Hallo Freunde,
Nachdem ich jenen anderen Thread nicht über die Magenschmerzgrenze hinaus verhunzen möchte, hier ein kurzes per PM angeregtes Draussenschlaf-Tutorial.
Vorausschicken muss ich, dass ich das zwar schon seit vielen Jahrzehnten gelegentlich bis excessiv betreibe, aber eher als private Spinnerei abgetan habe, bis ich mal in einem der köstlichen Bücher von Rüdiger Nehberg das als offizielle Empfehlung gelesen habe: Wenn man mal nicht den grossen Abenteuerurlaub machen kann, warum nicht zumindest mal daheim am Balkon schlafen?
1.) Die Lust dazu
Die muss von innen kommen. Von aussen dazu überredet werden hilft nix, das stosst nur ab.
Auch die zweite Bedeutung von "Lust" ist nicht unwichtig, also zumindest eine Erinnerung an eine Nacht im Schlafsack mit der Freundin, damals, ist sehr förderlich.
2.) Der Zeitpunkt
Ist eigentlich völlig egal, aber es macht Sinn für den Anfang erträgliche Umweltbedingungen auszuwählen (also z.B. Temperaturen zwischen +15° und -5°, kein Sturm oder grobes Unwetter)
3.) Der Ort
Die Wahl der Ortes ist sehr heikel, eigentlich das Entscheidende überhaupt.
Man ist im Schlaf und leicht bekleidet oder nackt sehr verletzlich, und man fühlt das auch.
Man muss sich subjektiv sicher fühlen, und er muss auch objektiv sicher sein.
Es darf über Nacht nix runterfallen, kein (grösseres) Tier soll rumstreichen, kein unliebsamer Mensch eindringen können.
- ebene, waagrechte, glatte Fläche
- Wind- und Sichtschutz auf min. einer, besser zwei Seiten (also eine Ecke)
- Dach ist nicht notwendig, ausser es regnet. Ohne Dach hat man als besonderes goody den Sternenhimmel zum privaten Vergnügen
- Fluchtweg zurechtlegen, falls es zu regnen beginnt, oder man pinkeln muss (das ist Draussen häufiger als Drinnen).
Nochmals beotnt: Sehr wichtig ist das subjektive Gefühl. Wenn man das öfters macht entwickelt man eine richtige Kunst diesbezüglich.
4.) Die Teilnehmer
Am besten gehts alleine. Mehrere Anfänger wecken sich gegenseitig immer wieder auf. Es ist auch viel schwieriger, einen guten Mehrpersonen-Platz zu finden.
5.) Die Ausrüstung
- Isomatte: Ich habe eine 3cm Thermarest, das ist Luxus pur. Auf einer 1cm Schaumstoffmatte zu schlafen braucht schon etwas Übung.
Wenn die Temperaturen deutlich unter Null liegen brauchts Isomatte und Thermarest zusammen.
Für die ersten Versuche kann man auch die Matratze aus dem Bett auf den Balkon schleppen.
Nach einigen Nächten draussen ist die Unterlage bald mal ziemlich egal, wenns nur nicht kalt durchschlägt vom Boden.
- Schlafsack: Kunstfaser für Plusgrade, Daune für Minus. Und jedenfalls Mumienform, damit man den Kopf schön einhüllen kann (das bringt die beste Wärmesteigerung).
Innenschlafsack aus Seide um den Schlafsack weniger oft waschen zu müssen. Unbedingt Seide, Baumwolle rutscht nicht und verwickelt sich unangenehm.
Wenn der Temperaturverlauf für die Nacht nicht sicher OK geht für den verwendeten Schlafsack, lege ich mir eine Decke bereit zum Drüberwerfen.
Kopfpolster nach persönlicher Vorliebe.
- Bekleidung: Möglichst wenig bis nichts.
Wenns z.B. bei einer Wanderung sehr kalt ist und man eine Daunenjacke dabei hat bringts mehr, die Jacke über den Schlafsack zu werfen als sie anzuziehen.
Schuhe/Schlapfen bereitstellen, wenn man raus muss und nicht barfuss im taunassen Gras herumstaksen will.
Wenn man in Reichweite der Wohnung Draussen schläft, die Tagesbekleidung drinnen im Haus lassen. Das klamme Zeugs von Draussen am frühen Morgen anzuziehen schaffen die härtesten Abenteurer kaum.
- Uhrzeit
Ein unvermutetes Problem ist die Uhrzeit. Nur allzuoft wacht man um 4:00 auf und ist so hellwach dass man aufstehen und zur Arbeit gehen will.
Die Uhrzeit anhand des Standes der Sterne abzuschätzen braucht einige Übung, und natürlich freien Blick auf die Sterne.
Also, eine (beleuchtbare) Uhr ist sehr hilfreich.
Weitere Hilfsmittel oder Ausrüstung brauchts nicht. Taschenlampe oder gar Messer ist sinnlos. Biwaksack oder sonstige wasserdichte Zudeck ist eher unangenehm und nur für echte Notfälle sinnvoll.
6.) Goodies
Man wird nach den ersten eher unangenehm bis qualvollen Nächten reich belohnt:
- die geheimen Geräusche der Nacht werden vertraut
- die nächtlich herumstreichenden Tiere lernt man tlw. kennen
- Mond, Sterne, Sternschnuppen
- der Morgenwind wird zum heissersehnten Freund
- Das Vogelkonzert im Morgengrauen (nur Frühling/Sommer)
- Rückenschmerzen, Erkältungen, Schnupfen, Sodbrennen - das alles verschwindet langsam
- man hat völlig gratis und portofrei ein privates, köstliches Vergnügen
7.) Grenzen:
- Regen, starker Sturm (wenns ganz im Freien ist)
- strenge Kälte (meine persönliche Behaglichkeitsgrenze liegt bei ca. -12°C)
- Moskitos, Schnecken
- Lärm und sonstige Unruhe, Streulicht/Strassenlaterne (das ist sehr subjektiv)
Nun, dann viel Spass!
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mfg - Leo
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