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Thema: Technische/wahre Spannungen und Dehnungen (13229 mal gelesen)
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KarlKarlsen Mitglied
 Beiträge: 3 Registriert: 16.02.2015
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erstellt am: 16. Feb. 2015 11:52 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:         
Hallo liebe Community, ich bin schon länger „stiller Leser“ hier im Forum. Dafür erst einmal vielen Dank, dass ich viele Fragen so klären konnte. Nun muss ich aber selbst mal eine Frage loswerden. Ich simuliere aktuell das Verformungsverhalten eines hohlen, gummielastischen Bauteils, dass sich unter Druckbeaufschlagung verformt-also demnach resultierende Zugbeanspruchung in jede Raumrichtung. Ich habe uniaxiale Zugversuchsdaten des Elastomers aufgenommen, die Daten habe mit Ansys Workbench gefittet und die Parameter ermittelt. Simuliert habe ich mit COMSOL. Nun stehe ich vor dem Problem technische/wahre Spannung, technische/wahre (logarithmische) Dehnung.Vielleicht habe ich da auch nur einen Denkfehler der mich festfährt. Meine Simulation liefert super Ergebnisse, wenn ich die Materialparameter anhand der technischen Spannungen/Dehnungen ermittle (Realbauteil zur Validierung der Ergebnisse liegt vor - mittlere Abweichung der resultierenden Verformung Simulation/Realversuch ca. 2%). Mit Parametern anhand der errechneten wahren Spannungs/Dehnungswerte ist die Abweichung deutlich größer. Ich möchte nun Anhand der Ergebnisse der Simulation und meiner Zugversuchsdaten eine Aussage treffen, wie groß die Sicherheit gegen „platzen“ des Bauteils ist - zumindest in Näherung. Da komme ich auch schon zu meinem Problem. COMSOL, beziehungsweise allg. FEM-Software liefert doch wahre Spannungen, da sie sich doch auf die aktuelle Querschnittsfläche beziehen. Diese kann ich doch nicht ohne weiteres mit meinen ermittelten technischen Spannungswerten vergleichen? Oder liege ich da völlig falsch? Kann ich ansonsten die Parameter anhand technischer Spannungs/Dehnungswerte ermitteln und die Ergebnisse der Simulation mit errechneten wahren Spannungswerten aus dem Zugversuch vergleichen? Ich arbeite das erste Mal mit derart großen Verformungen, dass mir das Problem mit technischen und wahren Werten vorher noch nicht begegnet ist. So länger ich darüber nachdenke, desto verwirrender finde ich es…. Danke! Beste Grüße aus Bremen! Karl [Diese Nachricht wurde von KarlKarlsen am 16. Feb. 2015 editiert.] [Diese Nachricht wurde von KarlKarlsen am 16. Feb. 2015 editiert.] Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
sergejfährlich Mitglied Student

 Beiträge: 39 Registriert: 20.08.2009
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erstellt am: 16. Feb. 2015 15:23 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:          Nur für KarlKarlsen
Hallo lieber Karl, wenn du es mit einem Elastomer zutun hast (nahezu inkompressibles Verhalten), dann kannst du für den Zugversuch folgende Umrechnungsformeln: epsilon_log = ln(1+epsilon_tech) und sigma_wahr = sigma_tech * (1 + epsilon_tech) verwenden. Der Unterschied zwischen den Dehnungs- und Spannungsmaßen kann sehr groß sein. Ich nehme an, du hast in deinen Experimenten die Zugkraft durch die Ausgangsfläche und die Längenänderung durch die Ausgangslänge geteilt und somit die technischen Werte bestimmt. Mit den obigen Formeln könntest du ein Versagen somit zumindest abschätzen (Achtung: das Vorhersagen des Versagens unter mehrachsigen Spannungszuständen aus einachsigen Spannungszuständen kann auch voll daneben gehen). Viele Grüße Hendrik [Diese Nachricht wurde von sergejfährlich am 16. Feb. 2015 editiert.] Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
KarlKarlsen Mitglied
 Beiträge: 3 Registriert: 16.02.2015
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erstellt am: 16. Feb. 2015 16:19 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:         
Hallo Hendrik, vielen Dank für deine Antwort. die Formeln sind mir bekannt und ja, die Werte sind sehr (sehr sehr...) unterschiedlich. Ich habe mit beiden Varianten simuliert, also einmal die Materialparameter ermittelt aufgrund der technischen Werte (bezogen auf Ausgangsfläche und Ausgangslänge) und einmal die Parameter mit den errechneten wahren Spannungen und Dehnungen ermittelt. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Simulation mit technischen Werten die Realität deutlich besser abbildet. Ist es überhaupt zulässig mit technischen Werten bei großen Verformungen zu rechnen (vorausgesetzt die Ergebnisse sehen gut aus)? Oder kann es sein, dass das Curve Fitting Tool in Ansys WB automatisch davon ausgeht das technische Werten eingegeben werden und sie im Hintergrund in wahre Werte umrechnet? Aussagen dazu konnte ich in der Doku leider nicht finden, aber vorstellen kann ich es mir auch nicht. Ich bin noch immer am überlegen, wie ich den Vergleich der Spannungen mache? Also nehme ich ich die Vergleichsspannungen aus COMSOL und vergleiche sie mit den der Simulation zugrunde liegenden technischen Spannungen und Dehnungen, oder vergleiche ich sie dann mit den errechneten wahren Spannungen und Dehnungen, obwohl das Materialmodell an die technischen Daten angepasst wurde? Vielleicht sollte ich noch dazu sagen, dass es bei meiner Simulation nicht vorrangig um die Aussage geht wann Versagen eintritt. Das das Bauteil hält, ist aus der Praxis bekannt. Sicherheitsrelevant ist es auch nicht. Es geht vorrangig darum das Verformungsverhalten zu analysieren hinsichtlich anderer Geometrieparameter. Sorry für den langen Text, aber sich kurz zu fassen ist nicht meine Stärke . Grüße Karl
[Diese Nachricht wurde von KarlKarlsen am 16. Feb. 2015 editiert.] Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
sergejfährlich Mitglied Student

 Beiträge: 39 Registriert: 20.08.2009
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erstellt am: 18. Feb. 2015 15:58 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:          Nur für KarlKarlsen
Hallo Karl, sorry für die späte Antwort. Zunächst einmal muss ich eine Lanze für "technische" Größen brechen. Im Bereich der nichtlinearen Kontinuumsmechanik existieren mit dem Deformationsgradienten und dem 1. Piola-Kirchhoff-Spannungstensor zwei grundlegende Größen, deren Koeffizienten sich unmittelbar mit den technischen Dehnungen und Spannungen in Zusammenhang bringen lassen. Das bedeutet, dass technische Dehnungen und Spannungen auch im nichtlinearen Bereich für beliebiges Materialverhalten sinvolle Größen darstellen. Alle anderen Größen (wie "wahre" Grössen) lassen sich aus Ihnen eindeutig bestimmen, umgekehrt gilt dies nicht. Für ein Experiment stellen sie sogar häufig die einzigen Größen dar, die man ohne weiteres mit der Simulation vergleichen kann, da man Spannungen und Querkontraktionen im Allgmeinen schwer messen kann (Kräfte, Ausgangslängen usw. hingegen schon). Die Bezeichnungen wahre Spannung (wohinter sich der wichtige Cauchy-Spannungstensor verbirgt) und wahre Dehnung (worunter der schwer zu interpretierende Eulersche Hencky-Tensor verstanden wird) finde ich (vor allem für die Dehnung) irreführend bzw. schlicht falsch. Es gibt im Bereich der nichtlinearen Kontinuumsmechanik unendlich viele Deformationsmaße (und das stimmt so wirklich) und jedem ist ein eigenes Spannungsmaß zugeordnet. Für den Fall infinitesimaler Verformungen fallen alle zusammen. Welche Werte ANSYS WB als Input für ein Fitting braucht, solltest du im ANSYS Forum erfragen, ich kenne mich nur mit Abaqus und etwas Marc aus. Ich vermute, wenn deine Anpassung für die technischen Daten gut passt, dann wird es schon richtig gewesen sein. Für einen Vergleich mit Comsol musst deine experimentellen Daten ("technische" Größen) in die Comsol Größen umrechnen (scheinbar "wahre" Größen, siehe Doku) gemäß der Formeln. Du brauchst nach einer Umrechnung keine Angst haben, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Beides, sowohl "technische" als auch "wahre" Größen, stellen legitime kontinuumsmechanische Größen dar. Sorry für die lange Antwort, Hendrik Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
KarlKarlsen Mitglied
 Beiträge: 3 Registriert: 16.02.2015
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erstellt am: 18. Feb. 2015 17:41 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:         
Moin Hendrik, soweit so klar!!! Vielen Dank, dass du mich auf den Weg gebracht hast. Ich muss sagen, dass ich die logarithmische, "wahre" Dehnung auch sehr irreführend finde. Aber nun ja, das soll nicht das Thema sein. Meine Bedenken waren wirklich hauptsächlich ob ich nicht Äpfel mit Birnen vergleiche, wenn ich mit technischen Werten rechne, aber anschließend mit wahren Werten vergleiche - aber nun ist es mir klar! Ich habe übrigens herausgefunden, dass Ansys WB natürlich einfach die Werte fittet, die man ihm/ihr gibt- eine Unterscheidung zwischen wahr und technisch oder gar eine nachträgliche Umrechnung findet nicht statt. Alles andere hätte mich auch gewundert. Ich fasse mein Vorgehen für die Nachwelt nochmal zusammen - vielleicht hat ja nochmal jemand das gleiche Brett vor dem Kopf wie ich es hatte.
-> Parameter wurden sowohl mit technischen Spannungen und Dehnungen als auch mit errechneten "wahren" Werten ermittelt. -> Vergleich der Simulation zeigt anhand Validierung am Realbauteil bessere Ergebnisse mit Parametern auf Basis technischer Werte. -> weitere Simulationen mit technisch gefitteten Parametern -> Vergleich der Spannungen aus Simulationsergebnis mit errechneten, "wahren" Spannungen. ---> Das Ganze natürlich mit ´nem sehr dicken Daumen beurteilen - vorallendingen weil nur uniaxiale Versuchsdaten vorliegen. Hätte ich meine Simulationsergebnisse mit den technischen Spannungen des Zugversuchs verglichen, hätte es schlecht um das Bauteil ausgesehen... Besten Dank nochmal!
Grüße Karl Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
aroung123 Mitglied
 Beiträge: 2 Registriert: 03.09.2015
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erstellt am: 03. Sep. 2015 19:14 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:          Nur für KarlKarlsen
Hallo alle zusammen, ich bin momentan daran, einen Zugversuch (DIN50125-H20x80, Blech) mit Solidworks Simulation Premium nach zu simulieren. Ich habe die technische Spannungs-/Dehnungskurve zur Verfügung.
Nun stehe ich allerdings auf'm Schlauch.. Laut SW Simulation benötigt man für eine nicht-lineare Studie die wahre Spannungs-/Dehnungskurve. Kann man die wahre Spannungs-/Dehnungskurve mittels Zugversuch mit Hilfe eines Breitenänderungsmesser überhaupts bestimmen? Kann man die Werte aufgrund von Volumenkonstanz umrechnen? Welche Werte sollte man außerdem bei einem Zugversuch für eine nicht-lineare Studie ermitteln? Vielen Dank für eure Hilfe!
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N.Lesch Ehrenmitglied V.I.P. h.c. Dipl. Ing.
     
 Beiträge: 5215 Registriert: 05.12.2005 WF 4
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erstellt am: 03. Sep. 2015 21:14 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:          Nur für KarlKarlsen
Hallo Aroung, willkommen bei CAD.de Der Begriff Nicht-Linear bezieht sich in der FEM eigentlich immer auf den E-Modul. Wenn der nicht mehr linear ist, dann ist es eine Spannungs-Dehnungskurve. Ob die die Kurve gemessen ist oder aus Datenblättern entnommen ist dabei egal. Ermittelt wird die Kurve üblicherweise mit einer Zugprüfmaschine. Diese mißt die Kraft und die Längenänderung ( Dehnung ) im Meßbereich. Die Kraft wird mit dem Querschnitt in die Spannung umgerechnet. Alles andere ist nicht sinnvoll. Was SolidWorks Simulation überhaupt nicht verträgt, ist eine Kurve aus 3 Punkten wobei die oberen 2 waagrecht oder fast waagrecht sind.
------------------ Klaus Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
aroung123 Mitglied
 Beiträge: 2 Registriert: 03.09.2015
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erstellt am: 03. Sep. 2015 21:58 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:          Nur für KarlKarlsen
Vielen Dank für die schnelle Antwort! Wie führe ich dann die Simulation des Zugversuchs durch? Sind meine Annahmen richtig, dass ich eine nicht-lineare Studie durchführe, in der ich eine Seite fixiere, auf die andere wende ich eine Zugkraft an. Und in den Materialeigenschaften kann ich meine Spannungs-/Dehnungskurve einlesen. Wird dafür die wahre oder die technische Spannungs-/Dehnungskurve benötigt?
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N.Lesch Ehrenmitglied V.I.P. h.c. Dipl. Ing.
     
 Beiträge: 5215 Registriert: 05.12.2005 WF 4
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erstellt am: 04. Sep. 2015 20:26 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:          Nur für KarlKarlsen
Hallo, ja das ist so richtig. Auf einer Seite einspannen auf der anderen ziehen. Wobei Du bei jedem FEM Programm die Wahl hast eine Zugkraft oder einnen Zug-Weg einzugeben. Es reicht auch aus einen halben oder viertel Zugstab zu rechnen, weil der zweifach symmetrisch ist. Bei Nicht-Linearer Rechnung, reduzeirt das die Rechenzeit gewaltig. Ich kenne nur Spannungen, von wahren Spannungen habe ich auch noch nie etwas gehöht. Habe jetzt auch keine Zeit zu googeln.
------------------ Klaus Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
ToTacheles Mitglied
   
 Beiträge: 1328 Registriert: 01.04.2003 Creo Simulate 2.0 M080
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erstellt am: 04. Sep. 2015 21:41 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:          Nur für KarlKarlsen
Hi, bei einem Zugversuch wird die Kraft sowie die Längenänderung gemessen, keine Spannung. Die Messung der Querkontraktion ist hingegen schwierig. Darum wird vereinfacht die gemessene Kraft durch den Ausgangsquerschnitt geteilt, das ist die technische Spannung. In Realität wird der Querschnitt mit der Belastung kleiner (Querkontraktion), würde man die Kraft durch den aktuellen (tatsächlichen, wahren) Querschnitt teilen, hätte man die wahre Spannung, die deutlich höher liegt. Bei einer FE-Simulation kann die technische Spannung eingegeben werden, sofern man bis 1-2 % Dehnung rechnet. Bei größeren Dehnungen sind unbedingt die wahren (umgerechneten) Werte einzugeben. Weiterhin ist die geometrische Nichtlinearität einzuschalten. Leider wird die geometrische Nichtlinearität etwas stiefmütterlich behandelt (z.B. ignoriert die FKM diesen Effekt). Bei einem hyperelastischen Material (Gummi) gilt theoretisch die Volumenkonstanz, bei einem metallischen Werkstoff ist das nicht der Fall. D.h. erst mit dem Fließbeginn wird die Querkontraktionszahl zu 0,5 (inkompressibel) gesetzt. Gruß Paul Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
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