Hallo Sonja,
bis jetzt hat niemand geantwortet, Procision ist halt nicht so verbreitet.
Daher schreibe ich, obwohl ich Procision nicht aus eigener Arbeit, sondern nur im Rahmen eines länger zurückliegenden Benchmarks kennengelernt habe.
Ich denke nicht, daß der Umstieg für euch schwierig wird, wenn ihr nicht Teile berechnet, die sehr viele sehr kleine Bohrungen, Fasen beinhalten (verglichen mit den Bauteilabmessungen), siehe unten.
Der Benchmark liegt jetzt zwar ein paar Jahre zurück, aber damals waren die Programme in ihrer "Komplexität" vergleichbar, berücksichtigt man, daß Procision damals weniger konnte, und daher auch etwas einfacher zu bedienen war. Ich war und bin der Meinung, daß Mechanica einen ziemlich leichten Einstieg in die FE-Berechnung bietet, da die Reihenfolge der einzelnen Schritte von der Vernetzung über die Definition der Randbedingungen, Materialzuweisung, Solverlauf bis zum Auswerten sich logisch getrennt im Menü wiederfindet. Das macht alles einen ziemlich aufgeräumten Eindruck.
Wenn es für Einsteiger einfach ist, dann erst recht für Umsteiger...
Bleibt die unterschiedliche Philosophie des Vernetzens bzw. "Nicht-Vernetzens". Der Vernetzungsprozeß in Mechanica läuft für die meisten Fälle vollautomatisch ab. Ganz im Gegensatz zu Procision, so wie ich es kenne, eben ein paar Jahre alt. Damals mußte man die Einteilung des Bauteils in Subparts vornehmen, die zwar an ihren Berührflächen nicht kompatibel sein mußten, jedoch so geformt, daß sie einen umschreibenden Quader zu mindestens 20% des Volumens ausfüllen mußten (nicht gut für dünnwandige Bauteile). Je besser der Füllungsgrad, desto besser die Ergebnisgenauigkeit. Ähnlich wie bei Elementen, kann man diese Subparts anschließend feiner in Subparts zerlegen, anhand eines Fehlerplots aus der ersten Rechnung, das empfand ich als umständlich. Ich kann mir aber gut vorstellen daß diese Verfeinerung inzwischen automatisiert ist.
Daneben gab es neben der Definition des max. verwendeten Polynomgrades noch etliche andere Einstellmöglichkeiten, was bei mir den Eindruck hinterließ, daß viel Know How und Erfahrung nötig seien, das Programm also definitiv nichts ist, das man nur wenige Male im Jahr anwendet. Nun, ihr wendet das Programm 2 - 3 Mal im Jahr an und es funktioniert. Das heißt, das es deutlich verbessert wurde. Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, daß der "Diskretisierungs"-Prozeß in Procision inzwischen leichter zu handhaben ist als der Vernetzungsprozeß in Mechanica.
Eine Stärke von Procision liegt wohl darin, daß es sehr gut mit sehr kleinen Konstruktionsfeatures zurechtkommt, ohne daß diese vorher unterdrückt werden müssen. Ich wäre zwar sehr vorsichtig, dort ohne spezielle "Subpartverfeinerung" Ergebnisse auszuwerten, aber diese winzigen Fasen, Bohrungen etc. schlagen nicht auf die Rechenzeit durch. Wenn ihr also solche Teile habt (dickwandig, sehr kleine Konstruktionsfeatures) hättet ihr in Mechanica möglicherweise den Nachteil, daß ihr entweder zusätzliche Arbeit reinstecken müßt um das Modell von dieser Minigeometrie zu befreien oder daß ihr längere Rechenzeiten habt.
Falls ihr umsteigt, solltet ihr unbedingt ein paar Bauteile definieren, die ihr bereits erfolgreich mit Procision gerechnet habt (möglichst durch Versuche verifiziert) und von diesen Bauteilen die Ergebnisse und sämtliche Solver- und Konvergenzeinstellungen speichern. Das Ganze vielleicht mit mehreren solchen Einstellungen (was war für eine erste Übersicht ausreichend, welche Einstellungen dann für eine Detailaussage). Dann könnt ihr mit denselben Bauteilen in Mechanica herumspielen um ein Gefühl für die dort für gleiche Ergebnisse notwendigen Konvergenzeinstellungen zu bekommen.
Prinzipiell bekommt man natürlich bei beiden Programmen das gleiche heraus, wie der damalige Benchmark gezeigt hat (Auszug meiner alten Notizen von damals):
Rechnung 1: keine Unterteilung, Rechenzeit 1 Minute Ergebnis 1: keine Konvergenz, globale Verformung falsch
Rechnung 2: Erste Unterteilung (29 Subparts), Rechenzeit 4 Minuten
Ergebnis 2: v. Mises Spannung 181 N/mm² (280 N/mm² erwartet), 2. (lokales) Maximum mit 220 N/mm² recht gut erfaßt, dadurch aber Ort der maximalen Spannung falsch
Rechnung 3: Zweite Unterteilung (42 Subparts, Spannungskonzentrationsfunktionen am erwarteten Spannungsmaximum, Setzen von engeren Fehlergrenzen), Rechenzeit 26,5 Minuten
Ergebnis 3: v. Mises Spannung 274 N/mm² (280 N/mm² erwartet)
Viele Grüße
Andreas
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