Das ist sehr schön.
Vielleicht aber mal das Ganze aus der Sicht der anderen Seite, dem Zerspaner und hier als externer. Natürlich hat man CAD und auch CAM. In meinem Fall sind‘s sogar zwei Systeme, nur Autodesk ist nicht mehr dabeim, was sich im Folgenden als nachteilig herausstellt.
Man hat eigene Produkte, macht aber auch für andere Leute Teile. Diese Leute kommen mit den ipt‘s an. Ältere ipt‘s kann man problemlos lesen, nur die neuen nicht. Zur Not hat man einen Viewer, also ohnehin die Krückenlösung.
Nun kommt ein weiterer Auftrag, Kunde ist bekannt, der zugehörige Ablauf also auch. Aber Überraschung, man kann die Daten nicht mehr lesen. Also verschiebt man die Anfrage zunächst mal in die Abendstunden, man ahnt es ja schon, mal wieder neue Version, dazu braucht man die ipt nur mit dem Hexeditor anschauen, man wird also wieder einen neuen Viewer brauchen und den installieren müssen. Diesen Zeitaufwand bekommt man auch nicht bezahlt.
In der Zwischenzeit macht man die Sachen der Kunden, deren Daten man lesen und benutzen kann.
Die Suche nach dem Viewer geht ins Leere, man schreibt dies dem Kunden und legt ihm auch noch ein Merkblatt bei, wo draufsteht, womit es wenig Probleme gibt, also den Neutralformaten.
Diese sind:
SAT, möglichst alte Version, die 7 ist gut, weil die noch Original Spatial war.
STEP, hier die 214
pdf für 2d
DXF für 2d, hier möglichst die Version12.
Das ist zwar je nach Dienstleister unterschiedlich, aber mit STEP und DXF kommt man schon sehr weit.
Der Kunde stellt überrascht fest, da ist tatsächlich kein Viewer und tut das Richtige, er geht zu CAD.DE. Und auch die Systembetreuer, die ihn auf 2021 umgestellt haben, zucken nur mit den Schultern. Aber für diese EDVlere, Admins und CADmins sind Zerspaner sowieso Relikte aus der frühen Steinzeit. Heute hat man doch 3d-Druck.
Der Kunde erfährt, es gibt einen Viewer und wo der ist, gibt nur diese Info an den Zerspaner weiter. Vogel friss oder stirb. Zerspanungsbetriebe haben häufig keinen CADmin und müssen selber klarkommen.
Was dabei rauskommt, habe ich in einem früheren Thema schon mal angerissen, Konstruktionskopie in 60 Sekunden statt 8 Stunden, sowas geht einfach nicht. So ultimativ unterbelichtet sind die Zerspaner eigentlich nicht. Nur ist für sie CAD nicht das Zentrum des Weltalls, sondern ein häufig nervendes Werkzeug, weil viel zu monströs.
Man sucht also – es ist jetzt ungefähr 2 Uhr nachts – besagte Downloadseite auf und lädt dieses Paket herunter. Sofort ploppt natürlich auch die Frage auf, schon nach 4 Sekunden, ob die Seite denn hilfreich gewesen sei. Und ja, die Cookies möge man doch auch akzeptieren und die Kontaktdaten hinterlassen. Nein, akzeptiert man alles nicht. Man braucht diesen Viewer, weil man ihn braucht. Sonst – nichts.
Der Download geht einigermaßen flott, ich habe Glasfaser ins Haus und demnächst mit 1GBit, was wenig nutzt, denn die Downloads werden auch immer gigantischer.
Wo installiert man das jetzt? Auf keinen Fall auf einem produktiv genutzten Rechner und schon zweimal nicht mit Zugang zu einem der Hausnetze, denn das kann Folgeschäden geben. Also hat man immer ein paar Rechner auf Reserve mit geklonten Platten für den Fall der Fälle. Also so einen Rechner aus dem Regal geholt und den Viewer mal installiert, man beisst sich durch die Dialogboxen und versucht, nur das Gewünschte zu installieren. Und mit Vault hat man schon Erfahrung, nein, danke.
Rödel rödel, die Installation dauert, mit einem Auge schaut man rüber, sitzt währenddessen am CAD-CAM und bereitet schon die Sachen für den nächsten Tag vor. Mit diesem System arbeitet man seit 20 Jahren, ist also fit und obwohl es schon eine ganze Ecke mehr Anforderungen stellt als IV, empfindet man das Ganze als sehr flüssig, umschifft souverän die zahllosen Eisberge. CAM ist Königsdisziplin.
Man startet den neuen Viewer, sieht wieder einiges neu aus. Aber egal, man hat ja zu fast jedem kundenseitig genutzten CAD den Originalviewer. Die Kunden merken oft nicht, welchen Aufwand sie auslösen und sollen das auch nicht merken. Schön, man kann die Datei jetzt lesen und sich das Teil auch anschauen. Soll man den bisherigen Aufwand berechnen?
Warum sind diese 3d-Daten nützlich? Oft bekommt man nur Zeichnungen, absolut normgerecht, dafür hat man den Klein, den Dubbel, den Hoischen schon mal im Regal stehen, auch einiges andere von Cornelsen, Tabellenbuch sehr mitgenommen als Standardwerk auch. Und natürlich Bemaßung und Körperkanten in der gleichen Farbe wie Maße, man muß also erst mal ausdrucken – als Zerspaner habe ich gleich zwei Plotter – und sich mit Markerstiften in verschiedenen Farbrichtungen bewaffnen, nach den relevanten Dingen suchen.
Wie sind die Form- und Lagetoleranzen zu interpretieren?
Ich muß also erst mal rauskriegen, was ich da fertigen soll und wie. Daher sind schon ein paar 3d-Ansichten (auch von den Schnitten) sehr nützlich. Wo ist beim neuen Viewer der Orbit? Suche. Und das 3d-Gnubbeldings von 3d-Connexion leuchtet zwar schön blau, aber – tut nichts.
Diese 3d-Datei verkürzt normalerweise das Erkennen des Teils, wie es aussieht, vermeidet Fehlinterpretationen. Wenn ich also nach 1 Minute weiß, worum es geht, ist das schneller als wenn ich erst eine halbe Stunde lang mir die Konturen aus den Zeichnungen zusammensuchen muß.
Bis jetzt habe ich – noch nichts getan. Der Kunde möchte gern einen Schätzpreis. Der setzt sich aus den vorbereitenden Arbeiten wie Werkzeugmaschinenprogramierung und der eigentlichen Maschnenlaufzeit zusammen, Verpackung und Versand kommen dazu, ebenso gibt es die Zuschlagskalkulation für den Verwaltungsaufwand. Auch das muß man als Zerspaner so nebenher machen.
Im konkreten Fall muß ich nach der Zeichnung arbeiten, das heisst, das CAM nutzt mir nichts, alle dort etablierten Automatismen auch nichts. Also Textverarbeitung, den standardmäßigen Programmkopf. Da ich mit dem 3d-Modell nichts anfangen kann, skizziere ich mir in meinem CAD – ein sehr solides – das Teil kurz nach, um mir einen Rüstplan zu machen. Für einiges habe ich schon Textmakros, die man reinkopiert und anpasst, anderes muß zu Fuß programmiert werden, G00 und G01, G54 und M6 usw.
Und – ich darf keine Fehler machen, also nicht mal versehentlich auch die Spannmittel nachbearbeiten. Ein Satz Spannbacken am „Maschinenschraubstock“ kostet locker 500 Euro, der Fräser 200, eine Unvorsichtigkeit kostet weit mehr als der Gewinn am Auftrag. Und die Spindellager der Hochgeschwindigkeitsspindeln sind empfindlich wie rohe Eier, darf man nichtmal schief anschauen.
Habe ich Pech, brauche ich Individualspannmittel, Formspannbacken beispielsweise. Diesen Teil der Sekundärkonstruktion sieht der Kunde nicht. Wenn ich ein lesbares 3d-Modell habe, ist das im CAM eine sehr flotte Sache, man bildet die Negativkontur und arbeitet die fertigbar nach. Im konkreten Fall also – auch wieder Handarbeit.
In Zeiten von IV2021. Hätte mir doch der Kunde nur eine Datei von IV5 geschickt….
Zeitgleich knallen beim Kunden bei Admins und CADmins die Sektkorken, wir haben den 2021, ein Sieg für‘s Vaterland, wir sind auf der Höhe der Zeit. Daß hinten beim Steinzeittypen Kunden, die mit alten SAT-Daten ankommen und die Konstruktonsregeln kennen, beträchtlich Geld sparen und daher gleich gemacht werden konnten, ahnen sie nicht.
Wenn ausnahmsweise IV mal in einer neuen Version schneller wäre, geht das umgehend wieder drauf.
Und – es geht um die Ehre, nicht um Wirtschaftlichkeitsrechnung. Ob die für den 2020 gegenüber früheren Versionen aufginge? Autodesk scheint wohl auch zu ahnen, was bei den Berechnungen rauskäme und hat sein Lizenzsystem angepasst. Wäre ja noch schöner, wenn die Kunden….
Der Kunde wird sich ein wenig die Augen reiben – so teuer? Was soll an so einem Teil so teuer sein? Es war – die Arbeit, nicht die Laufzeit der Maschine, die ist grade bei Einzelteilen oft kurz. Aber irgendwoher muß die Maschine wissen, was sie tun soll. Mein Extremfall von Zulieferer hat 3 Programmierer an einer Maschine.
Der Kunde hat sich doch Mühe gegeben, das Teil einfach zu gestalten. Doch er hätte es auch komplexer machen können, bei dem Grundbetrag an Aufwand hätte das vielleicht nur 10% mehr ausgemacht. Oder – gar nichts. Aber vielen Kunden merkt man an, sie waren noch nie in einer Zerspanerbude.
Also einfach nur Klotz rein, Tür zu und START drücken ist in so einem Fall nicht, zu groß das Risiko. Ich muß das Programm also vorher simulieren, dafür gibt‘s Simulationsprogramme, die kosten auch den einen oder anderen Euro. Im CAM habe ich auch diese Simulation schon drin, wenngleich vor dem Postprozessor. Ich brauche für die Programmtextsimulation ein eigenes Simulationsprogramm.
Mist, so geht‘s nicht, das hätte Ärger gegeben, man muß umschreiben. Kann man die eigene Unzulänglichkeit dem Kunden berechnen?
Der wiederum sitzt grade mit einem Kollegen aus einem anderen Unternehmen zusammen, man kommt zufällig drauf, man hat den denselben Zerspaner. Unser Kunde befindet, unter vorgehaltener Hand, der Betrieb ist viel zu langsam und auch zu teuer. Der andere meint, nee, fix und günstig und man kann auch mit denen reden.
Worüber beide nicht reden ist, wie sie die Daten in die Fertigung geben. Der eine macht‘s streng nach Qualitätshandbuch und bekommt vorgegeben, wie lang man für die Arbeit brauchen darf, der andere fährt zum Zerspaner hin und schaut sich das an, was der braucht, um zügig arbeiten zu können. Und für wieder andere wollen nur die Kalkulation extern kostenlos machen lassen, stellen 500 Teile in Aussicht, um kostenlos an das eine zu kommen, um das es letztlich ging.
Aber kann man das, was der Zerspaner zwecks Kostenreduzierung braucht, auch im eigenen Unternehmen als Konstrukteur durchsetzen?
Unser Kunde hat zunächst Glück und schafft‘s. Aber schnell merkt man, die mit iLogic eingerichtete Regel, daß zu jeder ipt auch STEP und SAT mit abgespeichert werden und damit aktuell gehalten werden, das bremst. Pdf und DXF nicht minder. Man hat Vault Basic und dessen Handhabung von Neutralformaten ist auch so ganz das Wahre.
Und schon nach kurzer Zeit stellt man hausintern fest, wenn man den Quatsch mit den Neutralformaten bleiben läßt, ergibt sich eine Einsparung. Und schon sind wir wieder da, wo man zu Anfang war. Es kann doch heute eh jeder ipt lesen. Das schon – wenn die mindestens 3 oder mehr Jahre alt sind.
Nun brauche ich natürlich selbst auch öfter mal was, was ich nicht fertigen kann, ich kann mir keine Maschinen mit 30 oder mehr Metern Fahrweg leisten. Die Teile für die Sägewerksmaschinen beispielsweise sind für mich zu groß. Diese modelliere ich nach, weil vor knapp 100 Jahren war 3d-CAD noch nicht so gängig. Wenn also ein altes Kettenrad eiert, dann muß auch das neue genauso eiern.
Die Sache hat noch einen Haken – ich bin kein Multimilliardär und darüber auch sehr glücklich.
Hier kenne ich die Maschine des Lieferanten und was er an Spannmitteln hat, er hat exakt dasselbe CAD-CAM wie ich auch. Daher setze ich ihm das alles bereits auf, also auch die ganzen „Rüstpläne“ in 3d, die ganzen Individualspannmittel sind drin. Diesen gesamten Datenverbund gebe ich nun weiter, das mußte man sich erarbeiten, daß die Daten das schadlos abkönnen.
Real kopiere ich die Daten nur in einen meiner Cloudspeicher und dort kann sich der andere das wieder abholen. So einfach. Und sofort damit weiterarbeiten.
Der Lieferant schaut sich das Ganze an, wird also an einigen Stellen ein wenig nacharbeiten, Vorschübe und Drehzahlen vielleicht noch optimieren, wenn er da andere Sachen in der Prozessdatenbank stehen hat. Er wird zudem den Werkzeugkatalog synchronisieren, da beispielsweise ein Schaftfräer jetzt nicht in Werkzeugplatz 54 ist, sondern auf 73.
Die Zeichnung selbst beinhaltet nur noch, was nachgemessen werden muß. Ein kleines und handliches Blatt. Er läßt nun alles durch seinen Postprozessor laufen, sieht sich sicher die Programmcodesimulation an und kann in die Maschine. Da ich ihm viel Arbeit abgenommen habe, brauche ich die auch nicht zu bezahlen, habe sie mit meiner eigenen (Frei-)Zeit schon bezahlt.
Sein Problem ist weniger die Maschinenlaufzeit, sondern der Zeitaufwand der Programmierer und die bekommt er nicht an der nächsten Hausecke. Kein Programm, Maschine steht und verursacht doch erhebliche Kosten. Wenn also einer seiner Programmierer die Daten nicht lesen kann und eine Stunde kämpft, dann bekommt der Kunde das auf die Rechnung. Dreistellig.
Würde ich da also mit einer Rolle Zeichnungsblätter anreisen, dann könnte ich meine Teile nicht mehr bezahlen. Dadurch, daß wir die Schnittstelle passend gelegt haben, schon. Und die rund 25tsd für nur ein CAM rechnen sich schon hier ganz nebenher. Aber nur, wenn ich für die anderen lesbare Daten liefere.
Wenn ich hier update, muß ich also das Altsystem weiterlaufen lassen können, zumindest so lange, bis alle im Verbund den Sprung gemacht haben oder wir machen‘s synchron und träten dann auch als Gruppe an den Systemanbieter heran.
Das im Thema eingangs beschriebene Problem läßt sich also sehr leicht lösen – indem man Neutralformate mitgibt. Oder Autodesk das Abspeichern bis zu 5 Versionen zurück einbaut. Das halte ich für unwahrscheinlich. Aber auch Autodesk wird wohl erkennen müssen – es Leute, die heute Soldiworks haben. Unter anderem. Und so ein „Speichern unter alter Version“ wäre ein Argument. Aber nicht die dreifach linksherum geknotete Konturlasche.
Die Situation des Themenstarters ist für mich im Hauptberuf genau dieselbe. Admins und CADmins legen fest, wann sie ein Update machen, daß die Lieferanten dann Probleme haben, völlig irrelevant. Wenn die was in den Systemeinstellungen drehen, ich bekomme es oft nicht mit.
Ich lege die Daten in den Vault auf dem Server, allerdings mit den Neutralformaten und dem damit verbundenen Mehraufwand. Der Einkauf holt die Daten dort ab und vergibt – an den, der günstig ist oder noch im Zeitrahmen liefern kann. Und regelmäßig kommt hausintern dann die Info – die Sachen sind einfach zu teuer, wir sollen billiger konstruieren.
Nun wird Hr. Puschner mir völlig korrekt sagen, so teuer im Vergleich zu einer Fertigung wäre IV ja auch nicht und sein Haus könnte sicher das auch technisch bestens zum Kunden passend hinbekommen, zur allervollsten Zufriedenheit. Und sicher kostenseitig günstiger als meine Probiererei.
Und wenn es Probleme gibt, steht sein Haus bereit. Was man nicht ahnt, sind die Tücken der Feierabendklitsche. Windows saugt sich Samstag Nacht um drei ein Update und nichts geht mehr, meine Hausmittel reichen nicht, ich brauche Hilfe. Nachts um drei, das werde ich dem Support hoch anrechnen und der mir sicher auch.
So kam das mit Linux und Freecad (auch mit CAM als Drittsystem), das heute immer mehr Arbeit macht, leistungsmäßig nichtmal im Rückspiegel der Platzhirsche zu sehen ist, aber exakt das Problem löst, man kann es am Laufen halten. Und zehn Rechner voreingerichtet ins Regal stellen, damit im Fall der Fälle dann hoffentlich einer funktioniert.
Grade die Klitschen müssen oft über‘s Wochendende Rettungsdienst für Termine spielen, wenn die Woche überraschend wieder nur 7 Tage hat. Was man den Profis zugesteht, die von Mo bis Fr arbeiten, gesteht man den Klitschen nicht zu. Die haben zu spuren, zum Donnerwetter nochmal, wo käme man denn da hin? Ja, richtig, wo kommt man da hin?
Und wenn der Klitschianer in seinem Neandertal IV2021 nicht lesen kann? Dann sucht man sich den nächsten. Klar, gibt ja genug. Und da ständig vor allem Freitags welche den nächsten suchen – geht man nicht leer aus.
Das nur mal so von der anderen Seite.
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