Hallo Donax,
ich denke da mußt du wirklich unterscheiden, welche Problemklassen du angehen willst.
Ich selbst habe eigentlich nur Erfahrung mit Volumenmodellen, wozu ich auch die achsensymmetrischen Elemente rechne. Derjenige, der Ideas über Mechanica gestellt hat, redet vermutlich von Gußteilen mit komplizierter Geometrie.
RECHENZEIT
Es gibt Gußteile von extrem unterschiedlicher Komplexität. Je komplexer die Geometrie, desto schwerer tut sich MECHANICA. Das Problem ist, daß meist nur wenige Stellen einer komplexen Geometrie (z.B. Getriebegehäuse) wirklich interessieren. Mechanica jedoch versucht mit den default-Einstellungen überall ein möglichst gutes Ergebnis zu liefern. Das Netz bleibt immer das gleiche, nur Polynomgrad der einzelnen Elemente wird geändert. Eigentlich eine feine Sache, bei großen Modellen jedoch habe ich sehr lange Rechenzeiten und sehr wenig Möglichkeiten, etwas dagegen zu tun bzw. die nötigen Maßnahmen (z.B. Ausschluß gewisser Elemente von der automatischen Polynomgraderhöhung) werden sehr schlecht unterstützt.
Ideas rechnet nach der h-Methode, das heißt die Ergebnisgenauigkeit ist abhängig von der Netzfeinheit. Ich kann also eine bestimmte Geometrie nur an der Stelle fein vernetzen, an der ich es brauche. Ich habe viel bessere Kontrollmöglichkeiten über das Netz. Bei der Erstberechnung eines Bauteils nützt mir das aber wenig, da ich die kritischen Stellen noch nicht kenne. Ich vernetze also alles relativ grob und bekomme nur Hinweise, wo das Bauteil kritisch ist, die Ergebnisse dort können, müssen aber nicht exakt sein. Ob sie es sind, sieht man mit einiger Erfahrung (das ist aber nicht so wild, das dafür notwendige know how wird m.E. oft überschätzt) und muß gegebenenfalls das Netz verfeinern und nochmals rechnen. Also habe ich dann gegenüber Mechanica bei schnelleren Rechenzeiten oftmals den Aufwand mehrerer Rechenschleifen bis zum korrekten Ergebnis.
Welches Programm da unterm Strich effizienter ist, hängt eben von der Komplexität ab. Am oberen Ende ist mit Mechanica vernünftigerweise nichts mehr zu machen, am unteren Ende wird es das schnellere Programm sein. Zwar kann ich bei einfacher Geometrie in Ideas das Problem auch in einer Rechnung erschlagen, da alle möglichen kritischen Stellen bekannt sind, bzw. ich kann auch schon in der ersten Rechnung einfach alles ausreichend fein vernetzen. Entscheidend ist aber, daß ich Ideas mitteilen muß, wie ich das Netz haben will, das ist Arbeit, die in Mechanica überhaupt nicht anfällt. Und ich muß das je nach Umfang einer Änderung bei Variantenrechnungen jedesmal tun, bzw. zumindest überprüfen.
Beide Solver haben sich in punkto Geschwindigkeit sehr viel weiterentwickelt, der iterative Ideas-Löser steht Mechanica sicher nicht nach.
MODELLHANDLING
Darunter verstehe ich das interaktive Manipulieren des Modells, Teile selektieren, Möglichkeiten zur Strukturierung des Modells, Steuerung der Vernetzung. Hier bietet I-DEAS eine ganze Menge mehr. Man kann Teile bzw. Elemente von Baugruppen nach einem halben Dutzend Kriterien auswählen, gruppieren, das ist wichtig, um bei großen Modellen die Übersicht zu wahren. Die Vernetzung läßt sich extrem detailliert steuern, Vernetzungsschwierigkeiten lassen sich gezielt aus dem Weg räumen. Die Darstellung der Randbedingungen, vor allem der constraints gefällt mir in Ideas viel besser (da gibt es Pfeildarstellung, die auch die Definition der constraints in unterschiedlichen Koordinatensystemen berücksichtigt). Usw, etc.....Nachteil ist, daß es manchmal schwierig ist, sich in diesen vielen Möglichkeiten zurechtzufinden, besonders bei neuen Versionen ändert sich allein durch die Mächtigkeit des Preprocessors oft so viel, daß man nicht alles mitbekommt, bzw. sich lange einarbeiten muß. Ein weiterer Nachteil ist, daß diese Mächtigkeit m.E. ihren Preis fordert in Form von Performance. Ich habe den Eindruck, daß mit jeder Version mehr Funktionalität hinzukommt, das Programm aber immer langsamer wird, so daß ich oft neue, aber langsame Funktionen nicht interaktiv nutze. Andererseits kann ich Ideas programmieren, so daß ich besonders zähe Abläufe automatisch und nicht mehr interaktiv behandeln kann.
Demgegenüber ist Mechanica recht einfach gestrickt. Und bei einfacheren Bauteilen (einfach in Geometrie und Randbedingungen!) ist das von Vorteil. Das meiste der Ideas-Funktionalität ist dann nur Ballast, der mich eher ausbremst. Bei komplizierten Bauteilen und hier meine ich in erster Linie die Geometrie, ist Mechanica aber schon im Modellaufbau gewaltig im Nachteil, denn in solchen Geometrien stecken jede Menge kleiner bis winziger Flächen, seien sie nun beabsichtigt oder nicht. Jeder Vernetzer, der sich an die Geometrie halten will, muß dort nun viele kleine Elemente plazieren. Das tut der h-Methode weniger weh, da ich hier sowieso ein feineres Netz brauche, das heißt auf ein paar tausend Elemente mehr kommt es nicht so an. Die p-Methode lebt aber von der fast beliebigen Polynomgraderhöhung der Elementansatzfunktionen. Und da sind sehr viele Elemente ein größerer Nachteil als bei der h-Methode. Dazu kommt, daß ich bei der h-Methode besser "mogeln" kann, nämlich besonders störende Geometrie einfach ignorieren, natürlich nur dort, wo ich kein Ergebnis will. Ein p-Netz hingegen braucht darunterliegende Geometrie, um diese bei einer Polynomgraderhöhung des entsprechenden Elements auch besser approximieren zu können. Das Unterdrücken von Geometrie in PRO/E wird mit steigender Komplexität des Bauteils auch immer schwieriger, was an dem starren parametrischen Ansatz von PRO/E liegt, für den Mechanica aber nichts kann. Aus diesen Gründen ist m. E. das Verarbeiten komplizierter Geometrie sehr problematisch in Mechanica, da würde ich immer Ideas vorziehen (... nicht daß es da unproblematisch wäre
). Einige hartgesottene Mechanica-Fans unternehmen zwar Rekordversuche mit Elementzahlen größer 60000 und mehr, aber meiner Meinung nach ist das nur was für Masochisten, oder die haben irgendwelche Wunder-Hardware.
POST-PROCESSING
Ich habe noch kein richtig großes Modell in Mechanica ausgewertet, weiß also nicht, wie es dann mit der Performance aussieht. Was ich in Ideas gegenüber Mechanica vermisse, ist die automatische Maximumsuche (view max). Postprocessing ist in Ideas ansonsten sehr vielseitig, leider sehr langsam (bei großen Modellen, aber gerade die will ich ja damit untersuchen, wie oben erläutert). Meines Erachtens der bei weitem größte Schwachpunkt in Ideas.
FUNKTIONALITÄT
Ideas bietet Vorteile bei nichtlinearen Problemen: Nichtlineares Materialverhalten geht in Mechanica gar nicht, Kontakt eher langsamer. Zu großen Verformungen und Instabilitäten kann ich nichts sagen, habe ich mit Mechanica noch nicht probiert.
Mechanica ist eindeutig im Vorteil wenn es um Parameter-Optimierung und Sensitivitätsstudien geht. So etwas würde ich auf jeden Fall mit Mechanica machen - am liebsten im verbundenen Modus - wo ist der nur hingekommen
?.
ALLGEMEIN
Es kann sein, daß diese Darstellung etwas zu einseitig ist dadurch, daß ich mehr Erfahrung mit Ideas habe (13 Jahre Ideas gegenüber 5 Jahren Mechanica, das ich bisher allerdings nicht so oft und nicht für wirklich große Modelle eingesetzt habe), seht mir das bitte nach, ich lerne gerne noch dazu. Im übrigen gibt es auch noch andere FE-Programme, nicht wahr? 
Schöne Feiertage und einen guten Start in 2004
Andreas
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