Hallo Fruzzy,
in Deiner Situation war ich vor ca. 2 Jahren.
Damals hatte ich ca. 5 Jahre ProE-Erfahrung und gerade ISDX zu schätzen gelernt, da bat mich mein Arbeitgeber für einen Kunden UG zu lernen.
Inzwischen arbeite ich beide Systeme auf etwa gleichem Niveau mit dem Schwerpunkt Freiformflächen.
Fazit: Mit beiden Programmen kann man etwa gleiches erreichen, mit UG dauert es in der Regel im Bereich Freiformflächen ca. 20-50% länger: ISDX ist eindeutig das bessere Konzept, ProE rechnet auf gleich schnellen Rechnern in der Regel (gefühlt) schneller und erweckt den Anschein, sauberer programmiert zu sein.
UG kann zum Glück seit kurzem mit der Version NX2 einen akzeptablen Sketcher vorweisen, der in etwa das gleiche Niveau bietet, wie der seit einigen Jahren in ProE vorhandenen Sketcher ist.
Viele UG-Anwender halten es für einen Vorteil, dass man sich in UG Feature zu Feature neu entscheiden, ob man es parametrisch oder unparametrisch anlegt. Das scheint in der Entstehungsgeschichte von UG begründet zu sein: 1976 als unparametrisches 3D-CAD-Programm gestartet, hat man später auf Fortschritte der Konkurrenz reagiert und parametrische Elemente hinzuprogrammiert.
Ich halte das eher für einen gravierenden Nachteil: Mischt man nun parametrische und unparametrische Feature, wird es oft fürchterlich. Insbesondere für andere, die möglicherweise eine Datei weiterbearbeiten wollen/müssen, werden die Dateien teilweise undurchschaubar: Weil die unparametrischen Features nicht im Navigationsfenster (so heißt hier der Modellbaum) aufgeführt werden. Sie existieren quasi in einer "Prallelwelt" neben der Historie.
Einzige Lösung für UG-Anwender: Rausfinden, welche Feature unparametrisch sind und sie niemals benutzen:
- Keine "Primitives" verwenden (Block, Zylinder, Kegel...) sondern (wie in ProE) skizzieren und extrudieren,
- Skizzen nicht über die Funktion "positionieren" positionieren, sondern (wie in ProE) über Bemassung innerhalb des Sketches z.B. zu den Ursprungsebenen,
- keine expliziten Kurven verwenden, sondern (wie in ProE) mit Skizzen arbeiten,
- Datum Planes und Axis in der Variante "Fixed" (gibts in ProE nicht) nur am Anfang verwenden, nie im Verlauf der Konstruktion,
- in Skizzen ist die Bedingung "fixed" (gibts in ProE nicht) tabu.
Für ProE-Anwender dürfte rein parametrisches Arbeiten kein Problem sein. UG-Anwender, zumindest diejenigen, die parametrisches Arbeiten als zu schwierig oder zu umständlich empfinden, weichen leider gerne auf diese unparametrischen Features aus.
Das Layermanagement von UG ist vorsintflutlich (Niveau AutoCAD). Layer 1 - 255, nicht gruppierbar, nicht benennbar, in Baugruppen nur baugruppenübergreifend, nicht teileeinzeln ein-/und ausschaltbar. Wichtig hier: disziplinierte Layerbelegung, insbesondere, wenn die Teile später in eine Baugruppe eingebaut werden. Hilfreich: eine Layerbelegungskonvention.
Gewöhnungsbedürftig: Flächenverschmelzung setzt voraus, dass die Flächen vorher beschnitten wurden. Beim Beschneiden dürfen die Flächen keine Überstände haben. Folge: oft viele viele KE´s bis zum gewünschten Ergebnis.
Nachteilig: Löscht man ein Konstruktionselement, werden alle Kinder mit gelöscht (wird zumindest vorher angekündigt). Die Funktion "Delete <Feature>/Suspend all children" vermisse ich in UG sehr.
Was ich am meisten in UG vermisse: Mapkeys, die mich in ProE richtig schnell machen, gibt es hier nicht.
Noch ein Tip für Umsteiger: Extrudes Revolves oder Sweeps mit geschlossenen Skizzenzügen wandelt UG im Gegensatz zu ProE automatisch in Solids. Will man das nicht: in Preferences/Modeling von Solid auf Surfaces ändern.
UG hat, um gerecht zu sein, auch ein paar kleine Vorteile gegenüber ProE. Die finden sich hauptsächlich in der Bedienung. Da kann sich ProE die ein oder andere Kleinigkeit abgucken (vielleicht fragen die mich ja mal). Beispiel: Im Modellbaum werden beim Anklicken eines Features die Eltern rot und die Kinder blau hervorgehoben. Klasse!
Trotzdem: Viel Erfolg mit UG!
Walter
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