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Dassault Systèmes: CAM integriert in Maschinensimulation



Dassault Systèmes hat seine CAM-Aktivitäten in einen größeren Rahmen gestellt. Eingebettet in die Maschinen- und Anlagensimulation ist die Erzeugung von NC-Programmen nicht mehr ein losgelöstes Ereignis, welches erst in späteren Schritten einer Simulation zugeführt wird, sondern es geschieht integriert. Insofern ist es auch logisch, dass dies nun innerhalb von DELMIA passiert. Über den aktuellen Stand sprach der CAD.de/NL mit Joachim Bauer, dem Director Sales, DELMIA für das Vertriebsgebiet Eurocentral.

CAD.de/NL: Herr Bauer, welche Aufgaben hat DELMIA innerhalb von Dassault Systèmes?
Bauer: Dassault Systèmes hat inzwischen 11 Marken, DELMIA ist eine davon. Wir decken alle Themen ab, welche direkt mit Produktion und Produktionsplanung zu tun haben.

Aber zunächst hat sich Delmia doch nur mit der Digitalen Fabrik beschäftigt, oder?
Das stimmt. Der Kern war und ist die Planung der Produktion und deren Simulation. Simulationsthemen sind z. B. die Roboter-Simulation, die Simulation komplexer Bearbeitungsmaschinen und eben ganzer Bearbeitungsanlagen. Das Kernthema ist in zwei Richtungen gewachsen. Inzwischen deckt Delmia auch die Steuerung der Produktion ab.


Maschinensimulation einer kompletten Bearbeitung.
Zum Fertigen des Werkstückes wird Drehen, Bohren, 2,5-Achsen
bis zur simultanen 5-Achsenbearbeitung auf einem  Drehzentrum eingesetzt.


Der laufenden Produktion?
Ja, der laufenden realen Produktion. Wir decken die Themenbereiche Manufacturing-Operations-Management und Manufacturing-Execution-Management ab. Die Lösung, die dahinter steht, ist im Kern die Technologie von Apriso. Eine Akquisition, die im Jahr 2013 getätigt wurde. Damit lässt sich die strategische Ausrichtung von Dassault Systèmes, durchgängige Lösungen von der Entwicklung über die Planung bis zur Produktion zu bieten, realisieren.
Das zweite, was stattgefunden hat, ist die Erweiterung der Produktpalette in Richtung NC-Programmierung, die ursprünglich im unmittelbaren CATIA-Umfeld angesiedelt war. Es ging klassisch um die Erzeugung von Bearbeitungsprogrammen. Dieses ist inzwischen komplett an DELMIA übertragen worden.

Macht DELMIA dabei nun auch die Entwicklung und nicht nur den Vertrieb?
Ja, so ist es. Die Entwicklungsmannschaft ist jetzt ein Teil der DELMIA-Organisation.

Sind somit alle Entwickler nach Fellbach umgezogen?
Nein, die sitzen nach wie vor noch an ihren Entwicklungsstandorten, verteilt im Gesamtunternehmen.

Arbeiten aber auf einer Plattform?
Ja, alles basiert auf der 3DEXPERIENCE Plattform.

Was ist – im Überblick – der heutige Stand von CATIA-CAM? Ist diese Bezeichnung überhaupt noch aktuell?
Nein, wir führen diesen Begriff nicht mehr. Sachlich gesehen gibt es die CAM-Funktionalitäten noch, sie werden auch weiter entwickelt, aber sie sind Bestandteil einer größeren Lösung.
Es gibt zwei grundlegende Themen, in denen das Thema CAM aufgegangen ist. Das eine ist die Maschinensimulation. Wir machen die klassische Trennung zwischen NC-Programm-Generierung und nachfolgender Simulation nicht mehr.
Der zweite Integrationsschwerpunkt geht in Richtung Prozesse und Datenverwaltung. Nicht nur in der Konstruktion wird heute ein umfassendes Datenmanagement durchgeführt, sondern auch zunehmend auf der Planungs- und Simulationsseite – bis hin zum Tooldata Management.

Das spielt natürlich eine wichtige Rolle...
...ja und das in einer integrierten Umgebung.


Mehrseitenbearbeitung einer Kupplungsglocke, komplette Aufspannung für
eine realistische Maschinensimulation während der NC-Programmierung.


Wenn nun ein Kunde Interesse hat an CAM, nach was muss er fragen?
Alles was damit zusammenhängt ist im Manufacturing zusammengefasst.

Auf der Funktionsebene wird es ja so sein, dass CAD und CAM hier voll integriert sind, ein Kern, eine Benutzeroberfläche.
Selbstverständlich. Es war schon in CATIA V5 so und jetzt auch in der 3DEXPERIENCE Plattform, dass die Anwender in einer Umgebung arbeiten. Das betrifft dann auch die Planung und Maschinensimulation.

Wie positionieren Sie denn das „CAM“ mittlerweile am Markt. Es gibt ja ganz einfache CAM-Systeme und sehr komplexe, wo ordnen Sie sich denn ein?
Von den rein funktionalen Möglichkeiten her ist es ganz klar unser Anspruch, im Highend-Bereich zu sein. Das wird sehr stark durch unsere Kunden getrieben, nicht zuletzt im Aerospace-Bereich. Dort werden komplexe 5Achs-Bearbeitungen verlangt, die wir auch bieten, aber wir bieten auch die „normalen“ Dinge, wie 2,5 D-, 3Achsen- und 4Achsen-Bearbeitungen.

Welche Bearbeitungsarten?
Im Wesentlichen sind es Bohren, Fräsen, Drehen und Dreh-/Fräsen bzw. Fräs-/Drehen. Für spezielle Aufgaben gibt es Partnerlösungen, die wir mit einbinden, etwa für das Erodieren.

Sie sprachen schon kurz das Thema Tooldata-Management an. Kann ich denn dieses auch bis hinunter in die Werkstatt ziehen. Letztendlich gibt es Werkzeugdaten an der Werkzeugmaschine, an dem Werkzeug-Voreinstellgerät, im Werkzeuglager..., eine einheitliche Verwaltung ist sehr sinnvoll.
Wir können ein umfassendes Werkzeugdaten-Management aufbauen, wenn die Kunden das wünschen, wir können aber auch ein eventuell schon vorhandenes System mit einbeziehen.

Im Zweifelsfall würden Sie aber eine komplette CAM-PDM-Lösung für den Kunden selbst aufbauen?
Ja.


Drehen, Bohren und Fräsen in einer Aufspannung auf einem Drehzentrum.
Das Werkstück wird von zwei Spindeln gehalten und mit einen Fräskopf und einem Revolver bearbeitet. 



Wenn wir schon bei Werkzeugen sind. Viele Anwender bauen heute schon ihre Werkzeuge virtuell zusammen, die Systeme geben es auch her – andere machen es weiter in der Werkstatt. Was ist bei Ihnen vorgesehen?
Letztlich ist beides möglich. Aber die Tendenz geht doch klar dahin, die Werkzeuge bereits virtuell aufzubauen. Das ist auch ein wichtiger Punkt für die Weiterentwicklung, die Werkzeuge virtuell zu definieren, komplett mit den technologischen Werten zu versorgen und bereit zu halten. Die ISO 13399 wird von der 3DEXPERIENCE Plattform unterstützt. Die Werkzeugdaten nach ISO 13399 können importiert und zur NC-Programmierung sowie der Maschinensimulation verwendet werden.

Und eigene Werkzeuge zu bauen für Sonderbearbeitungen...
...ist kein Problem, weil ja sämtliche Konstruktionsfunktionen in CATIA vorhanden sind. Zudem gibt es spezielle Masken, die eine schnelle Werkzeuggenerierung erlauben.

Wir sprachen von der simulationsintegrierten NC-Programm-Erstellung. Muss der Anwender dafür eine komplette digitale Maschine haben, oder genügt ein digitaler Arbeitsraum mit Werkstück, Werkzeug und Spannmittel?
Es ist schon möglich, nur den Fräser gegen das Werkzeug auf Kollision zu prüfen – als allereinfachste Möglichkeit. Besser ist es aber, eine komplette digitale Maschine zu haben. Mit den Möglichkeiten von DELMIA ist es auch möglich, diese leicht aufzubauen. Und damit findet während der NC-Programm-Erstellung die komplette Kollisionsprüfung statt. Der NC-Programmierer definiert die Aufspannung und überprüft, bevor er mit der Programmierung beginnt, die Erreichbarkeit.


DELMIA Milling Machining bietet einen kompletten Satz von Strategien zur
Flächenbearbeitung vom Schruppen über das Schlichten bis zur Restmaterialbearbeitung an


Schaut man in die Praxis, findet man Firmen, die für jede Maschine in der Werkstatt ein digitales Modell am Rechner haben und dieses zur Simulation nutzen, andere machen solches nur für die 5Achs -Bearbeitung und wieder andere arbeiten gar nicht damit. Sie nutzen lediglich die Simulation im Arbeitsraum.
Wir decken alle diese Möglichkeiten ab, die Kunden können es sich so einrichten, wie sie es wollen. Natürlich ist die Erstellung eines digitalen Modells ein Aufwand. Andererseits wird dadurch der Aufwand in der Werkstatt, beim Einfahren der Programme, gemindert. Bei komplexen NC-Programmen lohnt sich daher die Sache bald. Und nochmals, dadurch, dass wir Programmerstellung und Simulation gleichzeitig vornehmen, wird gegenüber der separaten späteren Simulation allein schon sehr viel Zeit gespart. Die Erfahrung zeigt, bis zu 70%.

Wenn mit digitalen Maschinen gearbeitet wird, wer macht sie? Machen Sie die für Ihre Kunden, oder müssen die das selbst tun?
Das ist unterschiedlich. Wir machen das, Kunden machen das, oder auch Dienstleistungspartner. Typischerweise liegt das aber in der Verantwortung des Kunden.

Trivial ist es nicht und die meisten Mittelständler werden das Personal nicht dafür haben.
Das sind dann die Fälle, wo Dienstleister zum Zug kommen.

Ebenfalls sehr wichtig sind die Postprozessoren. Machen Sie die für Ihre Kunden?
Nein, die machen wir nicht selbst. Was wir allerdings bereitstellen ist eine Umgebung, die es erlaubt, alle möglichen Postprozessoren anzubinden.

Also ein Postprozessor-Generator. Was dabei herauskommt, passt in der Regel bei niemandem richtig! Also, wenn man es gut machen will, braucht man für jede Werkzeugmaschine einen genau passenden „PP“. Und diesen zu erzeugen können die meisten Anwender kaum selbst.
Ganz so schwierig ist es auch nicht. In der Regel gibt es bereits Postprozessoren für einen Maschinentyp, die nur angepasst werden müssen.

Wie sieht es aus mit Simulation nach dem Postprozessorlauf?
Die Simulation nach dem Postprozessorlauf funktioniert genauso, wie die Simulation vor dem Postprozessorlauf. Es wird ein Controller Emulator benötigt, der die Simulation der Maschinensteuerung abbildet. Hierbei können auch „VNCK“ (Siemens) oder „Virtual TNC“(Heidenhain)eingebunden werden. Genauso wird die Simulation von extern erstellten NC-Programmen unterstützt.

Dann gibt es ja heute fast bei allen Systemen Möglichkeiten zum Hochgeschwindigkeitsschruppen im Gleichlauf. Stichwort Volumill. Haben Sie dergleichen auch anzubieten?
Das machen wir ebenfalls. Volumill ist ein Bestandteil der Lösung. Wir bieten hier auch Spezialanwendungen, z. B. für den Aerospace-Bereich, wo es darum geht, Teile mit vielen Rippen zu erzeugen und daher sehr viel Material, bis zu 90% vom Rohteil, zerspant werden muss. (Bei DELMIA heißt die Lösung Adaptive Concentric Milling. Die Merkmale von Adaptive Concentric Milling sind: Die Fräsoperation startet mit der größtmöglichen Spirale. Der konstante Abstand zwischen den Fräsbahnen wird eingehalten (so weit wie möglich), wobei der maximale Eingriffswinkel berücksichtig wird. Die konzentrischen Pfade werden als Kreisinterpolation (G2, G3) ausgegeben.)

Beim Schlichten gibt es seit rund zwei Jahren etwas Neues, nämlich die Bearbeitung mit Kreissegmentfräsen, wie sie erstmals vom Werkzeughersteller Emuge-Franken herausgebracht wurden. Haben Sie dafür schon Zyklen?
Das können wir heute schon anbieten.


Joachim Bauer, Director Sales DELMIA, für das Vertriebsgebiet Eurocentral.

Dann hätten wir noch den Punkt Zukunftsaspekte...
Ein Zukunftsaspekt ist z. B. der vermehrte Einsatz von Robotern für die Bearbeitung, Fräsen, Bohren, Senken und dann gleich auch Nieten. Dafür gibt es schon Applikationen bei uns, aber das wird sich noch deutlich verbreitern. Unser integrierter Ansatz – wie eingangs geschildert – ebnet uns da den Weg. (Ein neuer Ansatz ist „Reuse Programming“ wobei freigegebene und gefräste NC-Programme mit allen Einstellungen mit Hilfe von DELMIA auf ein neues Werkstück übertragen werden. Das spart Zeit in der NC-Programmierung)
Ein weiterer Punkt ist im Zusammenhang mit der 3DEXPERIENCE Plattform zu sehen. Es geht um die Durchgängigkeit der Daten, von der Konstruktion über die Planung bis zur Produktion. Damit haben wir dann auch die Möglichkeit, Daten aus der laufenden Produktion zurück zu spielen, etwa in die Simulation.

Herr Bauer, vielen Dank für das Gespräch.

www.3DS.com/DELMIA

- Karl Obermann –
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