Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen;
als Konstrukteur und Statiker für Druckbehälter und Rohrleitungen stellte ich in jüngerer Vergangenheit immer wieder fest, dass viele Firmen (insbes. die Größeren) mit Rohrklassen arbeiten.
Die Motivation ist klar; bei Verwendung von Rohren, Flanschen und Fittingen aus einer durch eine benannte Stelle (z.B. TÜV) geprüften Rohrklasse, soll die Berechnung entfallen.
Dabei stelle ich immer wieder folgende Probleme fest:
Gem. DGRL muss für einen bestimmten Wert des Prüfdrucks ein expliziter Nachweis erbracht werden und wird auch von der benannten Stelle verlangt.
In den mir bekannten Rohrklassen sind aber nur die max. Betriebsdrücke hinterlegt.
Den zusätzlichen Nachweis für den Prüfdruck will dann aber keiner bezahlen.
Kunde: "Wieso Berechnung, wir arbeiten doch nach Rohrklasse."
TÜV: "Gem. DGRL 2014/68/EU ist der Nachweis zu erbringen und Gegenstand der Entwurfsprüfung."
Betreiber: "Wenn kein Stempel auf der Entwurfsprüfung - dann kein Geld."
Oft werden bzgl. Auslegung die Berücksichtigung von Stutzenzusatzlasten (z.B. gem. AD2000 S3/6) verlangt. Dann ist neben der expliziten Auslegung gem. AD2000 S3/6 der max. zul. Betriebsdruck und der Prüfdruck um 10% zu erhöhen.
In den mir bekannten Rohrklassen ist unklar, ob dies berücksichtigt ist.
Auch unklar ist die Verfahrensweise, wenn in den Bauteilen aus einer Rohrklasse Ausschnitte vorhanden sind. Oft muss der Mantelwerkstoff gem. AD2000-B9 scheibenförmig verstärkt werden.
Um die zu ermitteln, muss dann eh gerechnet werden.
Somit sind Projekte im Druckbehälter- und Rohrleitungsbau mit Verwendung von Rohrklassen m.E. mit Vorsicht anzugehen.
Die Aussage, dass hier kein berechnungstechnischer Aufwand entsteht, ist meistens schlicht unwahr.
Solltet ihr hier andere Erfahrungen oder zusätzliche Anmerkungen haben, bin ich auf eure Antworten gespannt.
Beste Grüße
Michael
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