Und nun – die Praxis. Wir haben eine Konstruktion, die bei den Kunden gut ankommt, die hier zum Beispiel:
https://www.youtube.com/watch?v=QdYO5WQxKS0
Damit sie noch besser ankommt, müssen wir maßlich flexibel sein im CAD. Also ein Fall für Mastersteuerdatei und Parametrik.
Bei der Konstruktionskopie benutzen wir eine langjährig bewährte Methodik, die in Luftfahrt und Flugzeugbau schon seit 50 Mio Jahren bewährt ist. Ihr Vorteil - sehr schnell.
Wir haben uns mit dem Kunden geeinigt, der geht wieder und wartet auf die Lieferung. Wir sehen uns nun die Konfigsache anhand eines Teils an – dem Schwungrad.
Zunächst haben wir im CAD das Fertigteil, die Mastersteuerdatei wird uns das Schwungrad für den Kunden passend auslegen. Damit haben wir das Teil, das man später am Motor anbringt.
Das Schwungrad soll gegossen werden, also brauchen wir auch das Rohteil. Bisher wäre das eine abgeleitete Komponente mit Material drauf, das später spanend entfernt wird. Man bräuchte also eine Teilenummer dafür, mit der man das Rad in der Gießerei bestellen kann.
Mit den Konfigs bringen wir Rohteil in der Datei des Fertigteils unter und verpassen ihm dort einen Namen. Vorteil der Sache, das Fertigteil basiert auf den Skizzen des Rohteils und hat Zugriff auf alle seine Daten.
Bevor der Gießer gießen kann, braucht er eine Gußform. Die ist hier zweiteilig, die Trennebene verläuft senkrecht zur Radachse auf halber Kranzbreite. Und diese Form muß später um das Schwindmaß größer sein.
Bei IV wären das mindestens zwei weitere abgeleitete Komponenten, um das Schwindmaß skaliert.
Bei den Konfigs bringen wir dies ebenfalls in der Datei des Fertigteils unter, haben also bisher die Datei namens Schwungrad.ipt. Mit diesen beiden Dateien wird uns später die CNC-Fräse (oder auch der 3d-Drucker) die Gußformen herstellen. Die geben wir dem Gießer. Wo er Speiser und Steiger anbringt, ist seine Entscheidung, das macht er, wenn er die Formen im Formsand einstampft.
Wenn wir 10 Schwungradpaare brauchen, ist es ihm egal, ob er zehnmal dieselbe Form einstampft oder wir ihm zehn Formpaare bringen, letzeres hat den Vorteil, daß er gleich mehrere Formen vorbereiten kann. Und es muß draufstehen, welche Größe es ist, das sollte später auch im Rad eingegossen sein. Nach wenigen Tagen können wir die Räder abholen, die Angüsse hat der Gießer bereits entfernt.
Beim Motor im Video haben die Schwungräder einen Durchmesser von 40cm. Das ist für eine Mechanikerdrehbank oft schon zuviel, auch wenn man die Bettbrücke unter dem Futter herausnehmen kann. Daher benutzt man eine kleine Karusselldrehbank, Tischausführung.
Wir bauen uns also die erste Aufspannung auf der Planscheibe der Maschine auf als iam auf. Wenn wir später die Maße an den Rädern ändern, wird die Parametrik des Rades dafür sorgen, daß dieser Rüstplan in 3d das mitmacht. Hat man Pech, muß man nacharbeiten. Wir verpassen dieser Aufspannung aber gleich eine Konfig, die erste Nummer.
Ärgerlich, die Nabe steht zu weit über, so können wir das Rad nicht in die Maschine legen, wir brauchen kleine Hilfsklötze, die bei der Bearbeitung auch nicht rausfallen sollen. Die machen wir gleich in der Schwungrad.ipt, denn da haben wir die nötige Geometrie und nehmen für diese Konfig den Radkörper dann weg.
Da darf nun das CAM drüber. Auch das kann Modelländerungen mitmachen. Nicht perfekt, aber großteils. Da sollte man beim CAM-Kauf also auch drauf aufpassen, daß es solche Sachen kann, also Modelländerungen mitgehen und Konfigs.
Und in dieser iam haben wir das Schwungrad selbst gleich in zwei Konfigs drin, einmal als Rohteil und einmal als Halbfertigteil, wie es nach diesem Arbeitsgang aus der Maschine kommt. Dieser Zustand wird ebenfalls in der Schwungrad.ipt als Konfig abgebildet. Weil wir in einer Datei sind, geht das sehr flott.
Bis jetzt haben wir also nur die Schwungrad.ipt und die Schwungrad_Dreh.iam. Und die Daten vom CAM.
Im anderen Fall hätten wir jetzt schon einen Haufen abgeleitete Komponenten und zwei iams.
Nun dasselbe auch für die zweite Aufspannung. Wir bleiben in der Schwungrad.ipt und Schwungrad-dreh.iam und fügen nur den nächsten Zwischenstand des Teils ein.
Nun muß noch etwas Fräsgeometrie dran, unter anderem für die Mitnahme- und Runterlaufsicherung. Als Basis haben wir den zweiten Zwischenstand vom Drehen, also die eine Konfig. Jetzt bauen wir eine neue iam fürs Fräsen, notfalls wieder Aufspannhilfsmittel und schließlich darf das CAM.
Damit sind die Räder erst mal fertig, sie müssen aber später noch ausgewuchtet werden. Obwohl der Motor nicht schnell läuft, sollte dynamisch gewuchtet werden.
Insgesamt haben wir im CAD also nur drei Dateien produziert und alles für die Fertigung darin untergebracht.
Ändern sich nun die Abmessungen, weil der nächste Kunde es eben anders will, gehen alle Konfigs mit (alternativ mault das CAD) und auch das CAM kann alles mitziehen, also auch die Gußformen.
Das Ganze geht auch wilder, der Zylinder beispielsweise braucht zum Gießen einen Kern und für die Herstellung des Kerns braucht man einen Kernkasten. Also kann man hier Unterkonfigs bilden.
Wenn wir den Motor nun aufbauen, machen wir uns eine Aufbauanleitung. Hier fügen wir dann nicht den Gabelschlüssel mit der Schlüsselweite 10mm ein, sondern nur den Schlüsselsatz. Je nach Konfig können wir nun Gabelschlüssel, Ringschlüssel gerade oder gewinkelt oder gekröpft wählen. Wir brauchen also nicht 30 oder mehr Einzeldateien vorzuhalten, wir haben nur eine und wenn‘s eine andere Größe braucht, wählt man die aus der Liste.
Ok, bei IV sind es bei IPARTs dann doch mehrere Dateien, bei SWX ist es eine. Das vereinfacht die Orga enorm.
Genauso meine Unterlegleisten für den Maschinenschraubstock, hier habe ich also alle Backentypen schon als Konfigs vorbereitet und auch die Unterlegleisten. Wenn ich also da eine andere Höhe brauche, dann wähle ich die eben aus der Liste und das CAM ändert mir dann auch die Z-Werte, kracht also nicht im Eilgang rein. Das schadet auf Dauer (meist aber beim ersten Mal schon ausreichend) den Spindellagern.
Für den Einkauf würde ich Neutralformat ableiten plus pdf der Zeichnung. Dann wissen die, was sie wo bestellen sollen, welche Daten also z. B. die Gießerei kriegen muß.
Man braucht dann eigentlich nur noch ein Orgasystem, das gleichbleibende Dateinamen abkann. Aber das ist auch kein Hexenwerk, dann hat man wirklich bei jedem Motor eine Schwungrad.ipt und kann die trotzdem auseinanderhalten, welche nun zu welchem Motor gehört.
Das Ganze ist also ein sehr nützliches Werkzeug. So kann ich also in meinen CAD-Daten die CAM-Zusatzgeometrie unterbringen, ohne mich im CAD zu stören und so die Modellassoziativität nutzen.
Und die Stückliste? Nun, ich habe in der ja nur die zwei Schwungrad.ipt drin und die stehen auch in der Stückliste, alles Weitere ist Aufgabe der AV. Die QS muß in mehreren Schritten prüfen, d. h. sie greift sich tatsächlich die Konfig ab, die grade relevant ist.
Vielleicht jetzt ein wenig klarer.
Was davon IV auch kann, werde ich wohl nicht erfahren.
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