Hallo frankstar,
ich habe einige Jahre Fahrzeugmodelle für CFD-Simulationen aufbereitet.
Wir haben damals auch viele automatische und teilweise sehr teure Profi-Tools ausprobiert (Wrapper usw.). Das Problem dabei ist, das diese Tools entweder bei hochkomplexen Flächen aussteigen oder Ergebnisse liefern, die inakzeptable Abweichungen zum Original aufwiesen.
Der nachträgliche Aufwand, diese automatisch generierte Geometrie mit dem Original zu vergleichen, ist sehr hoch und nervig.
Es ist wesentlich sinnvoller, die Flächen einzeln mit Tangential-Kontinuität abzuleiten und die entstehenden Lücken manuell zu flicken.
Schneller geht es, wenn Du das Modell in IGS umwandelst und reimportierst.- Der Nachteil ist, daß Du dann hunderte Einzelflächen erhältst, von denen Du vielleicht nur 10% brauchst.
Generelle Tips:
Für Flächenbearbeitung unter Tools =>Optionen => General => Display => Performance =>3D-Accuracy die Anzeige-Genauigkeit auf "fixed" und Maximum (0,01) setzen.
Vereinfachen der Geometrie:
1. Das Ursprungsmodell von unnötigem Ballast befreien.
Falls nicht benötigte Teile als separate Bodies vorliegen, diese entfernen.
Bei CATIA-Solids Features deaktivieren oder löschen.
Bei "dummen" Solids die Funktion "Remove Face" nutzen, um Löcher, unwesentliche Teilflächen, Verrundungen, Fasen u.ä. zu entfernen.
2. Extrem zerklüftete Oberflächen in Regionen, die für die Simulation unbedeutend sind, möglichst noch am Ursprungs-Solid einebnen.
Abschneiden unwesentlicher Vorsprünge
Überstülpen einfacher Solids
Ersetzen komplizierter Formen durch ähnliche Grundformen
3. Das neu generierte Modell bearbeiten:
Simulations- bzw. Vernetzungsprogramme scheitern meist an extrem spitzwinklig zulaufenden Flächen und Kanten (z.B. tangential an Zylinder einlaufende Flächen).- Je nach Vernetzungstool entweder durch Verrundungen oder Fasen diese Ecken entschärfen. Die Dimensionierung dieser Features ist von den Vernetzungs-Einstellungen abhängig. Daher versuchen, diese im Solid-Modus zu erzeugen, damit man sie nachträglich schnell anpassen kann.
Abstände zwischen benachbarten Teilen dürfen ein gewisses Minimum nicht unterschreiten. Dieses Maß ist wieder abhängig von den Einstellungen des Vernetzungstools und muß erfragt oder nachträglich geändert werden.
Solid-Modell als Ziel:
Immer versuchen, am Ende der Bearbeitung ein Solid aus den bearbeiteten Flächen zu erzeugen.- Auch wenn das Simulationsprogramm ein Flächemodell als Input benötigt, bringt diese Methode einige Vorteile:
1. Wenn CATIA aus den Flächen ein Solid erzeugen kann, ist die Qualität in Ordnung.
2. Nachträgliche Anpassungen an die Erfordernisse des Simulationsprogramms (z.B. Fasen und Verrundungen) lassen sich, falls möglich, im Solidmodus schneller ändern.
3. Mit der Solid-Funktion "Remove Face" lassen sich häufig kleinere Teilflächen entfernen.
Mit einer Konvertierung in IGS läßt sich das Solid nachträglich fast immer in ein gutes Flächenmodell umwandeln.
Geometrische Sets:
Um die Übersicht nicht zu verlieren, empfehle ich Dir, mehrere Geometrische Sets anzulegen und diesen unterschiedliche Farben zuzuordnen.
So bist Du später in der Lage, verschiedene Baugruppen oder Zwischenergebnisse einfach auszublenden.
Ausnutzen von Symmetrien:
Bei symmetrischen Teilen immer nur eine Seite bearbeiten und anschließend spiegeln. Hierfür suchst Du Dir die Seite mit den qualitativ besseren Flächen aus. Wenn eine Seite schlechte oder fehlende Flächen enthält, erstmal schauen, ob die auf der Gegenseite besser geeignet ist. Diese dann evtl. rüberspiegeln.- Auf diese Weise sammelst Du die geeignetsten Flächen auf einer Seite.
Wichtig ist vor Allem, daß Dein Kordinatensystem 100%ig stimmt. Selbst kleinste Winkelabweichungen treiben Dich später in den Wahnsinn. Also lieber ein bißchen Zeit in die genaue Lagejustierung investieren, als irgendwann wieder von vorn anfangen zu müssen.
Vor der finalen Spiegelung der Halbfläche nochmal kontrollieren, ob alle an die Spiegelebene grenzenden Flächen dort tangential einlaufen und auch wirklich bis an die Spiegelfläche heranreichen. Ansonsten entstehen dort winzige Lücken, die das Simulationsprogramm stören oder eine Umwandlung in Solids verhindern.
Meine Empfehlung:
1. Generell alle an die Spiegelebene grenzenden Flächen mit "Extrapolate" verlängern und erst vor der finalen Spiegelung an der Spiegelebene abschneiden.
2. Das Flächenmodell als Halbmodell generieren, in ein Solid überführen und anschließend spiegeln. Das kann Mehrarbeit beim Hinzufügen von Solid-Features ersparen.
Reparieren der Lücken:
Unter Tools =>Optionen => General => Display => Visualization "Surfaces' Boundaries" aktivieren.- Je nach eingestellter Farbe und Linienstärke werden nun die Flächen-Außenkanten markiert.
Nach einem"Join" oder "Healing" wird dann normalerweise nur die äußere Begrenzung hervorgehoben. Sind innerhalb einer so zusammengefügten Fläche markierte Boundaries vorhanden, so deutet das auf noch vorhandene Lücken hin.
Manchmal reicht es aus, einfach die Merging Distance auf einen Wert knapp oberhalb der Lückenbreite zu erhöhen.
Gößere Lücken lassen sich fast immer mit der "Fill"- Funktion schließen. Für deren Ränder kann man z. B. tangentiale Übergänge definieren, was i. a. für Simulationsmodelle ausreicht.
Bei fehlerhaftem Versatz von Flächenstücken ist es oftmals sinnvoll, diese zu ersetzen, wenn die angrenzenden Flächen das zulassen. Es empfiehlt sich, das Ersatzstück zur Kontrolle über das Original zu legen, um evtl. Abweichungen zu erkennen.
Eine andere Möglichkeit ist, die Lücke zwischen nicht fluchtenden Flächen durch Abschneiden soweit zu vergrößern, daß beim Füllen ein sanfterer Übergang entsteht.
Hilfe, CATIA kann kein Solid erzeugen:
Sollte CATIA bei der Erzeugung des Solids mit Hilfe der "Close Surface"-Funktion stolpern, liegt das fast immer an Fehlern im Flächenmodell! Die Komplexität des Modells ist nicht die Ursache!
1. Notfalls das Flächenmodell allseitig schließen, falls nicht schon geschehen.
2. Flächenanalyse durchführen. Zeigt diese keine Lücken an, kann man fast sicher sein, daß mindestens an einer Stelle doppelte oder sich überlagernde Flächen vorhanden sind.
Sich teilweise überlagernde Flächen bekommt man möglicherweise mit der Flächenanalyse "Overlapping Defect" heraus.
Das funktioniert m.E. jedoch nicht bei doppelten, identischen Flächen.- Da hilft nur die Kontrolle aller Einzelflächen vor dem "Join" (jede Einzelfläche ins NoShow. Wenn dann kein Loch bleibt, ist dort was doppelt)
Ich hoffe, das hilft Dir erstmal weiter.
------------------
Gruß
Jürgen
Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP