Und das ist - tägliche Praxis.
Reinschieben und die STEP mittels Viewer anschauen, das geht, aber fräsen tut sie deswegen noch nicht, da brauchen Sie – wie beim 3d-Drucker auch – einen „Slicer“. Bei der Fräse ist es ein CAM-Programm und gibt es eine größere Preisspanne, im Profibereich sind Sie fünfstellig dabei. Und während der Slicer des 3d-Druckers gern STL nimmt, hat das CAM gern STEP, SAT, IGES oder – wenn möglich – das native CAD-Format.
Hier, so ab Seite 19:
https://www.heidenhain.de/fileadmin/pdf/de/01_Produkte/Prospekte/PR_TNC_Optionen_Zubehoer_ID827222_de.pdf
Beim 3d-Drucker dürfte das kostenlose CURA ein Begriff sein und wenn Sie sich das mal anschauen, finden Sie unzählige Einstellungen. Und je nachdem, was Ihnen am gedruckten Teil nicht zusagt, hat es Vorteile, wenn man weiß, an welchen Parametern zur Umsetzung in die Druckersprache – hier gCode wie bei vielen Fräsen – man drehen kann.
An der Fräse ist es noch eine Ecke wilder, denn hier müssen Sie das Teil passend spannen, dürfen es dabei aber nicht vorübergehend verbiegen, müssen den Nullpunkt mit dem des CAM abgleichen, statt einer Düse (beim FDM-Drucker) haben Sie zahlreiche Werkzeuge, von denen mehr oder weniger viele zum Einsatz kommen, das CAM also wissen muß, um wieviel es „daneben“ fahren muß, damit das Werkzeug die gewünschte Kontur abliefert. Wie beim 3d-Druck auch, gibt es an der Fräse Prozessparameter, innerhalb derer man sich bewegen kann.
Ob man zuletzt die supertolle Genaugkeit auch am Teil hat, hängt wesentlich immer noch vom Bediener und Programmierer ab und nicht zuletzt von der Vorarbeit des Konstrukteurs. Und das ist beim 3d-Drucker kaum anders, man sollte schon wissen, wie man das Teil in den Slicer legt, damit der Drucker hinterher überhaupt eine Chance hat.
Die Toleranzen, die Sie hier im ersten Beitrag nachfragen, sind wohl die Form- und Lagetoleranzen, eine Wissenschaft für sich. Hier können Sie im ersten Anlauf im Tabellenbuch Metall blättern, das hat man an der Maschine auch. Sie können aber auch den Hoischen bemühen, recht viel schlauer sind Sie danach nicht. Oder Sie gehen zu einem Meßtechniker, am besten einen mit 3d-Koordinaten-Meßmaschine, die kennen sich meist auch gut aus. Gruschen im Netz liefert Info. Was Sie brauchen, ist Erfahrung (die Summe aller Bruchlandungen).
Seien Sie sparsam mit diesen Toleranzen. Während der Kollege an der Maschine die vielleicht wie gewünscht interpretieren wird, derjenige, der Ihnen die Rechnung schreibt, der kann sie garantiert interpretieren.
Heute sind 3 Arbeitsweisen Usus, die komplett zeichnungslose Arbeitsweise, wo die Infos im Modell hinterlegt sind. Das geht am besten in kleinen Gruppen oder mit Zulieferern, die man auf das nicht genormte Verfahren „einfahren“ muß. Der Wegfall der Zeichnung bringt Zeitgewinn und reduziert die Fehlerrate (ich mache es seit gut 20 Jahren).
Dann die reduzierte technische Zeichnung. Hier bekommt der Fräser meist eine Neutralformatdatei in 3d, also z. B. STEP und alles, was die nicht rüberbringt, wie Gewindeinfos (Linksgewinde…) oder eben Form- und Lagetoleranzen, die stehen dann da drin. Ebenso Passungen. Diese Zeichnungen werden übersichtlich.
Oder eben die voll bemaßte technische Zeichnung wie anno dazumal, die muß ich im Job machen. Der Lieferant wird im Normalfall nur die sehen und wenn ich Maße vergesse… Bei mir gibt es Teile, die über 7 Blätter im Format A0 gehen. Mit zwei oder drei von denen kann man theoretisch drachenfliegen. Nachteil ist klar, Wichtiges muß man – mit Markerstiften verschiedener Farbrichtungen bewaffnet – erst mal suchen und hervorheben, die Zeichnungserstellung dauert und das Interpretieren danach auch. Aber – es ist normgerecht, die Fehlerrate von allen 3 Methoden die höchste.
Stand der Technik (seit über 15 Jahren…) ist, daß das CAM gleich im CAD läuft und Modelländerungen mitmachen kann, nicht perfekt, aber die Nacharbeit sinkt auf rund 10-20%, wenn überhaupt eine anfällt. Richtig heiß wird das bei der parametrischen Variantenkonstruktion, wo man die Konstruktion für die Variante erst mal kopiert (und alle Dateibezüge mit in die Kopie mitgehen), man in der Kopie die Parameter ändert. Bei einer Dampfmaschine z. B. Bohrung und und Hub oder auch die Zylinderzahl...Das CAD rechnet um, mault ein wenig, was man zu Fuß und nur für die eine Variante ändern muß, daher auch die Kopie. Selbes macht das CAM und noch während der Kunde da ist, kann schon das erste Teil in die Fräse.
Das geht noch weiter, oft braucht man Vorrichtungen, die können im CAD abgeleitet werden und ebenso programmiert werden. Bei der Parameteränderung machen die das mit. Das heisst, die richtige Arbeit nach der Produktkonstruktion in der AV profitiert jetzt auch von der Parametrik.
Setzt aber voraus, daß alle die gleiche CAD-CAM-Kombi nutzen, weil man auf den nativen CAD-Daten arbeitet.
Warum soll man nun auf „Mitte Toleranz“ modellieren? Früher schrieb man hin 50 -0.2 -0.3, das Textformat hier im Forum läßt wohl keine normgerechte Darstellung zu. An der Maschine nun bemühen Sie kurz den Taschenrechner oder rechnen im Kopf, Sie müssen 49.7 bis 49.8 fertigen.
Das CAM und auch der Slicer des 3d-Druckers nun nutzen direkt die modellierte Geometrie und nur die wählt man auch an. Dann rechnet das Prog sich eben an der 50 entlang, Sie würden also ausserhalb der Toleranz fräsen, weil die Kontur ausserhalb liegt. Daher muß der Konstrukteur schon die Kontur passend legen, daß sie nur noch angeklickt oder von einer Automatik gefunden wird. Meist geht man da in die Mitte des Toleranzfeldes, im konkreten Fall also 49.75 und die Toleranz ist dann +-0.05.
Wenn man bei der alten Methode bleibt, muß der CAMler jede Kontur selber passend umsetzen, bei einigen CAMs kann man da durchaus Offsets geben, oft aber nur für den ganzen Flächenzug und nicht einzelne Flächen. Wenn der CAMler also irre nacharbeiten muß, steigt bei ihm die Fehlerrate und sinkt enorm die Effizienz. Stellen Sie sich vor, ein Flächenzug hat 30 Flächen und 17 davon sind im Modell nicht innerhalb des Toleranzfensters…Und das dann bei 20 Bearbeitungsgängen.
Alles, was Freimaß ist, also auf Mitte Toleranz modellieren und alles, was ohne Kunststücke gefräst (oder gedreht) wird.
Was tut man nun bei den „Problemfällen“? Gewinde modelliert man mit dem Bohrdurchmesser des Kernloches. Oder dem theoretischen Kerndurchmesser, je nach dem, was das CAD hergibt, dann muß der CAMler den richtigen Bohrer zuordnen. Bisweilen wird er auch gleich den Gewindezyklus draufsetzen und auch das Ansenken. Dazu muß er aber wissen, was für ein Gewinde es ist, es kann auch ein zweigängiges Links-Feingewinde sein. Passungen wie das berühmte H7 modelliert man auf Nennmaß und markiert solche Sachen mit Farben oder Texturen, wobei man aufpassen sollte, ob das den Umweg über STEP gegebenenfalls mitmacht, also am Ziel auch ankommt.
Elegant ist hier, keine RGB-Farben zu nehmen, sondern Texturen draufzulegen und die dem Lieferanten gesondert zu schicken. Diese wichtige Info hat dann meist ein Plagiator nicht dabei.
Genauso Form- und Lagetoleranzen. Da gibt es eine ganze Reihe eleganter Drehs. So kann es sein, daß auf einer Welle eine bestimmte Zone mit Übermaß gedreht werden muß, weil nachher einsatzgehärtet und geschliffen. Es kann also sinnvoll sein, verschiedene Bearbeitungszustände des Modells zu haben, damit das CAM bei Varianten das korrekt mitmachen kann. Aufpassen hier, daß ggf. PDM und ERP damit noch klarkommen. Lassen Sie sich also von Anfang an ein leistungsfähiges Nummernsystem durch den Kopf gehen und sagen den Programmierern von ERP/PDM, das sei doch im Dampfmaschinenbau seit über 100 Jahren schon Usus. Lassen Sie sich da also nichts von Milchkuh erzählen.
Und noch ein kleiner Tip, lassen Sie Kantenbrüche im Modell weg. Wenn Sie eine Fase 0.1x45Grad brauchen, dann modellieren Sie diese, wenn‘s aber nur ein Kantenbruch ist, dann weglassen, der CAMler muß sonst sehr nahe ranzoomen und aufpassen, die richtige Kontur zu wählen. Das nervt und gibt Fehler.
Geht das nicht so, daß man einfach das Modell „reinschiebt“ und sagt „Fräs das mal“? Ja, das geht auch, das CAM brauchen Sie immer noch. Wenn Sie das CAD-Modell des Fertigteils bekommen, müssen Sie erst festlegen, wie groß das Rohteil sein soll. Damit die Maschine weiß, wo sie anfangen soll und nicht mit vollem Eilgang ins Material crasht. Dann aber definieren Sie das als Arbeitsbereich und nehmen eine passende 3d-Strategie, sagen noch, daß es erst bis auf 0.2mm Aufmaß vorschruppen soll und dann nachfräsen. Aber – der kleinste Werkstückradius bestimmt dann das Werkzeug. Das Programm wird lang und ineffizient. Daher macht man das Grobe vorher gern mit 2 1/2d-Strategieen, die man kurz und effizient gestalten kann mit großen und stabilen Werkzeugen und gegebenenfalls nur relativ spät 3d und fünfachsig.
Und beim Fräsen muß man meist mindestens einmal umspannen. Der 3d-Drucker hat seine Druckplatte, auf der er das Modell aufbaut, das hat man beim Fräsen meist nicht. Mit Pech (wenn Sie meine Teile fertigen müssen), spannen sie auch sechsmal um. Und gerade wenn es nicht rechtwinklig zugeht, spart Fünfachser und CAM schon einiges an Nerven. Für die Nullpunktsuche können Sie einen automatischen Taster nutzen (falls genug Kleingeld vorhanden) oder eben einen manuellen mit Uhranzeige. Der 3d-Drucker macht das Teil normalerweise in einem Rutsch, wobei man bei ungünstiger Kombi von Material und Druckplatte man hinterher das Problem haben kann, wie man das Teil von der Platte abbekommt, ohne beides und die Führungen des Druckers zu ruinieren (Tip: Kaltluftdüse, macht locker -40 Grad aus simpler Druckluft). Löst sich das Teil beim 3d-Drucker dagegen während des Drucks, ist das ärgerlich, bei modernen Fräsen kann ein Teil, das es aus dem Spannmittel zieht, schon mal mit 200 Sachen duch die Gegend fliegen, weswegen man ein Auge drauf hat, daß der Schnittdruck vom Benutzer weg in Richtung Maschine geht. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen.
Und was ich noch gemacht habe für die reine 3d-Arbeitsweise – so manche Norm über den Jordan gehen lassen.
Bei den Fräsen wird es ähnlich gehandhabt wie bei den Druckern, die Software, die das Programm liefert, das der Rechner in der Maschine abarbeitet, wird extern berechnet. Während ein Slicer meist nach ein paar Sekunden fertig ist, können CAMs Stunden rechnen. In die Fräse kommt dann das, was das CAM liefert und wenn das nicht am Stück reinpasst, gibt es den „Nachladebetrieb“, wo die Steuerung sich das Programm in Häppchen holt, meist bei älteren Maschinen zu finden.
Und es kommt auch ein wenig drauf an, wo man arbeitet. Im betrieblichen Kontext hat man oft eine QS-Abteilung, die die Teile dann vollständig oder stichprobenartig nachmisst. Die wollen dann eine Zeichnung, wo eben drinsteht, wie genau ein messbares Maß zu sein hat. Die sind mit rein-3d anfangs verkauft, denn die können lange nicht so schön auf dem 3d-CAD-Modell arbeiten. Hier kann sich aber eine Minimalzeichnung lohnen, wo nur die Maße drinstehen, die zu messen sind. Und der Blick ins ISO-Qualitätshandbuch, sofern man eins hat.
Sicher war die Resonanz auf Ihren ersten Beitrag nicht geeignet, daß es einen vom Hocker haut. Vielleicht haben Ihnen diese Zeilen geholfen. Wenn ich aber nicht weiß, um welche Art von Toleranz es geht, spielt man blinde Kuh. Vielleicht können Sie es in einer ruhigen Minute ja mal konkreter fassen.
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