| | | Warum lösen sich Schrauben?, ein Fachartikel
|
Autor
|
Thema: Nachbehandlung von Schweißnähten (rostfreier Stahl) (25488 mal gelesen)
|
p8guitar Mitglied Dipl.-Ing. Maschinenbau
Beiträge: 149 Registriert: 01.09.2005 Solidworks 2019, Windows 10
|
erstellt am: 19. Feb. 2010 15:49 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:
Es gibt je verschiedene Möglichkeiten, die Anlauffarben nach dem Schweißen von rostfreien Stählen zu entfernen: - Beizen - Strahlen - Bürsten Ist gegen das Bürsten etwas einzuwenden? Ich frage deshalb, weil wir Gehäuse aus 1.4571 geliefert bekommen haben, die nach drei monaten Lagerung draußen auf dem Hof schon erheblichen Rostansatz neben den Schweißnähten zeigen. Bei diesen Gehäusen wurde gebürstet. Eine erste Vermutung war, dass aus Versehen Bürsten aus "rostendem" Stahl verwendet wurden, das wurde aber vom Lieferanten verneint. Vielleicht hilft die Theorie weiter: Wenn ich das richtig verstanden habe, dann sind die Anlauffarben Oxidschichten, die sich durch das Schweißen gebildet haben. Das hat aber nichts mit der Chromverarmung durch Chromkarbidbildung zu tun, oder? Was haben denn dann die Anlauffarben mit der Korrosionbeständigkeit zu tun? Eine Menge Fragen für einen Freitagnachmittag - ich bin aber auch nächste Woche noch für Antworten dankbar... Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
adamsh Mitglied Forschung und Entwicklung
Beiträge: 842 Registriert: 27.05.2006 Halbwegs Systemadministration und -entwurf....
|
erstellt am: 19. Feb. 2010 21:33 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben: Nur für p8guitar
Zitat: Original erstellt von p8guitar: Es gibt je verschiedene Möglichkeiten, die Anlauffarben nach dem Schweißen von rostfreien Stählen zu entfernen: - Beizen - Strahlen - BürstenIst gegen das Bürsten etwas einzuwenden? Ich frage deshalb, weil wir Gehäuse aus 1.4571 geliefert bekommen haben, die nach drei monaten Lagerung draußen auf dem Hof schon erheblichen Rostansatz neben den Schweißnähten zeigen. Bei diesen Gehäusen wurde gebürstet. Eine erste Vermutung war, dass aus Versehen Bürsten aus "rostendem" Stahl verwendet wurden, das wurde aber vom Lieferanten verneint. .....
1) Beizen ist dringend zu bevorzugen. Nur damit bekommst Du Fremdferrite weg. ... und nach dem Beizen wird professionell passiviert. ... und das ist AUCH SEHR wichtig! 2) Rostansatz in der WEZ: Habt Ihr gefragt, ob die Leute vielleicht mit sog. Beizpaste gearbeitet hatten? Die ist (praktisch immer) chloridhaltig... Böse Antworten kurz vor Mitternacht gibt HA
Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
Marco Gödde Mitglied Konstrukteur
Beiträge: 421 Registriert: 04.12.2008
|
erstellt am: 22. Feb. 2010 07:32 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben: Nur für p8guitar
Nichts gegen Deinen Lieferanten. Aber Deine Befürchtung bzgl. der verwendenten Bürsten ist durchaus berechtigt. Selbst wenn Büsten aus rostfreiem Stahl verwendet wurden, kann Dir keiner garantieren, das damit nicht vorher nichtrostfreier Stahl gebürstet wurde. Bei der Bildung von Anlauffarben auf nichtrostendem Stahlwandert Chrom an die Stahloberfläche, da es leichter oxidiert als Eisen. Dadurch entsteht eine chromverarmte Oberflächenschicht, die gegenüber dem Ausgangsmaterial eine geringere Korrosionsbeständigkeit aufweist. Ich rate Dir auch in jedem Fall zum Beizen. EditH hat Dir mal noch ein sehr informatives PDF angehängt. [Diese Nachricht wurde von Marco Gödde am 22. Feb. 2010 editiert.] Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
p8guitar Mitglied Dipl.-Ing. Maschinenbau
Beiträge: 149 Registriert: 01.09.2005 Solidworks 2019, Windows 10
|
erstellt am: 22. Feb. 2010 08:43 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:
Zitat: Original erstellt von adamsh: 1) Beizen ist dringend zu bevorzugen. Nur damit bekommst Du Fremdferrite weg. ... und nach dem Beizen wird professionell passiviert. ... und das ist AUCH SEHR wichtig!2) Rostansatz in der WEZ: Habt Ihr gefragt, ob die Leute vielleicht mit sog. Beizpaste gearbeitet hatten? Die ist (praktisch immer) chloridhaltig... Böse Antworten kurz vor Mitternacht gibt HA
1) Das Passivieren ist wohl der Knackpunkt. Durch das Bürsten bekommt man ja eine sehr rauhe Oberfläche, vielleicht braucht es da länger, bis wieder eine stabile Oxidschicht entsteht? 2) gebeizt wurde gar nicht, auch nicht mit Beizpaste. Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
p8guitar Mitglied Dipl.-Ing. Maschinenbau
Beiträge: 149 Registriert: 01.09.2005 Solidworks 2019, Windows 10
|
erstellt am: 22. Feb. 2010 09:30 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:
Zitat: Original erstellt von Marco Gödde: Nichts gegen Deinen Lieferanten. Aber Deine Befürchtung bzgl. der verwendenten Bürsten ist durchaus berechtigt. Selbst wenn Büsten aus rostfreiem Stahl verwendet wurden, kann Dir keiner garantieren, das damit nicht vorher nichtrostfreier Stahl gebürstet wurde.Bei der Bildung von Anlauffarben auf nichtrostendem Stahlwandert Chrom an die Stahloberfläche, da es leichter oxidiert als Eisen. Dadurch entsteht eine chromverarmte Oberflächenschicht, die gegenüber dem Ausgangsmaterial eine geringere Korrosionsbeständigkeit aufweist. Ich rate Dir auch in jedem Fall zum Beizen. EditH hat Dir mal noch ein sehr informatives PDF angehängt. [Diese Nachricht wurde von Marco Gödde am 22. Feb. 2010 editiert.]
Vielen Dank Marco, das pdf ist wirklich ganz erhellend. Nur die Erklärung "Chrom wandert an die Oberfläche, da es leichter oxidiert als Eisen. Dadurch entsteht eine chromverarmte Oberflächenschicht" klingt widersprüchlich. Die Chromoxidschicht schützt doch das Material, wenn jetzt mehr Chrom oxidiert, dann habe ich doch einen besseren Schutz!? Ich habe woanders gelesen, dass in der Wärmeeinflusszone Chromkarbide entstehen, dadurch fehlt dann Chrom zum oxidieren und somit leidet der Korrosionsschutz.
In dem pdf steht ja auch etwas von einem Fremdrosttest ("Ferroxyltest"), das könnte ganz hilfreich sein! peter
Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
Ex-Mitglied
|
erstellt am: 22. Feb. 2010 10:06 <-- editieren / zitieren -->
Bürsten, auch mit "rostfreien", kann das Beizen nicht ersetzen. Damit werden nur Schweißspritzer usw. grob entfernt. Beizen und anschließendes Spülen ist i.d.R. immer erforderlich. Strahlen, bei Edelstahl mit Glasperlen oder Sand, i.d.R. zum Erzeugen einer gewünschten Oberflächenoptik, auch nur mit nicht "Rost"-kontaminiertem Strahlmittel, nach dem Beizen. Soweit mein Kenntnisstand aus dem Maschinenbau für Lebensmittelmaschinen. Grusz 0-checker |
benji2505 Mitglied Ingenieur
Beiträge: 20 Registriert: 27.12.2009 T.U.S. Technologies, Inc.
|
erstellt am: 07. Mrz. 2010 04:29 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben: Nur für p8guitar
Chromkarbide bilden sich eigentlich nur wenn tatsaechlich auch Kohlenstoff in erhöhter Konzentration in den Stählen existiert. Unter der Annahme, dass zwei gleiche Stähle zusammengeschweisst wurden und auch die Schweisselektrode für die Anwendung geeignet war, kann man das in meinen Augen ausschließen. Chrom schuetzt den Stahl ab einer Konzentration von 12%, um aber lokale Konzentrationsschwankungen auszugleichen, haben die meisten Stähle 18% oder mehr. Auch wenn tatsächlich die Chromkonzentration gesunken wäre, sollte die Anwendung vor dieser Art der Oxidation sicher sein, es gibt jedenfalls genug funktionierende Edelstahl Schweissnähte, die das beweisen. Ich würde davon ausgehen, dass es sich um fremdinduzierte Korrosion handelt, das es dort also Kontakt mit einem normalen rostenden Stahl gegeben hat. Das kann eine Bürste sein, kann aber auch ein Stahlseil oder ein Abstandsstück gewesen sein. In jedem Fall wird man viel Freude daran haben, das wieder los zu werden. ------------------ Jan D. Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
adamsh Mitglied Forschung und Entwicklung
Beiträge: 842 Registriert: 27.05.2006 Halbwegs Systemadministration und -entwurf....
|
erstellt am: 08. Mrz. 2010 08:51 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben: Nur für p8guitar
Zitat: Original erstellt von benji2505: Chromkarbide bilden sich eigentlich nur wenn tatsaechlich auch Kohlenstoff in erhöhter Konzentration in den Stählen existiert. Unter der Annahme, dass zwei gleiche Stähle zusammengeschweisst wurden und auch die Schweisselektrode für die Anwendung geeignet war, kann man das in meinen Augen ausschließen.
1) Sie wissen nicht, ob mit der Elektrode geschweißt worden war. So wie die Naht aussieht, kann es DURCHAUS MIG gewesen sein.
2) Woher wissen Sie, wie sauber gearbeitet worden ist? Nicht stabilisierte rostfreie Stähle müssen weniger als 0,03%, stabilisierte Stähle weniger als 0,05% (in besonderen Fällen weniger als 0,08%) Kohlenstoff enthalten. Bekanntermaßen reichen da ein bisschen Dreck, Öl, Filzstift oder Farbkreide in der Nähe der Schweißnaht, um diese zu ruinieren. Extrem gefährlich ist die Chromverarmung durch Bildung von Chromkarbiden zwischen den einzelnen Kristallen. Diese führt zu der sog. Interkristallinen Korrosion. Diese zerstört sehr schnell den Zusammenhalt des Materials und untergräbt damit dessen Fähigkeit, Belastungen aufzunehmen. Da diese Art der Korrosion lokal auf geometrisch sehr kleinem Geboiet stattfindet, werden dabei auch sehr hohe Stromdichten erreicht. Damit schreitet diese Art der Korrosion relativ schnell fort, und induziert ggf. auch eine makroskopisch sichtbare Lochkorrosion. Solche Schäden können auch durch Beizen nicht beseitigt werden, diese Nähte sind dann neu auszuführen.
Zitat:
Chrom schuetzt den Stahl ab einer Konzentration von 12%, um aber lokale Konzentrationsschwankungen auszugleichen, haben die meisten Stähle 18% oder mehr.
Der nächste Blödsinn. Chrom schützt Stahl durch Passivierung in jeweils einem Medium. Übliche Wirksummen von Chrom sind: >13%, >17%, >27% und exotische, extrem säurebeständige Leg. >35% (extrem problematisch wg. Sigma-Phasenbildung).
Zitat:
Auch wenn tatsächlich die Chromkonzentration gesunken wäre, sollte die Anwendung vor dieser Art der Oxidation sicher sein, es gibt jedenfalls genug funktionierende Edelstahl Schweissnähte, die das beweisen.
Deshalb sind Schweißzusatzwerkstoffe für rostfreie Stähle ggf. überlegiert, allerdings nur im Bereich von ca. 1%-2%, wobei der Abbrand von Chrom sowohl im Lichtbogen der Schweiszelektrode als auch bei WIG und Wolfram-Plasma eher GERING ist. Kritisch kann ein unkontrollierbarer Zu(!)- und Abbrand beim UP-Schweißen werden, falls ungeeignete Pulver (!) eingesetzt werden. Der Einsatz eines Schweißzusatzwerkstoffes mit 18% Chrom statt ca. 13% Chrom kann extrem problematisch werden, da ggf. die Kristallsstruktur im Schweißgut unkontrollierbar ist. Wie hoch ist die Aufmischung, wie hoch ist der Ni-Anteil, wie hoch ist der Ferrit-Anteil? Zitat:
Ich würde davon ausgehen, dass es sich um fremdinduzierte Korrosion handelt, das es dort also Kontakt mit einem normalen rostenden Stahl gegeben hat. Das kann eine Bürste sein, kann aber auch ein Stahlseil oder ein Abstandsstück gewesen sein. In jedem Fall wird man viel Freude daran haben, das wieder los zu werden.
Korrosion durch Fremdferrit mag möglcih sein. Ausgeprägte Korrosion durch Halogenide legen eine andere Erklärung nahe, interkristalline Korrosion gefolgt von lokaler Lochkorrosion. mfg Hans Adams Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
| Anzeige.:
Anzeige: (Infos zum Werbeplatz >>)
|