Moin!
Das erforderliche Moment am Hebel ist im Prinzip genau so groß wie das Biegemoment im Profil, und dazu kommt natürlich noch die Reibung, die - je nach Ausführung des Ganzen - ebenso groß sein kann. (Schätze ich jetzt mal. Immerhin ist da eine Rolle angedeutet.)
Das Biegemoment im Profil ist aber nicht das, was in der normalen Festigkeitsberechnung üblich ist, denn es handelt sich hier um plastisches Biegen. Ziel der Übung ist ja eine bleibende Verformung.
Während bei der elastischen Biegung die Zugspannung von Null in der Profilmitte ausgehend linear zur Außenseite hin ansteigt (und umgekehrt zur Gegenseite des Profils hin die Druckspannung), bildet sich beim plastischen Biegen ein anderes Spannungsprofil aus, das von einem Plateau in Höhe der Fließgrenze geprägt ist. Im vollplastischen Zustand herrscht dann auf fast der gesamte Zug-Hälfte die Grenzspannung für Fließen und umgekehrt auf fast der gesamten Gegenseite des Profils hin eine entsprechend große Druckspannung. Das ergibt ein theoretisch 1,5 mal so großes Biegemoment wie bei linear ansteigender Spannungsverteilung.
Effekte wie Verfestigung beim plastischen Verformen lassen wir hier mal weg; bei weichem Aluminium sind die auch sehr gering. Auch eine (hier auch gar nicht vorgesehen) Eloxalschicht würde wenig ausmachen, da bzw. solange sie im Vergleich zu den Profilabmessungen sehr dünn ist. Und wenn es eine Eloxalschicht gibt, zerreißt und zerbricht sie bei den für bleibende Verformung nötigen Dehnungen sofort in kleine, winzigen Glasscherben entsprechende Partikel und wird dadurch weißlich oder grau und auch rau, denn Eloxal ist chemisch gesehen Korund, also ein zwar hartes und starkes, aber auch sehr sprödes Mineral.
Wichtig zu bedenken ist allerdings immer das Rückfedern, das auch in dem Video deutlich zu erkennen ist. Im Material werden ja während des Biegens Zug- und Druck-Spannungen in Höhe der Fließgrenze aufgebaut, und wenn die äußere Kraft entfernt wird, müssen sich Druck- und Zugspannung im Profil wieder ausgleichen. Das ist dann wieder ein elastischer Vorgang, und der führt zu einem Vergrößern des bleibenden Biegeradius' bei gleichzeitiger Verringerung des Biegewinkels.
Wie groß das Rückfedern ist, hängt von den Materialeigenschaften und dem Verhältnis zwischen Materialdicke und Biegeradius und von der Detailgestaltung der Biegevorrichtung (und sogar von der Temperatur) ab. Das kann man eigentlich nur ausprobieren.
Den Winkel zu überbiegen und vorsichtig zu zu probieren, wie viel Überbiegen tatsächlich notwendig ist, ist leicht. Auch das ist in dem Viedo deutlich zu erkennen. Sicher ist, dass der bleibende Biegewinkel immer kleiner ist als der Endwinkel beim Biegen. Daher würde auf einer Viertelkreis-Rundung wie in der eingangs geposteten Darstellung niemals ein bleibender 90°-Bogen allein durch Biegen erzeugt werden können, aber den Bogenwinkel der Vorrichtung zu vegrößern, ist ja leicht möglich.
Schwieriger ist, den richtigen Radius der Vorrichtung zu ermitteln, um einen bestimmten bleibenden Biegeradius zu erhalten. Da hat der Gardinenschienenmann einfach seine Erfahrungswerte und die entsprechend angepassten Vorrichtungsteile. Sicher ist, dass der bleibende Radius immer größer ist als der Radius der Vorrichtung.
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Roland
www.Das-Entwicklungsbuero.de
It's not the hammer - it's the way you hit!
[Diese Nachricht wurde von Roland Schröder am 03. Jun. 2024 editiert.]
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