erstellt am: 29. Jun. 2004 11:58
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Das kommt bei raus, wenn man bei Google "bin in einer Besprechung" eingibt. Manche Leute beschäftigen sich schon mit komischen Dingen
Ein Esel hatte fünfunddreißig Jahre bei einem Herrn in Bremen gearbeitet, hatte ohne Murren alles getragen, aber nie Lohn bekommen, nur etwas Gras zum Fressen. Und dann war er alt geworden. Bei schweren Lasten knickten ihm jetzt die Knie ein, oder er fiel hin. Der Herr überlegte sich, ob er ihn schlachten lassen sollte, aber das kostete dreißig Mark, und die wollte er sparen. Also jagte er ihn davon.
Da stand nun der arme Esel in seinem verschlissenen Anzug allein in Bremen. Hatte keinen Freund - woher auch? Er hatte immer nur gearbeitet. Hatte keine Verwandten - denn er war in Neapel, in Italien, geboren, weit weg von Bremen. Hatte nichts zu essen, hatte nichts, wo er schlafen konnte.
Da ging er auf den Bahnhof, wo die Italiener, die Gastarbeiter, immer stehen, weil sie Heimweh haben.
„Italiener sind Italiener, und ich bin auch Italiener“, dachte der Esel. „Dort bin ich nicht so allein.“
Aber die Menschen hackten, boxten und prügelten ihn nur, jagten ihn weg vom Bahnhof.
Da ging der Esel in eine Grünanlage und wollte etwas schlafen. Doch auch hier verjagte ihn einer, denn das Herumliegen in Anlagen war nicht einmal den Menschen erlaubt. Nirgends konnte er sich hinlegen, an keine Mauer den Kopf lehnen. Er mußte die ganze Nacht gehen, stehenbleiben, wieder gehen, dann wurde es Tag.
Der Esel ging zum Arbeitsamt, fragte dort nach einer Arbeit, egal was, ohne Lohn, nur gegen etwas Gras zum Fressen und Stroh zum Liegen.
„Ausländer!“ sagte der Beamte. „Ja, ja. Aber das geht nicht. Keine Genehmigung, keine Arbeitsüberweisung, keinen festen Wohnsitz und außerdem zu alt. Verstehen Sie, für Ihr Alter liegen keine Anfragen vor, tut mir leid, ehrlich!“
Es tat ihm gar nicht leid. Das war nur so dahergequasselt. Die Leute reden Sätze, ohne zu überlegen, was diese bedeuten.
Draußen auf der Straße traf der Esel einen Hund, struppig und ohne Lust zu leben.
„Kamerad, wie siehst du aus“, sagte der Esel, „läßt den Schwanz und die Ohren hängen, machst einen krummen Buckel, hast kein Halsband, trägst keine Hundemarke. Paß auf, wenn sie dich erwischen, schlagen sie dich tot.“
„Das wäre mir genau recht“, sagte der Hund, „denn ich will nicht mehr leben. Ich habe zwanzig Hundejahre beim Bauern Achtermann gewohnt, wir waren gut befreundet. Jetzt ist er tot. Da bin ich abgehaun. Will nicht mehr leben.“
„Aber ich habe doch Hunde gesehen“, sagte der Esel, die trugen Pelzmäntel, Lodenmäntel und Kleider, damit sie nicht frieren. Die durften in der Straßenbahn einen eigenen Platz besetzen. Die rochen nach französischem Parfüm, waren frisiert wie Filmschauspielerinnen. Kamerad, das kannst du doch auch haben.“
„Ach, das sind keine Hunde, das sind Viecherln, Laternenpinscher, Sofakissenbesudler, Pudel, da würde es mich grausen vor so was als richtiger Hund. Und ohne meinen Freund Achtermann will ich nicht mehr leben.“
„Ach was, Kamerad, komm mit, sind wir zwei, sind wir mehr als einer.“
Dann trafen sie eine Katze. Ungewaschen, ungekämmt, sah sie aus wie ein dreißigjähriger Handfeger nach dem Regen.
„Dir geht’s aber auch nicht gut, Kameradin“, sagte der Esel. „Wenn sie dich hier erwischen, ungewaschen, ungekämmt, schlagen sie dich tot.“
„Das stimmt“, sagte die Katze. „Unsereinen schlagen sie andauernd tot. Mir haben sie sechs kleine Katzen ersäuft. Am schlimmsten sind die Kinder der Menschen! Eine Freundin von mir haben sie zu Tode gequält, haben ihr Blechbüchsen an den Schwanz gebunden und sie zu Tode gehetzt. Das war schlimm, Kameraden, das war so schlimm! Sie hat aus dem Mund geblutet.“
Der Esel nahm sie auf die Schulter und trug sie ein Stück.
Als sie an den Stadtrand kamen, trafen sie einen Hahn. „Mir wäre es schon recht gewesen, denn auf der Welt ist es sowieso nicht mehr schön. Es gibt kaum noch freie Hennen. Sie werden in Hühnerhäuser eingesperrt, vierzehntausend zusammen, jede für sich in einer kleinen Kiste. Keine kommt dort bei Lebzeiten wieder heraus. Und niemals dürfen sie die Sonne sehen, kriegen zweimal am Tag dreißig Gramm künstliches Futter, und sobald eine Henne siebenhundertfünfzig Gramm wiegt, wird sie elektrisch geschlachtet. Nie in ihrem Leben lernen sie einen Hahn kennen! Geschlachtet, eingefroren, für drei Mark fünfzig im Supermarkt verkauft, gegrillt und gegessen. Da lob’ ich mir doch den freien Tod im Kampf mit dem Fuchs. Die Welt ist eine Hölle geworden.“
„Komm, setz dich auf mich“, sagte der Esel. „Ich trag’ dich ein Stück. Zu viert sind wir mehr als drei.“
Sie hatten so einen Hunger. Und in den Nächten war es so kalt. Aber wo sie auch hinkamen und etwas Futter suchten, wurden sie weggejagt, und man warf mit Knüppeln hinter ihnen her.
Höchstens den Hahn versuchten die Leute mit Körnern anzulocken - weil sie ihn verspeisen wollten.
Eine gute Frau sagte, sie sollten doch ins Tierasyl gehen. Sie habe vorige Woche fünf Mark für den Tierschutzverein gespendet.
Im Tierasyl waren die Leute freundlich, aber ein Mann sagte: „Wir lieben Tiere sehr, aber wir haben kein Personal, das die Tiere füttert und betreut.“
Ein Vogel, der entwischt war, erzählte, daß seine Kameraden dort mit Chloroform eingeschläfert wurden, weil keiner Zeit hatte, sie zu füttern. Eingeschläfert ist auch ein Lügenwort, denn eingeschläfert heißt - getötet.
Die vier gingen weiter, und als sie nicht mehr konnten vor Hunger und Kälte, gingen sie in einen Hof. Legten sich, so gut es ging, zusammen. Der Hahn wärmte die Katze, die Katze wärmte den Hund, der Hund wärmte den Esel, und weil es ihre letzte Stunde war, fingen sie leise an zu heulen - vor Hunger, Durst und Kälte.
In dem Haus aber, zu dem der Hof gehörte, war das Büro einer Schallplattenfirma: ein Tonstudio, die technische Abteilung, die Aufnahmeleitung und die Werbung oben im dritten Stock.
Kaum hörte Herr Jansen, Arrangeur in der zweiten Abteilung, das leise Wimmern und Miauen und das Hundeheulen, da hob er die rechte Hand vor den Schnurrbart und bekam Falten auf der Stirn.
„Swoboda, kommen Sie mal her! Leise, Mensch! Merken Se wat? Ne? Mann, haben Sie keine Ohren?! Das wird der Hit. Sie, ich werd’ verrückt! Das wird ein Heuler, eine Rakete, Sputnik Nummer eins, Mann! Hörn Sie mal hin, Swoboda! Stellen Sie sich vor: den Hahn mit dreifachem Verstärker ganz nach vorn, die Katze im Stereo von links und den Esel . . . Rufen Sie sofort den Hanselmann an, und er soll an Saft mitbringen, was er hat. Sie, das wird eine Kanone. Mensch! Das war noch nie da! Das schmeißen wir als neue Gruppe auf den Markt. Und der Klüterbaum soll leise ‘runtergehen und die Tür gut verrammeln, damit die Viecher nicht stiften gehn.“
„Hallo, Jansen, der Schmidt-Dinkelsbühl ist an der Strippe, wegen Udo Jürgens!“
„Soll mich mal! Sagen Sie, ich bin in einer Besprechung. Rufen Sie oben die Werbung an, geben Sie mir den Linke! - Ist da? Sie, Linke, schaun Sie mal auf Grund! Nein, in den Hof natürlich. Na, was sagen Sie jetzt? Also, passen Sie auf! Wir nehmen das mit allen Konserven auf, die an Bord sind, und morgen legt der Zacharias eine zarte Geige unter das Gejaule. Sie, das wird ein Brummer, wie die ganze Bande ihn seit Jahren nicht mehr gebracht hat. Ja, ja, kommt als neue Gruppe ‘raus! Duftes Cover mit ein paar Gammlern halbnackt vorne druff, und das Ganze als ‘indisch’, oder wie der Käse heißt! Was meinen Sie? - Nein, wir müssen in die Werbung hundertzwanzig bis hundertfünfzig Mille fummeln. Sie wissen doch, von nichts kommt nichts. Sie machen dat schon! Kalkulieren Sie die Sache mal durch und geben Sie mir die Zahlen ‘runter, aber sofort. Ende“
In den nächsten zwanzig Minuten kamen Tonmeister, Assistenten, Elektriker und Kofferträger. Sie schleppten Verstärker, Koffer, Mikrophone, schlossen den Hahn an den dreifachen Verstärker, hielten dem Esel, der Katze und dem Hund große Mikrophone vor die Köpfe. Tonmeister drehten an Meßinstrumenten.
Als Fräulein Bertram den Esel mit einem Rest von einem Apfel füttern wollte und sagte: „Er ist doch so putzig“, zischte Herr Jansen sie an: „Wollen Sie das vielleicht unterlassen, Fräulein Bertram! Wenn die Viecher satt sind, hörn sie auf zu heulen. Das kost’ mich drei Millionen, Sie.“
„Verflucht noch mal, seid doch leiser, macht mir die Tiere nicht scheu, ihr Idioten!“
„Bring mal einer etwas Wasser, damit sie nicht so schnell aussteigen, vielleicht langt das für drei LP’s Ein leises Harmonium, von hinten unterlegt, stell’ ich mir auch Klasse vor.“
„Das wird eine Kiste, Genossen, dagegen sind die Shadows Bienendreck.“ „Herr Jansen, Linke ist an der Strippe!“
„Ja! Jansen! Was sagen Sie? Einen Namen? Na, dann nehmen wir etwas ganz Duftes! ‘Bremer Stadtmusikanten’. Was, verschimmelter Käse? Na, Sie, da gucken Sie sich mal um, Mann! - Na, meinetwegen das Ganze in Englisch: Bremer townfidlers’. Ja, nicht schlecht. Da lassen wir doch ‘Bremer’ gleich weg! Sie Linke, das find’ ich ganz brummig, townfidlers! Ja, genau das! - Junge, Junge. Ich bestelle sofort den Zacharias, in drei Stunden haben wir die ersten Proben, und dann legen Sie sich sofort in die Riemen! Ende.“
Um neun Uhr hatten sie die Musik für etwa drei Langspielplatten, da starb der Esel. Dann der Hund.
„Bringen Sie den Hahn schnell dem Hausmeister, er soll sich den in die Pfanne kippen, eh er krepiert!“
Zuletzt starb die Katze.
Drei Langspielplatten haben sie daraus gemacht, zweimal mit dem Zacharias und seiner zarten Geige unterlegt, einmal mit Harmonium - die Zeitungen waren voll von ‘townfidlers’ aus Bremen. Ein Jahr danach nahm Herr Jansen zwei goldene Schallplatten in Empfang, und abends sah man ihn um 20 Uhr 15 im Fernsehen.
Aufgabe A) Stelle dir vor, dieser Text wird als Theaterstück aufgeführt. Fertige ein Plakat dafür an!
Aufgabe B) Erzähle die Geschichte als Comic nach!
Aufgabe C) Fertige Skizzen an, wie deiner Meinung nach die „Personen“ aussehen sollten, die in diesem Stück (Aufgabe A) auftreten.
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Amnisha
Wenn der liebe Gott uns alle schlank haben wollte, hätte er die Schokolade nicht erfunden.