdings ist sie noch meilenweit von einer Software entfernt, die dem Anlagenbau entstammt. Es ist deutlich, daß diese Software von mehr oder weniger motivierten Programmierern erstellt wurde, die noch nie ein Rohr in der Hand hatten oder noch nie im inneren einer Ausrüstung standen. Abgesehen davon hatten sie wahrscheinlich auch noch nie eine Baustelle gesehen und damit auch keine Ahnung, was dort wirklich abgeht.
Aber mal weg von Polemik, fangen wir beim Stahlbaumodul an. Das ist noch das Beste am ganzen System und entstammt aus einer anderen Schmiede (wer es sieht, bei dem klingelt es im Ohr). Allerdings ist dieses Modul gut integriert und auch mehr oder weniger intuitiv handhabbar. Profile stehen ausreichend zur Verfügung und die Funktionen sind übersichtlich. Ein Störkantenmodell kann somit zügig auch von einer gering geschulten Kraft erstellt und aktuell gehalten werden. Details sind im Anlagenbau (Planungsphase) nicht erforderlich; die Details werden in der Konstruktion ausgearbeitet und dafür gibt es wirklich gute Software.
Das Modul für Equipment enthält die allgemeinen Ausrüstungen. Es können eigene Ausrüstungen erstellt werden, aber da wird es schon schwierig. Da sollte man(n) schon 2x hinsehen oder bei etwas komplexeren Ausrüstungen (wie in unserem Fall) gleich Zwischenlösungen bevorzugen. Es ist nicht möglich, einen Standardbehälter mit nach innen gewölbtem Deckel oder gar „unförmigen Boden“ (bei uns in dieser Form: Wand |\ / Mittelachse \ / | Wand ; also mit runder Ablaufrinne mittig, in der diverse Stutzen incl. der zugehörigen Spülstutzen eingebracht sind) zu erstellen. Da gibt es noch Nachholebedarf, da eine Anlage (und als Anlagenbausoftware verstehe ich Plant3D) nicht nur aus horizontalen Kondensatschweinchen besteht.
Nun zum Modul Piping, auch dort gibt es schon viel schönes und den einen oder anderen guten Gedanken. Dieser gute Gedanke kostet erst einmal neue Grafikkarten (zumindest bei uns), da (nicht mein Zitat …) es für die Programmierer scheinbar die goldene Kuh ist, bunte Bildchen zu erzeugen. Uns würde ein Drahtgitter reichen, aber das funktioniert nicht immer. Der Hintergedanke, alles im gerenderten Modus zu bearbeiten, ist eben nur bedingt sinnvoll. Die Baustelle dankt einem gaaaanz selten bunte Bildchen – damit wurde noch nie eine Anlage zusammengebaut. Das Handling beim Piping ist gewöhnungsbedürftig, aber es gibt schlimmeres auf dieser Welt und ISOGEN ist nun mal ISOGEN - wer es einmal hatte, kommt schon klar. Und damit kommen wir zum definitiv schlimmsten Schwachpunkt, den Plant3D hat: verwendbare Zeichnungen und Stücklisten.
Die Erstellung von Layouts ist zwar an- aber nicht zuende gedacht. Es gibt schon Situationen, daß zu einem Detail zusätzlich eine 3D-Ansicht erstellt wird. Diese muß man sich dann selber basteln. Die Ansichtsfenster werden über einen „Kasten“ erzeugt, bei dem über die Koordinaten die entsprechenden Schnittebenen festgelegt werden können. Ist der Gedanke, daß dieser „Kasten“ (grundsätzliche Idee nicht schlecht) vielleicht irgendwie in eine praktikable Ansicht gedreht (also nicht unbedingt orthogonal) werden könnte, so abwegig? Aber die Rubrik heißt ja auch „Orthogonale Zeichnungen“ und nicht „sinnvolle Zeichnungen“. Die Beschriftung von Rohrleitungen erfolgt immer in Richtung der Rohre. Toll, super programmiert – damit wir dann ein Makro erstellen, um die Texte wieder grundsätzlich horizontal (am Rande der Ansicht) anzuordnen? Und die zugehörigen Führungslinien? Haben sich die Leutchen bei AutoDESK schon einmal Pläne angesehen, nach denen gebaut wird? Es sieht nicht danach aus. Außerdem besteht viel händische Arbeit darin, daß System auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Vielleicht ist aber auch der Gedanke so gesponnen, daß nun ein Heer von Praktikern kleine Anpassungen dafür zu programmieren haben. Der Gedanke ist super gelungen. Wenn nun aber die Layoutierung halbwegs gelungen ist, kommt der Moment der Wahrheit:
Material? Was brauche ich denn, um diese oder jene Anlage zu bauen? Und genau jetzt beginnen die grauen Haare büschelweise zu wachsen und gleich wieder auszufallen. Der Programmierer, der mit diesem Programmteil betraut war, war sein Geld nicht wert oder hat keines bekommen. Es können zwar Materiallisten erzeugt, diese aber kaum sinnvoll verwendet werden.
Grundsätzlich: Mich (und auch jeden anderen, der mit einer solchen Software arbeiten darf/muß) interessiert nicht jeder einzelne 25er Stutzen. Aber wie viele es sind, wäre durchaus praktisch zu wissen. So etwas nennt man für gewöhnlich Summenliste (für die mitlesenden AutoDESK-Leute noch einmal deutlich: SUMMENLISTE!!!!). Also haltet Euch, die mit dem Gedanken spielen, sich diese Saftware zuzulegen, die kleinen Excelspezis im Büro warm, die werden gebraucht. Ein weiteres Problem besteht darin, daß eine Gesamtliste zwar erzeugt werden kann (und darin wirklich jedes Einzelteil EINZELN enthalten ist – lasst diese Worte vor dem Weiterlesen ein wenig wirken), aber in dieser Liste stehen die Längen der Rohrstücke nicht mit drin. Diese bekommt man nur aus einer separaten Liste, in der NUR die Rohrteile (also nur Rohr!!!) stehen. Es muß also eine Verbindung zwischen diesen beiden Listen hergestellt werden. Das war wohl der einzige Lichtblick des Programmierers, ein eineindeutiges Feld in die Listen zu schreiben. (Der Gedanke, dieses Problem über Access zu lösen, schlummert noch in mir – mal sehen, ob er noch erwacht). Das in den Excellisten bei den Rohrlängen TEXTE, keine ZAHLEN stehen ist die eine Sache, daß diese bis auf die 4 Nachkommastelle angegeben sind, eine andere. Sagen wir es mal positiv, dieses System ist so super, daß damit auch Planungen im Nanobereich möglich sind.
Fazit: Wahrscheinlich ist die nächste Variante besser, aber zZt. müssen wir hier damit leben. Es wäre mir ein Bedürfnis, mit einer kleinen Gruppe der zuständigen Programmierer über eine Baustelle zu schlendern, um zu verdeutlichen, was in der Realität außerhalb ihrer Büros passiert. Ein kleiner Blick über den Tellerrand wäre von Vorteil gewesen, aber wahrscheinlich hat irgendwer diesen armen Schweinen nicht die Zeit dafür gelassen. Bedenkt bei der Aufstellung der Finanzplanung auch zusätzliche Softwarekosten (in Höhe von ca. 30-50% der Gesamtkosten pro Station!), da in den wenigsten Fällen die Planer auch Programmierer sind. Diese Tatsache hat AutoDESK eindrucksvoll bewiesen.
Aber sind wir, die täglich einen Großteil ihrer wertvollen Lebenszeit vor diesen Rechenknechten hocken, nicht Leiden gewohnt? Und nicht jeder von uns (und hier schließe ich mal die Programmierer mit ein) hat das Glück, sein geistiges Kind in der Realität zu sehen. In diesem Sinne – viel Spaß damit.
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lg, der Hausmeister
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