Hallo Leute,
da ich gerade zufällig in dieses Thema gestolpert bin und etwas Zeit zum "klug******en" erübrigen kann :-):
Diese ominösen "constraints" werden um ein Vielfaches verständlicher, wenn man statt des englischen Begriffs "constraint" einfach mal den deutschen Begriff verwendet. Constraints sind nämlich nix anderes als (Rand-)Bedingungen oder (nicht-parametrisch) ausgedrückte Beziehungen von Skizzenelementen untereinander.
Diese Bedingungen helfen uns dabei, für unsere Skizzenelemente bestimmte geometrische Eigenschaften wie z.B. Lage, Richtung, Symmetrie usw. ohne zu viel (speicherintensive & unübersichtliche) Bemaßungen zu definieren. Und definiert sein muss in einem parametrischen CAD-System jeder einzelne Punkt, jedes einzelne Element einer Skizze, wenn die Vorteile der Parametrik vollständig zum Tragen kommen sollen.
Sind Bemaßungen auch constraints?
Ja, aber sie sind noch viel mehr, nämlich Parameter!
Bemassungen in parametrischen CAD-Systemen dienen nicht allein zu Anzeige z.B. eines Abstandes oder einer Linienlänge, sie steuern den Abstand oder die Länge einer Linie selbst.
Wenn du in Alibre eine Linie vom Punkt A nach Punkt B ziehst, ergibt sich die Länge der gezogenen Linie erstmal aus der Lage der Punkte A und B. So lange die Punkte A und B nicht bemaßt sind (oder per Bedienung = Beziehung = constraint fixiert) kannst du diese frei auf der Skizzierebene verschieben. Die Länge und Richtung (der "Skalierfaktor" und der Einheitsvektor) der Linie ändern sich, je nachdem wo die beiden Punkte hingeschoben werden.
Das Element Linie hat ohne Bemaßung oder Bedingungen 5 Freiheitsgrade, wie in der Statusleiste angezeigt: Unterdefiniert = 5.
Verpasst du der Linie eine Bemaßung, so bekommt die Linie einen Parameter, durch dessen Wert die Länge der Linie definiert ist. Verschiebst du die Punkte A und B jetzt, so ändern sich nur noch die Lage und die Richtung der Linie. Die Linienlänge ist durch den Parameterwert fest fixiert. Die Linie verliert einen Freiheitsgrad (Unterdefiniert = 4)
Verpasst du nun einem Punkt der Linie jeweils eine Bemaßung (ausgehend vom Skizzennullpunkt) in Richtung der Skizzenachsen, dann wird die Lage des Punktes mit Hilfe der Bemaßungsparameter fixiert. Der fixierte Punkt kann jetzt durch Anklicken&Ziehen nicht mehr verschoben werden. Ein Verschieben des Punktes ist jedoch durch Ändern der Parameterwerte, z.B. durch Anklicken und Eingeben oder mit Hilfe einer hinterlegeten Formel, jederzeit möglich.
Durch Bemaßung des einen Punktes verliert die Linie weitere zwei Freiheitsgrade (Unterdefiniert = 1)
Der noch nicht bemaßte Punkt kann weiterhin wie gehabt verschoben werden, es ändert sich durch das Verschieben des Punktes nur noch die Richtung der Linie (Freiheitsgrad 1 = Linienrichtung). Durch Hinzufügen eines Parameters, mit dessen Hilfe die Linienrichtung gesteuert wird (z.B. Abstandsmaß für den zweiten Punkt ausgehend vom Ursprung oder ein Winkel zwischen Linie und Skizzenachse) verliert die Linie ihren letzten Freiheitsgrad und ist vollständig definiert (Unterdefiniert = 0).
Du hast die Linie nun mit Hilfe von 5 Bemaßungen (=Parametern) vollständig in Lage, Richtung und Länge definiert. 5 Bemaßungen bedeutet, dass Alibre (und du) zur Definition dieser einen Linie 5 Parameter korrekt verwalten muss.
Die Verwaltung von hunderttausenden verschiedenen Parametern ist für heutige PCs oder Workstations zwar technisch kein großes Problem mehr.
Allerdings werden Skizzen durch viele unabhängige und vor allem abhängige Parameter (z.B. ist die Bemaßung des zweiten Punktes von der Länge der Linie abhängig) irgendwann unübersichtlich und vor allem unsteuerbar.
Hier kommen dann die Beziehnungen oder Constraints ins Spiel....
Wenn du zum Beispiel weißt, dass deine Linie im Ursprung beginnen und in Richtung der horizontalen Skizzenachse verlaufen soll, kannst du die Anzahl der zu verwaltenden Parameter von 5 pro definierter Linie durch Definition von Bedingungen für diese Linie auf einen (!), nämlich die Linienlänge reduzieren.
Dazu zeichnest du deine Linie erneut von A nach B beliebig in den Raum und definierst dann die Linienlänge durch eine Bemaßung. Für den Punkt der Linie, der mit dem Ursprung zusammenfallen soll, definierst du eine "Deckungsgleiche" Beziehung". Der Punkt springt in den Ursprung und die Freiheitsgrade deiner Linie werden um 2 reduziert (Unterdefiniert = 1). Danach definierst du für die Linie entweder eine "horizontal" Beziehung (da die Linie im Ursprung beginnt fällt sie automatisch mit der horizontalen Skizzenachse zusammen) oder aber eine "kollinieare Beziehung" zwischen Linie und horizontaler Skizzenachse. Die Linie ist nun mit einem Parameter und zwei Beziehungen vollständig definiert (Unterdefiniert = 0).
Das Verständnis des und das Wissen um den richtigen Einsatz von Bemaßungen (Parametern) und Beziehungen ist übrigens der Schlüssel zur Erzeugung funktionierender weil konsistenter Skizzen, Bauteile, Baugruppen usw. und zum sinnvollen und wirtschaftlichen Einsatz von parametrischen CAD-Systemen wie Alibre. Zum Thema Beziehungen und deren Anwendung findet sich Einiges in der Literatur zu den verschiedenen CAD-Systemen. Die Befehlsfolgen & Definitionsmöglichkeiten von Beziehungen sind systemspezifisch, die Prinzipien und die Anwendung jedoch nicht.
Experimentiere ein bisschen mit den möglichen Bemaßungen und Constraints für dein Dreieck und du wirst schnell darauf kommen, wie dieses am einfachsten "skaliert" werden kann. Oder melde dich, wenn´s Probleme gibt.
mit freundlichen Grüßen
ABertsche
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